Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
hatte, hafte te jedoch an seiner Person und überdauerte den Titel.
»Was ist der Preis?« fragte er.
Der Zunftmeister runzelte die Stirn. »Ihr kommt in einem guten Moment. Es ist früh im Jahr, und bisher sind nur wenige Herden angeliefert worden. Der Bedarf ist groß, also werden die Preise besser sein als sonst.«
Gortahork überlegte. Die nördlichen Nomaden lebten von Jagd und Viehzucht, betrieben Tauschhandel mit Händlern oder Karawanen und verfügten nicht über große Geldbeträ ge, da sie diese nicht brauchten. In Städten unterhielten sie bisweilen Konten, auf denen die durch Tier- oder Pelzhandel gewonnenen Beträge lagen. Es gab reiche und arme Stäm me. Die Gelder gehörten immer der Gemeinschaft, die damit notwendige Käufe bezahlen konnte – Medikamente aus Cadhras, zum Beispiel, oder Metall für Pfeilspitzen, und natürlich Werkzeug sowie in knappen Jahren Lebensmittel. Gortahork schloß die Augen, rang mit seiner Erschöpfung und wünschte sich weit fort. Er sehnte sich nach Tremugha ti, der unvergleichlichen Mutter der Stämme; nach ihrer Kunst, die Zeit zu stauen und fließen zu lassen, den Tageslagunen und Nachtkaskaden an ihrer Seite; nach der Weite der verschneiten Steppe des Winters, den duftenden Gräsern des Sommers, Bärenjagden im Gebirge und langen Ritten; nach vertrauten Gesichtern des eigenen Stammes, nach Zelten und weichen Fellen des eigenen Lagers. Er träumte in schnellen Bildern von Langsamkeit. Barakuda kam, und die langen Nächte im Zelt waren voll leichter und schwerer Worte, Geschichten aus der Steppe und von den Sternen. Saravyi kam, nannte Tremughati »Leuchtende Wärme des Nordens« und Gortahork »Triefende Dummheit des Finsterwinters«, erzählte Lügengeschichten aus der Vergangenheit, und es war eine gute Zeit in den Zelten. Mord und Brand und Terror von Pasdan waren weit, weit auch die Sorge um unmündige Sklaven und wirre Jungfrauen. Dann war da eine Hand, die beharrlich an ihm zupfte und ihn daran hinderte, weiter zu träumen.
»Vater der Banyashil«, sagte der Fleischmeister.
Gortahork öffnete die Augen und begriff, daß er tatsächlich geschlafen hatte. Vielleicht nur Sekunden, aber sehr tief. Er zwinkerte.
»Du bist müde«, sagte der Ältere mitleidig. »Es war eine harte Reise, nicht wahr? Was soll mit den armen Pasdanis geschehen?«
Gortahork seufzte. »Ich weiß es nicht, Freund. Aber laß uns zuerst die Kälber bereden.«
Der Zunftmeister nickte. »Sprich, Vater«, sagte er halblaut. »Sprich offen. Mit Gortahork feilscht man nicht. Sag, welche Absprache du mit den Trugil getroffen hast, und ich will dir geben, was ich geben kann.«
Gortahork richtete sich im Sessel auf. Er fürchtete, wieder einzuschlafen. »Elfhundert Kälber waren es«, sagte er mit belegter Stimme. »Dreizehn Foldar pro Kopf, das macht vierzehntausenddreihundert. Davon fünfzehn Prozent für die Treiber. Ich will in Golazna das Geld für die Pasdani anlegen. Und einen kleinen Teil für mich, denn, o Freund, meine Herden und Zelte sind weit im Nordosten, und auch ich muß essen und trinken.«
Der Zunftmeister lächelte und nahm einen Stift und Papier. 14300, schrieb er. Daneben: 15% - 2145. Er zog diese Summe von der anderen ab: 12155. Dann schrieb er 967 und multiplizierte die Zahl der abgelieferten Kälber mit 19. Schließlich rechnete er 18373 – 12155 = 6218.
»Dies, Vater der Stämme«, sagte er, »ist die höchste Kopfsumme, die ich je bezahlt habe. Betrachte es als einen Beitrag der Zünfte von Golazna zum Versuch, aus ehemali gen Sklaven Freie zu machen. Sechzehn Foldar ist der au genblickliche Kopfpreis für ein Schlachtkalb.«
Gortahork ergriff die ausgestreckte Hand des Alteren und drückte sie kräftig. »Dann schreib mir«, bat er, »drei Anweisungen aus. Eine für das Guthaben der Tugril.« Er überlegte. »Dann teil die Restsumme durch elf. Ungefähr, wenn es nicht auskommt, und schreib zehn Elftel für die Pasdani und ein Elftel für mich.«
Der Zunftmeister reichte ihm drei Zahlungsanweisungen: über 12155, 5653 und 565 Foldar. »Du siehst nicht aus, als ob du noch lange essen und viel trinken wolltest«, sagte er, während Gortahork die Zettel faltete und einsteckte. »Nebenan steht ein Bett. Es ist nicht sehr weich, aber du wirst darin ungestört sein. Ich kümmere mich um die Männer, deine Kinder. Morgen werden wir weiter beraten.«
Zwei der drei aufgeweckteren Männer begleiteten Gortahork am Vormittag zum Hafen. Sie hatten den Beratungen
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