Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
beklemmende Gefühl zu nehmen, er taste sich durch einen steilen Kohlensack.
Längst hörte er nichts außer dem Nachtwind und Gräsern. Er stieg einen Abhang hinauf, dessen Fels von einer dünnen Humusschicht bedeckt war. Unter seinen Füßen fühlte der Boden sich weich an.
Nach etwa einer Stunde erreichte er eine weitere überhängende Wand. Rechts und links bot sich, so weit er dies in der Dunkelheit feststellen konnte, kein Ausweg. Er befand, er sei außer Reichweite etwaiger Verfolger, und suchte nach einer windgeschützten Nische, in der er notfalls auch im Morgengrauen vor Blicken sicher war.
Er brauchte nicht lange herumzutasten. Unter dem überhängenden Gestein war es absolut finster; dennoch war er sicher, daß er den gesuchten Unterschlupf gefunden hatte. Er ließ sich auf Hände und Knie nieder und prüfte den Boden. Die Nische mochte sechs Meter tief und eineinhalb Meter breit sein; sie schien keine seßhaften Bewohner mit Nägeln und Klauen zu haben. Er fühlte weder Lagerspuren, noch roch er Wildausdünstungen. Blind räumte er Steine beiseite, schuf eine einigermaßen glatte Fläche und streckte sich aus. Es war kalt und feucht, aber hier spürte er den eisigen Nachtwind nicht. Und er war nicht mehr angekettet.
Im Morgengrauen erwachte er aus einem unruhigen, immer wieder abreißenden Schlaf. Vorsichtig lugte er aus der Höhlung. Unter ihm wogten dichte Schwaden von Morgennebel, so daß es ihm unmöglich war, seine Position im Verhältnis zum Lager zu bestimmen. Er ignorierte das Knurren seines Magens, lutschte Tautropfen von Gräsern, um den ärgsten Durst zu stillen, und sah sich um.
Offenbar steckte er in einer Klemme. Die überhängende Wand bot keine Aufstiegsmöglichkeit, und die nahezu ebene Fläche zu ihren Füßen war begrenzt. Er ging nach rechts, dann nach links; schaudernd dankte er seinem Geschick, daß er nicht nachts noch versucht hatte, weiterzukommen. Am Rand der felsigen Fläche gähnten Abgründe, in denen der Nebel kochte.
Es würde ihm nichts anderes übrigbleiben als zu warten. Warten, bis der Nebel sich verzog und er sehen konnte, wo er war; warten, bis der Sklaventreck weitergezogen war, damit er wieder hinabsteigen konnte.
Im fahlen Morgenlicht wirkte die Nische wie eine rechteckige Gruft. Bei genauer Betrachtung glaubte Dante, Spuren von Bearbeitung an den Wänden zu sehen, aber es konnten ebensogut Bruchstellen infolge Erosion sein oder Spuren von Tierkrallen. Eine Reihe von elf Steinen in Kopfhöhe an der rückwärtigen Wand erregte seine Aufmerksamkeit. Sie bildeten ein Band, das in einer flachen Kurve aufwärts gewölbt war. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und betrach tete den mittleren Stein. Er schien anders als die übrigen; so, als sei er gelegentlich berührt worden.
Barakuda trat einen Schritt zurück und zwinkerte. Die rückwärtige Wand schloß fugenlos mit den Seiten, der Decke und dem Boden ab.
»Auf Shilgat«, knurrte er, »ist nichts unmöglich.« Er dachte noch einen Moment nach; dann zuckte er mit den Achseln, nahm das Messer in die Rechte und berührte mit dem linken Zeigefinger den Stein.
Nichts geschah. Dante versuchte, den Stein zu drehen. Er gab nach. Von links ertönte ein leises Knirschen, und zwischen Kopfwand und Seite bildete sich ein schmaler Spalt. Dante bückte sich und schlüpfte hindurch. Hinter ihm schloß sich die Wand wieder; er stand im Dunkeln.
18. Kapitel
Nachts kam sie langsam voran, tagsüber war jede Bewegung gefährlich. Außerdem unmöglich; unter der heißen Herbstsonne knapp südlich des Äquators wurde Tag’gashir’dir zu einem Brutbecken. Das ringsum von steilen Bergsystemen umgebene Hochland litt unter anhaltender Dürre, Wind kam selbst nachts kaum auf, und für jemanden, der wie Toyami nicht an diese Bedingungen gewöhnt war und nicht gesehen werden durfte, gab es erfreulichere Landschaften. Aber alle waren weit weg.
Unweit der Berge hatte sie viele Tage gebraucht, um durch ein Netz von Wehr- und Versorgungsdörfern zu schlüpfen. Toyami war es gelungen, sich und ihr Pferd zu versorgen; sie hatte jene ekelhafte, aber nährende Substanz aus Pflanzenfetten und Körnern, panyârriy in ausreichender Menge aus Depots stehlen können.
Jenseits der Dörfer begann die Savanne. Dort hatten die Führer der AVs in Abständen kleine befestigte Postenstationen angelegt.
Tagsüber fanden Transporte oder Truppenverschiebungen statt; dann wimmelten die bergnahen Savannen von Men schen, Tieren, Karren und
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