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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Greifin den Spieß umdrehen und sich von hinten auf Rorn stürzen wollte.
    Der Bannstreiter tat daraufhin das, was in dieser Situation das Beste war. Er packte den Schwertgriff verkehrt herum mit beiden Händen, krümmte sich im Sand zusammen und richtete Grimmschnitters Spitze zwischen der Achsel hindurch in die Höhe. Seine Gegnerin, die ihn am Hals packen und in die Höhe zerren wollte, um ihm die Kehle durchzuschneiden, konnte sich nicht mehr rechtzeitig abfangen.
    Kratzend glitt die Klingenspitze über ihren Harnisch, bis sie den Spalt zwischen Brustschutz und Waffenrock fand und sich tief in den Fellleib bohrte.
    Von Schreck und Schmerzen erfüllt federte die Kriegerin zurück und schwang sich flügelschlagend in die Höhe. Blut regnete auf das Schlachtfeld herab, auf dem immer mehr Pilger das Leben aushauchten.
    »Kimue!« Eonis war sofort bei seiner Gefährtin, stützte sie, so gut er konnte, und flog mit ihr nach Myandor zurück.
    Zufrieden wischte Alvin sein Schwert an dem Mantel eines Gefallenen sauber.
    »Das ging ja leichter, als ich dachte«, sagte er zu Hatra, die die ganze Zeit über keinen Muskel gerührt hatte.
    Die Alte sah ihn durchdringend an. »Das war noch nicht einmal der Anfang«, sagte sie dann.
    Keuchend stemmte sich Rorn in die Höhe und stand ihr direkt gegenüber, der Frau, der er seinen Bann verdankte. Sie war immer noch eine vom Alter gebeugte, hagere Gestalt mit runzligen Händen und tiefen Falten im Gesicht, schien aber von einer Respekt einflößenden Aura umgeben.
    Hatra, die Hexe.
    Schwer auf einen Wanderstab gestützt stand sie da, wie von einem langen Marsch ermattet, jedoch mit einem belustigten Zug um die Lippen, der schalkhafte Freude ausdrückte.
    Einen Stab wie den ihren hatte Rorn noch nie gesehen. Er war kinnhoch und von allen Seiten mir rissiger Baumrinde ummantelt, als wäre er so aus dem trockenen Astwerk gefallen. Kein von Menschenhand geführter Schnitt entstellte das Holz, trotzdem war der Stab oben perfekt abgerundet und lief nach unten hin spitz zu. Die Alte hatte da mit ein wenig Magie nachgeholfen, dessen war sich Rorn sicher.
    »Wir sind zu spät«, sagte er der Schattenmutter zur Begrüßung. »Die Greifen sickern bereits in unsere Welt ein.«
    »Wir sind genau zur rechten Zeit gekommen«, antwortete die Alte, ohne eine Miene zu verziehen. »Aber wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren, oder diese dummen Leu gewinnen doch noch die Oberhand.«
    Hatra nahm Hadiks Blutjade von ihrer Schattentochter entgegen, bevor sie den Befehl gab, in die Stadt vorzurücken. Sie war überzeugt davon, dass sie Eonis und Kimue auf der Empore am Marktplatz antreffen würden, behielt damit aber nur teilweise Recht. Eonis saß zwar wirklich auf den Marmorstufen unterhalb des Regenbogens, erhob sich bei ihrem Anblick allerdings in die Lüfte und flog zu einem großen Kuppelbau – dem Thronsaal, wie ihnen Hatra erklärte. Es war klar, dass er sie aus irgendeinem Grund dorthin locken wollte.
    »Eure Reiter sichern hier draußen das Gelände«, forderte Hatra von Alvin und Bornus. »Rorn und wir Hexen kümmern uns um alles Weitere.«
    Wie von ihr geheißen drangen der Bannkrieger, Rabold und alle Hexen in den großen, von einer hohen Kuppel überwölbten Bau ein. Eonis erwartete sie hier schon auf seinem alten, stufenförmig ansteigenden Thron, flankiert von Kimue und acht weiteren Greifen. Der Tod der Pilger hatte seine Blutkette wohl so sehr gestärkt, dass sich die Siegel weiter gelockert hatten. Aber nicht nur der Tod der Pilger hatte weiteren Greifen den Eintritt in ihre Welt ermöglicht.
    »Armer Landro«, erklärte Eonis ohne jede Spur von Trauer in der Stimme. »Du hast wirklich einen meiner besten Leibgardisten erschlagen, Bannstreiter, doch auch jeden, den du von uns umbringst, nimmt unsere Blutjade als Opfer an. Deshalb kannst du diesen Krieg auf Dauer nur verlieren. Ist das Tor erst vollständig geöffnet, stehen noch Hunderte von Leu bereit, um nach Myandor zurückzukehren.«
    »Das lässt sich verhindern«, entgegnete Rorn grimmig. »Ich muss dich nur schneller töten, als du das Tor mit deiner Kette beeinflussen kannst.«
    Kimue wollte ihn deshalb anfauchen, doch ihre notdürftig verbundene Wunde schmerzte so sehr, dass sie sich sofort wieder gegen die aufragende Stufe in ihrem Rücken lehnte, ohne einen Ton von sich zu geben. Ihr Monarch hatte dafür nur ein Grinsen übrig.
    »Dann komm und erschlag uns«, bot er Rorn an, beide Hände in einer herausfordernden Geste

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