Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
Royal der Vormundschaft von Mr. Damon Routhland von Swanhouse Plantation anzuvertrauen. Er hat auch Verfügungsrecht über Royals Grundbesitz bis zu ihrem erreichten einundzwanzigsten Lebensjahr oder bis zu dem Zeitpunkt einer Vermählung meiner Tochter. Zu einer solchen ist die Zustimmung des Vormundes erforderlich.
Victor Bradford konnte einen erstickten Ausruf nicht unterdrücken. Die Stille, die sich daraufhin in der Bibliothek ausbreitete, zeigte deutlich, wie sehr jeder der Anwesenden bemüht war, das eben Gehörte erst einmal zu verdauen.
Es war Victor Bradford, der sich schließlich erhob. „Das ist ja geradezu lächerlich. Welches Recht hat dieser Mann, der in keinerlei Verbindung zu unserer Familie steht, darauf, die Verantwortung über Miss Royal zu übernehmen?“
Jetzt fand auch Arabella die Sprache wieder. „Hier muß es sich wohl um einen Irrtum handeln, Mr. Greenburg. Ich kann mir nicht vorstellen, daß mein Bruder meine Nichte einem Mann anvertrauen wollte, den sie kaum kennt.“
Damon war die Bestürzung in Arabellas Zügen nicht entgangen. Lag ihr tatsächlich am Wohlergehen des jungen Mädchens? Oder war ihre Besorgnis nur gespielt? In ihren großen Augen lag ein Ausdruck von Schmerz und Bangigkeit. Vielleicht liebte sie die Kleine wirklich, die schöne Arabella Bradford?
„Darf ich Sie noch für kurze Zeit um Gehör bitten, Miss Bradford“, sagte der Advokat. „Ich glaube, ich bin in der Lage, alles zu Ihrer aller Zufriedenheit zu klären.“
Die Blicke der Anwesenden richteten sich wieder auf Mr. Greenburg. „Wie ich Mr. Routhland bereits mitgeteilt habe, war es der Wunsch meines Auftraggebers, daß Mr. Routhlands Vater, der gleichfalls Damon hieß, der Vormund von Miss Bradford würde. Er war ein enger Freund des Verblichenen.“
„Dann ist diese Klausel also hinfällig“, stellte Victor fest und atmete erleichtert auf.
„Mitnichten, Mr. Bradford. Die Bestimmung ist gesetzlich voll gültig. Ich selbst habe sie bestätigt“, stellte der Anwalt nicht ohne Befriedigung fest.
Während nun Victor Bradford und Arabella lauthals protestierten, ließ Damon Routhland den Blick zu Royal wandern. Zwar ging es bei dieser Testamentseröffnung ausschließlich um die Zukunft eines jungen Mädchens, um ihr weiteres Leben, und doch schienen alle ihre Anwesenheit völlig vergessen zu haben. Royal wirkte zerbrechlich und verloren wie eine kostbare Porzellanfigur, die man achtlos beiseite gestellt hatte. Die blauen Augen verrieten Fassungslosigkeit, im Ausdruck des ebenmäßigen Gesichtes lag Verletztheit.
Royal spürte, daß Damon Routhland sie anschaute, und sah zu ihm auf. Er lächelte ihr ermutigend zu. „Haben Sie verstanden“, fragte er leise, „was der Letzte Wille Ihres Vater beinhaltet, Miss Bradford?“
Sie schüttelte den Kopf, bemüht, der Tränen Herr zu werden, die ihr in den Augen standen. „Nein, Mr. Routhland. Ich begreife auch nicht, warum Vater Sie zu meinem Vormund bestimmt hat.“
Jetzt wirbelte Arabella Bradford herum und maß Routhland von oben bis unten. „Ich muß darauf bestehen, daß Sie auf die Vormundschaft über meine Nichte zu meinen Gunsten verzichten. Ich versichere Ihnen, ich bin vermögend genug, um den Wunsch meiner Schwägerin zu erfüllen. Und da ich in Paris lebe, wäre es mir jederzeit ein leichtes, das Kind in London zu besuchen und die Ferien mit ihm zu verbringen.“
„Nichts da“, widersprach Victor Bradford wütend. „Als Oberhaupt der Familie steht es einzig und allein mir zu, Royal zu erziehen.“
Der Anwalt wandte sich an Damon Routhland. „Was meinen Sie, Mr. Routhland? Sind Sie bereit, zugunsten der leiblichen Verwandten auf das Sorgerecht für Miss Bradford zu verzichten?“
Damon schaute zu Royal hin, wohl wissend, daß sie von ihm erwartete, er möge sie ihrer Tante Arabella überlassen.
„Glauben Sie, Mr. Greenburg, daß Douglas Bradford wünschte, Seine Tochter möge bei Mr. Victor Bradford wohnen oder“, er warf Arabella einen vielsagenden Blick zu, „oder bei Miss Arabella Bradford?“
Der Anwalt setzte die unpersönliche Miene eines Fachmanns auf. „Um die Wahrheit zu sagen, Mr. Victor Bradford ist nirgendwo erwähnt. Was hingegen Sie angeht, Miss Bradford, so lese ich hier:
„… obwohl ich meine Schwester herzlich liebe, weiß sie, daß ich ihre Lebensart stets abgelehnt habe. Ich bestimme daher, daß Arabella unter keinen Umständen die Vormundschaft über meine Tochter Royal ausüben soll.“
Mr.
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