Bannkrieger
zuzugreifen, scheuchte sie der Großmeister mit einer ärgerlichen Geste davon. Diese Reaktion überraschte die Phaa so sehr, dass sie einen Gutteil des tiefroten Inhalts verschüttete, bevor der Becher auf den Tisch zurückkehrte.
Nispe hatte Mühe, seine Blase unter Kontrolle zu halten. Dass ausgerechnet Ruppel, der sonst jeden Ärger mit einem guten Schluck herunterspülte, einen angebotenen Wein ablehnte, bedeutete nichts Gutes. Kurze Zeit später wurden selbst seine schlimmsten Befürchtungen übertroffen.
»Der König muss umgehend unterrichtet werden«, verkündete der Großmeister düster. »Die Krone hat ein Recht zu wissen, dass der Schutz der Jadeträgerin unwiederbringlich verloren ist. Ich werde ihm Meas Geschmeide übergeben, damit er es zur Verstärkung des Schwingenschilds nutzen kann.«
»Unwiederbringlich?«, presste Yako unter Schmerzen hervor. Der brutale Schlag auf den Kehlkopf wirkte noch nach, trotzdem fügte sie heiser hinzu: »Aber vielleicht befindet sich Mea weiterhin in der Burg oder wurde in der Stadt versteckt. Wenn wir sie rasch aufspüren …«
»Das nützt nichts!«, lehnte Ruppel harsch ab. »Mea ist in der Gewalt furchtbarer Kräfte, die sie sicherlich schon durch und durch verdorben haben. Erst einmal besudelt, vermag sie das Geschmeide nicht mehr zu beherrschen!«
Yakos Gesichtszüge verhärteten vor stummer Empörung, doch Nispe wusste, dass der Großmeister die Wahrheit sagte. Trotzdem wollte er sich nicht mit dessen kaltschnäuzigen Entscheidungen abfinden. »Wir müssen einfach etwas tun!«, begehrte er auf. »Irgendetwas! Meas Entführung kann nicht einfach ungesühnt bleiben!«
Ruppel nickte. Zuerst nachdenklich, dann immer heftiger, wie unter großer Zustimmung. »Das ist vollkommen richtig«, bestätigte er, bevor er sich zur Tür umwandte und brüllte: »Wachen! Herein mit euch! Schafft mir diesen Dreckskerl aus den Augen, der die Ehre der Jadeträgerin beschmutzt hat!«
Nispe erbleichte. »Aber … was …?«, stammelte er völlig verdattert.
»Was, was!«, äffte ihn Ruppel nach, während zwei Gardisten hereinstürzten. »Willst du etwa bestreiten, dass du nackt in der Schlafkammer der Jadeträgerin aufgegriffen wurdest?«
Nispes eben noch blutleeres Gesicht lief umgehend feuerrot an. »Aber … Ihr habt doch davon gewusst und habt immer … «, setzte er zu einer Verteidigung an, bevor er mitten im Satz abbrach, weil ihm klar wurde, dass Ruppels Entschluss längst unumstößlich war. Nispe verstand zwar nicht warum und wieso, aber aus irgendeinem Grund sollte er geopfert werden, damit die Position des Großmeisters nicht ins Wanken geriet.
Yako trat entschlossen vor, um dem Magnus beizustehen. Sie war eine Kriegerin, die sich darauf verstand, einem Gegner im offenen Kampf zu begegnen, aber nicht das Geringste über fein geschmiedete Ränke und politische Winkelzüge wusste. So begriff sie nicht die Gefahr, in der sie schwebte, als sich Ruppels Blick drohend auf sie richtete.
»Was ist?«, fragte er gefährlich leise. »Bist du etwa ein Teil dieser elenden Verschwörung?«
»Ist sie nicht!«, rief Nispe rasch, bevor die Phaa einen nicht wiedergutzumachenden Fehler begehen konnte. »Mea hat ihre Leibwächterin stets fortgeschickt, damit ich ungesehen ein- und ausgehen konnte.«
Die beiden Gardisten verzogen nicht die geringste Miene bei diesem würdelosen Possenspiel, während es in Yakos Gesicht zuckte.
Schweig! , dachte der Magnus und sah sie flehend an. Wer soll denn nach Mea suchen, wenn du ebenfalls eingekerkert wirst?
Wahrscheinlich waren ihm seine Gedanken im Gesicht abzulesen, denn Yako senkte tatsächlich den Blick und trat einen Schritt zurück. Die Flügel ihrer feucht schimmernden Stupsnase erbebten unter tiefen Atemzügen, doch ansonsten wirkte sie vollkommen ruhig.
Der Großmeister schien damit zufrieden zu sein. Auf seinen Wink hin wurde Nispe die Gürteltasche mit den Flakons abgenommen, danach packten ihn die Wachen an den Armen und führten ihn auf den Korridor hinaus. Nispe setzte sich gegen diese unwürdige Behandlung nicht zur Wehr, denn das hätte alles nur noch schlimmer gemacht.
Bevor die Tür zufiel, sah er sich noch einmal zu Yako um, die seinen Blick stumm erwiderte. Von zahlreichen Gaffern bestaunt, ging es danach über zahllose Treppen und Gänge hinab in die Tiefen des Verlieses.
In der Stadt
Die andauernde Dunkelheit brachte den Lebensrhythmus der Greifensteiner völlig durcheinander. Obwohl es längst an der Zeit
Weitere Kostenlose Bücher