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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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berührte. Ihre Augenlider begannen zu flattern, während sie ihre Hände dicht vor der jungen Frau kreisen ließ. Wie in einer Beschwörung glitten ihre Fingerkuppen dicht über einen in Gold eingefassten Anhänger, der offen auf Meas Brust lag.
    Hatra verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war.
    »Schattenjade«, murmelte sie. »Erfüllt mit der über Generationen gesammelten Macht der Priesterschaft.«
    Obwohl sie blind agierte, glitten ihre Hände zielsicher an den Armen der Jadeträgerin herab, ohne den knappen Abstand, den sie die ganze Zeit über einhielt, nur ein einziges Mal zu unterschreiten. Vor jedem Armreif und jedem Ring, den Mea trug, verharrte sie kurz, dann zog sie ihre Hände zurück, legte sie sich auf die Brust und atmete tief ein.
    Das Flattern der Wimpern brach ab, und die Augen zeigten wieder Iris und Pupille. Nur der bittere Zug um Hatras Mundwinkel blieb bestehen.
    »Sie ist es tatsächlich«, bestätigte sie, an Rorn gewandt. »Die Jadeträgerin.«
    »Das hätte ich dir auch sagen können!«, fauchte die Edle aufgebracht, verstummte aber, als die Hexe sie mit scharfem Blick fixierte.
    »Die Iskander«, wollte Hatra wissen. »Warum verfolgen sie euch?«
    Mea presste die Lippen zusammen, in dem deutlichen Versuch, keine Antwort zu geben. Nach einem Moment des Schweigens, der allen wie eine Ewigkeit erschien, zuckte sie jedoch entnervt die Schultern und stieß hervor: »Was weiß ich? Sie sind beim ersten Sonnenstrahl über unser Lager hergefallen und haben jeden erschlagen, der sich nicht schnell genug zur Wehr setzen konnte. Nach einem Grund haben wir keinen von ihnen gefragt, wir waren zu sehr damit beschäftigt, unser nacktes Leben zu retten.«
    »Es sind iskandische Hunde«, fügte der Magnus hinzu. »Vermutlich treibt sie die Raublust oder reine Bosheit an!«
    Für Rorn klang seine Antwort absolut einleuchtend. Schließlich war jedermann im Lande bekannt, dass Iskan ein raues, von Armut und Gewalt geplagtes Reich war, in dem Barbaren hausten, die lieber raubten und brandschatzten, als sich von ihrer Hände Arbeit zu ernähren. An langen Winterabenden erzählte man sich in Baros schauerliche Geschichten von den abnormen Sitten und Riten, denen die westlichen Nachbarn frönten. Schon den kleinen Kindern jagten Mütter damit Angst ein, dass es gefährlich wäre, das Dorf nach Einbruch der Dunkelheit zu verlassen, weil marodierende Iskander sie sonst einfangen, schlachten und ihr Fleisch in großen Kesseln zu Suppe verkochen würden.
    Dass die Iskander Menschenfresser waren, glaubte Rorn natürlich schon lange nicht mehr, aber wer nur ein paar iskandische Balladen kannte, etwa die traurige Mär vom Feuersänger oder die von den drei ungleichen Brüdern , der wusste, dass ihre Nachbarn ein hartherziges Volk waren, das unerbittlich gegen sich selbst und andere handelte.
    Hatra, die all dies und noch viel mehr wusste, wirkte allerdings unzufrieden. »Und dieser Lederhäuter?«, verlangte sie zu wissen. »Was für eine dunkle Magie wirkt der?«
    Diesmal widerstand die Jadeträgerin dem durchdringenden Blick der Hexe. Zumindest so lange, bis sie den Kopf wandte und ihren Magnus vorwurfsvoll anfunkelte.
    »Wir wissen über diese seltsame Gestalt genauso wenig wie du, edle Weise«, sagte dieser zu Hatra. Seine Unkenntnis einzugestehen, fiel ihm schwer, die ehrenvolle Anrede kam ihm dagegen überraschend leicht über die Lippen. Aus irgendeinem Grund sah er in ihr eine Frau, deren Magie der seinen überlegen war.
    Er neigte sogar den Kopf und bat sie: »Hilf uns bitte, edle Weise. Hilf uns im Namen des Rechts und der Menschlichkeit, dem Bösen zu entkommen, dem die Iskander dienen.«
    Hatra ließ sich einen Moment Zeit mit ihrer Antwort, obwohl hinter ihnen gerade das letzte Pferd die Anhöhe erklommen hatte und sich die überlebenden Barbaren zur Verfolgung sammelten.
    Auch der Lederhäuter war unter ihnen. Seiner dunkel verschmierten Rüstung nach zu urteilen, hatte er sich in einem stinkenden Schlammpfuhl gewälzt, um den Waffenrock zu löschen. Rorns Pfeil steckte nicht mehr in seinem Hals, trotzdem fragten sich alle, was für eine Art Magnus er sein mochte, dass er solche Verletzungen schadlos überstand.
    »Also gut, im Namen der Menschlichkeit«, willigte Hatra ein, bevor sie einen Schritt zur Seite machte. »Lauft ins Unterholz und taucht darin ab. Haltet euch dabei dicht an Rorn, er kennt die richtigen Wege.«
    Wie von Hatra befohlen, liefen alle vier los.
    Sie selbst wartete,

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