Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
gefesselt, die Augen verbunden. Der schmerzende Kopf brachte die Erinnerung zurück. Die Planken unter ihm bewegten sich; aus der Schnelligkeit der Stöße schloß er, daß er sich auf einem sehr kleinen Boot befand.
Barakuda grübelte über die Gründe für den Überfall. Er war noch immer mit Grübeln beschäftigt, als das Boot an einem größeren Schiff anlegte. Er hörte gedämpfte Stimmen, konnte aber nichts verstehen. Nach einer Weile quietschten Scharniere; Geräusche und Gerüche wurden deutlicher, die Kajüte wurde geöffnet. Schritte kamen näher; Hände packten ihn, zerrten ihn vom Boden hoch. Die Fußfesseln wurden gelöst. Auf tauben Beinen stolperte Dante vorwärts. Niemand sprach.
Seine Gedanken rasten. Die Entführer mochten ihn über eine Planke gehen lassen, an deren Ende nur Luft und Ozean waren – aber wozu hatten sie ihn dann entführt? Ein Messerstich in Bu’ndai hätte das gleiche Resultat erbracht.
Er wurde gestoßen; Fäuste rissen ihn in die Luft, dann kam er wieder auf den Boden.
Man brachte ihn zu einem Niedergang; er stieß sich den Kopf und stolperte Stufen hinab. Unten befreite man seine Augen von der Binde und löste die Handfesseln.
Er brauchte nicht lange, um zu wissen, wo er war. Er kannte die Weltgegend und die Gebräuche des Ozeans von Bu’ndai. Man hatte ihn auf ein Schiff der Korallkorsaren gebracht. Der Laderaum war weitläufig; im Halbdunkel stellte Barakuda fest, daß fünf Shil sich darin aufhielten, vier Frauen und ein Mann. Alle waren relativ jung, soweit sich das im Ungewissen Licht bestimmen ließ.
Drei Korallkorsaren standen am Fuß des Niedergangs; sie hielten gespannte Bogen in den Händen. Ein vierter bedeute te ihm, sich an die Bordwand zu begeben. Dort wurden seine Füße in eignen Stock aus Eisenholz gesteckt. Sekunden spä ter krachte die Klappe auf den Niedergang.
Eine der Frauen sagte ruhig: »Willkommen an Bord, Fremder. Du bist Cadhrassi?«
Barakuda nickte. »Und ihr?«
Sie kamen aus verschiedenen küstennahen Orten; alle waren Bundashil. Allerdings waren sie nicht entführt worden und äußerten Erstaunen, als Barakuda von dem Überfall berichtete.
Eine Frau hatte eine Nachbarin mit dem Messer verletzt; die zweite hatte Foldar gestohlen, um mit der Taggabahn ans Ende der Welt zu reisen. »Jetzt komme ich dafür ans andere Weltende«, sagte sie mürrisch. Die dritte hatte die Erschaffung des Großen Chaos durch eine Hierarchie geisteskranker Dämonen geschaut und versucht, in ihrem Landstrich eine ähnliche Hierarchie zur Verwirrung der materiellen Angelegenheiten einzurichten. Wie üblich hatten die Bundashil sie zunächst gewähren lassen; erst als sie Anhänger fand und lästig wurde, hatte man sie und den Mann, ihren obersten Subaltern-Dämonen, an die Korallkorsaren verkauft. Die vierte Frau schließlich hatte einen Fischer erschlagen.
»Wir haben vielleicht Glück« sagte sie. »In dieser Jahres zeit können sie uns nicht in den Norden oder Westen bringen; die Windverhältnisse sind zu ungünstig.«
»Was ist daran Glück?« fragte der Mann verdrossen.
»Wir bleiben auf dem Kontinent. Stellt euch vor, sie brächten uns auf eine kleine Insel. Da müßten wir dann ewig bleiben.«
Zwanzig Tage brachten Barakuda und die anderen Sklaven in einem Kastell zu. Sie konnten sich in drei Räumen frei bewegen, aber eine Möglichkeit zur Flucht gab es nicht. Die rosa durchscheinenden Wände waren stabil. Durch die engen Fenster war ein Entkommen nicht einmal für die schmächtigste der Frauen möglich, und Dante mußte allen Gleichmut aufbieten, als er tagelang einen Gleiter über dem Kastellkomplex schweben sah. Er konnte sich nicht bemerkbar machen, und alle Versuche, mit den Korsaren zu reden, scheiterten. Seine Habseligkeiten hatte man ihm abgenommen; vielleicht wäre es anders gewesen, wenn er einen Korsaren hätte bestechen können. Aber seine Behauptung, die Cadhrassi würden für ihn weitaus mehr zahlen als jeder Sklavenhändler, stieß auf Unglauben. Ein Korsar zwinkerte ihm freundlich zu. »Sie werden dich mitnehmen und nichts zahlen«, sagte er. »Sie haben Feuerwaffen und Flugapparate – wie könnten wir sie zum Zahlen zwingen?«
Die tägliche Routine. Morgens, lange vor Sonnenaufgang, stiegen Fischer in ihre Boote und fuhren auf den Pangotik hinaus. Taucher holten von Muschelbänken Nahrung, andere schafften Algen herbei, auf Dachgärten zog man Gemüse. Frauen und Männer bereiteten in einer großen Ge meinschaftsküche Speisen für
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