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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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gekommen, und wo Energien gewandelt wurden, gerieten die Dinge in Bewegung. Das Blutopfer, der Kampf auf Leben und Tod, der nehmende und gebende Jadesplitter – all das hatte die magischen Stockungen aufgeweicht und gelöst. Die Energien zirkulierten wieder, allen Bannsprüchen und Schutzkreisen zum Trotz.
    Kurz nachdem die Überlebenden geflohen waren, huschten neue Elmsfeuer über die Granitwölbung. Gespeist von den freigesetzten Seelen, lud sich das Portal auf und sandte einen gleißenden Lichtbogen aus, der eine flirrende Halbkugel schuf.
    Als er wieder erlosch, waren die Toten verschwunden, sowohl die WÄCHTER als auch die Iskander. Kein einziger Tropfen Blut klebte mehr auf dem staubfreien Marmor. Es war ein Akt der Selbstreinigung, denn obwohl das Portal nur ein Werkzeug war, wurde es von magischen Strömen durchflossen, die uralte Bahnen suchten und fanden. So, wie sich zu Boden fallender Regen einen Weg durchs Erdreich wäscht, nach Bedarf über die Ufer tritt oder alte Flussbetten verlässt, ohne auf die damit verbundenen Konsequenzen für die Menschen zu achten, so reagierte das Portal kurze Zeit später auf das, was aus der Ferne heftig Einlass begehrte.
    Erneut wuchs eine Sphäre heran.
    Einen Herzschlag später bevölkerte eine Unzahl grotesker Insekten die lichtlose Kammer. Eben noch zu einem kompakten Hügel verdichtet, stoben die kleinen, von Chitinpanzern umgebenen Körper auseinander, bis die Luft unter ihren Flügelschlägen erbebte. Einzeln stellten die Plagegeister keine große Gefahr dar, doch in ihrer schieren Masse waren sie ein schwer zu fassender Gegner, der fürchterlichen Schaden anrichten konnte. Unter lautem Summen suchte der Schwarm seinen Weg durch das Tor in der Sandsteinmauer. Der verschlossene Schacht vermochte sie nicht lange aufzuhalten; dank ihrer geringen Größe fanden sie andere Wege in die Kellerräume, enge Ritzen, durch die sie sich zwängten, schmale Spalten, die sie entlangkrabbelten, bis sie die Gewölbe der Kaserne in dichten Schleiern durchzogen.
    Von dort aus ging es ins Freie hinaus, zunächst in dichten Formationen, durch vergitterte Fenster hindurch oder unter Türspalten hinweg, bevor sie sich weiträumig verteilten, damit ihre Anwesenheit unbemerkt blieb. Zum ersten Mal seit Generationen summten wieder Insekten über den Dächern der Stadt, doch es waren keine normalen Fliegen oder Käfer, die Greifenstein heimsuchten, sondern Abgesandte des Zehrers, die einem gemeinsamen Bewusstsein folgten.
    Der alles umspannende Schutzbann konnte ihnen nichts anhaben. Die Kraft des Schwingenschilds war darauf ausgerichtet, die oberhalb der Stadt verlaufende Barriere undurchlässig zu halten. So zog das unterirdisch eingesickerte Geschmeiß unbehelligt über die vollen Kornspeicher hinweg und passierte die Totentempel, bevor es nach und nach in die Burg eindrang.
    Der König und sein Gefolge hatten sich längst zur Ruhe begeben. So fiel es den zehrenden Kräften nicht schwer, sich in dunklen Winkeln einzunisten oder Wände und Decken mit lebenden Teppichen zu überziehen. Kein Raum, und war er noch so geheim, war vor der leise umherkrabbelnden Invasion sicher. Den Thronsaal mieden die Tiere allerdings. Die unmittelbare Nähe des Schwingenschilds hätte ihnen Pein bereitet oder sogar zu ihrer Vernichtung geführt.
    Fliegende Spähtrupps stießen bis ins Refugium vor, zum Geschmeide der Jadeträgerin, zogen aber unverrichteter Dinge davon, denn auch dort hätte jede direkte Berührung ihre Vernichtung bedeutet.
    Unbemerkt von Priestern und Wachen, durchstreiften sie die Burg von den Kellern bis zu den Turmspitzen. Die Abgesandten des Zehrers wählten ihre Opfer mit Bedacht, um ihre kunstvoll geschmiedeten Ränke nicht zu gefährden. Da der König das mächtige Greifenzepter sogar im Schlaf umklammerte, ließen sie ihn in Ruhe. Großmeister Ruppel hingegen hatte sein Amulett abgelegt, weil er der Küchenmagd, die er des Nachts bestieg, nicht über den Weg traute.
    Dieser Argwohn wurde ihm zum Verhängnis.
    Lautlos drangen schwarze Wolken in seine Schlafkammer ein und wuchsen unter der Zimmerdecke zu einer großen Traube heran, die beinahe bis auf die Bettpfosten hinabragte. Nicht einmal eine flackernde Kerze erhellte die gespenstische Szenerie, aber das Geschmeiß brauchte kein Licht, um sich zurechtzufinden. Obwohl sie zu Hunderttausenden mit den Flügeln schlugen, reichte ihr Sirren nicht aus, Ruppels Schnarchen zu übertönen.
    Starker Wein- und Schweißgeruch erfüllte die

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