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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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war, mit dem Tagwerk zu beginnen, verkrochen sich die Männer, Frauen und Kinder weiterhin in ihren Häusern.
    In den Gassen waren viele der Fackeln heruntergebrannt. Ein paar rußende Stumpen streuten gerade noch genügend Licht, dass die Iskander zügig vorankamen. Den wenigen Patrouillen, die ihnen unterwegs begegneten, konnten sie dank Zerbes überlegener Instinkte mühelos ausweichen. Die Soldaten warteten auf einen Angriff von außen – und ahnten nicht, dass sich der Feind schon innerhalb der Stadtmauern bewegte.
    Nur rund um die Kaserne herrschte große Aufregung, weil der tote Turmposten entdeckt worden war. Wie ihm jemand völlig unbemerkt zu nahe kommen konnte, war den Offizieren ein Rätsel, deshalb gingen sie von einem Ehrenhändel unter Gardisten aus.
    Alvin und den seinen war das nur recht. Am kleinen Markt vorbei umgingen sie die Kaserne weiträumig und stahlen sich westlich der breiten Speicherstraße durch die engen Gassen, bevor sie das verwinkelte Lagerviertel erreichten. Ohne die kleineren, im Besitz einzelner Händler oder Gilden befindlichen Speicher näher zu beachten, schlichen sie direkt auf die königlichen Schatzkammern zu, die riesigen Steingebäude, in denen der Anteil lagerte, den Bauern aus allen Teilen des Reiches für die hohe Gunst der Jadeträgerin und Dagomars schützende Hand zu entrichten hatten.
    Turmhohe Mauern, die alle umliegenden Gebäude weit überragten, machten es Dieben für gewöhnlich unmöglich, unbemerkt einzudringen, doch mit einem Lederhäuter an der Seite grenzte es an ein Kinderspiel, eine verwaiste Rückfront zu erklimmen, die allen neugierigen Blicken entzogen war.
    Zerbe demonstrierte erneut, wie gut er die Kunst der Levitation beherrschte. Obwohl die fugenlos übereinandergeschichteten Quader keinen Halt für Finger oder Stiefelspitzen boten, glitt er mühelos an ihnen empor, beinahe so, als würden seine Hände und Füße an der Mauer selbst haften.
    Oben angekommen, zeigte sich, wie gut der Urkrieger alles vorbereitet hatte. Plötzlich hielt er eine dicke Seilrolle in Händen, die er mühelos abwickelte. Die Länge war genau abgemessen, sodass er das obere Ende um eine der Zinnen schlingen und festknoten konnte und das untere bis zu den Verschwörern hinabreichte.
    Alvin war der Erste, der das pendelnde Seil ergriff, seine Füße gegen die Mauer stemmte und sich dann Hand um Hand in die Höhe zog. Die sternenlose Finsternis umgab ihn wie ein schützender Mantel, selbst als er die umliegenden Giebel hinter sich ließ. In einer normalen Vollmondnacht hätte sich seine Silhouette deutlich von dem Gebäude abgehoben; an diesem Tag musste eine Patrouille schon in ihre Gasse einbiegen, um ihr Treiben zu entdecken.
    Alvin hatte schon viele Felsen und Mauern bezwungen, trotzdem war er froh, als ihn Zerbe über die Brustwehr zog und er verschnaufen konnte. In der Mitte des mit Zinnen eingefassten Dachs erhob sich ein hüfthoher Absatz, in dessen Seitenwände schmale Lichtscharten eingelassen waren. Oben auf diesem Podest stand ein Feuerkorb, in dem noch ein paar verkohlte Scheite glühten. Der von ihnen ausgehende Schimmer reichte aus, um die Konturen eines knapp dahinterliegenden Stiefelpaars aus dem Dunkel zu schälen. Die darin steckenden Beine waren nur noch zu erahnen, und der Rest des daran anschließenden Körpers verschmolz mit der tiefschwarzen Finsternis.
    Darum gab es also keine Patrouillen, die durch Gassen streiften! Normalerweise überwachten die Gardisten alles aus der Höhe heraus.
    »Keine Sorge«, raunte Zerbe, bevor er Bornus an den Schultern packte und zu ihnen heraufhievte. »Der Posten steht garantiert nicht mehr auf.«
    Auf den benachbarten Speichern glühten die Wachfeuer ebenfalls aus. Auch dort mussten Männer liegen, die erst vor Kurzem überwältigt worden waren. Alvin beschlichen ernste Zweifel, dass Zerbe das alles allein bewältigt hatte. Vor allem, als er sah, dass einige der Stahlstreben, die die Lichtscharten vergitterten, bereits herausgerissen am Boden lagen.
    Das konnte Zerbe unmöglich vor dem Besuch in der Wolfsgrube getan haben, denn das Risiko, dass man ihn frühzeitig entdeckt hätte, wäre zu groß gewesen. Alvin kam wieder in den Sinn, dass Rorn von einer Vielzahl von Lederhäutern gesprochen hatte.
    Rogge, dem schon die ganze Zeit vor dem Aufstieg mulmig gewesen war, hatte Schwierigkeiten, ihnen aufs Dach zu folgen. Da zog ihn Zerbe einfach mitsamt dem Seil in die Höhe. Die Kraftanstrengung entlockte dem Urkrieger

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