Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Vater, einen Postbeamten, für seine Arbeit auch das elterliche Wohnzimmer benutzen zu dürfen.
Der Vater ist wenig begeistert, stimmt aber zu. Bisher hat ihm der zweifelsohne aufgeweckte Sohn mit seinem unsteten Wesen immer wieder Sorgen bereitet. Konrad ist ein hervorragender Zeichner, will mal Reklamezeichner, mal Schauspieler, mal Filmregisseur werden, bricht ein Architekturstudium ab und entscheidet sich dann für ein Bauingenieursstudium, das er immerhin zu Ende bringt. Nun will er also ein »mechanisches Gehirn« bauen und kündigt dafür sogar bei Henschel. Immer wieder leiht sich Konrad Geld in seiner Familie, bis er 1938 den Prototyp Z1 fertigstellt.
Zuse greift auf die Vorarbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz zurück, der in seinem Dualsystem nur mit den Zahlen 0 und 1 rechnet. Die Überlegungen des Briten George Boole aus dem Jahr 1847, der mit den Operatoren »Und«, »Oder« und »Nicht« die für die spätere Computerprogrammierung wichtige Boole’sche Algebra begründet, kennt er noch nicht.
Mit Schaltern setzt Zuse nun das Leibniz’sche Prinzip in Rechenoperationen um. »Ja« ist eine 0 und ein offener Schalter, »Nein« bedeutet eine 1 und einen geschlossenen Schalter. Auf Lochkarten liest die Maschine, welche Rechenoperationen sie durchführen soll. Lochkarten hatte der deutschstämmige Herman Hollerith in den USA entwickelt und sie erstmals für die amerikanische Volkszählung von 1890/1891 eingesetzt. Holleriths Verfahren ist jedoch eher im statistisch-kaufmännischen Bereich hilfreich, Zuse hingegen sucht Hilfe für den Ingenieur. Seine erste Maschine kann schon binnen drei Sekunden addieren. Doch sie ist technisch anfällig.
Zuse entwickelt die Programmiersprache Plankalkül und baut die Maschine Z2. Mitten im Zweiten Weltkrieg folgt 1941 die Version Z3. Diese beherrscht neben den Grundrechenarten auch das Wurzelziehen und ist der erste funktionstüchtige Computer der Welt. In einem Pferdestall im Allgäu kann Zuse die Z4 über die Kriegswirren retten und er hält sich zunächst mit kitschigen selbst gemalten Ölbildern über Wasser, die er an amerikanische Besatzungssoldaten verkauft.
Z4 dient ab 1950 für mehrere Jahre an der ETH Zürich als Zentralrechner und ist der erste Computer weltweit, der zivil genutzt wird. Als Howard Aiken, der Konstrukteur des Computers Mark 1, Zuse 1962 als den eigentlichen Erfinder des Computers bezeichnet, wird ihm die späte Anerkennung zuteil.
Mustafa Kemal Atatürk: Vater der modernen Türkei
Mustafa Kemal Atatürk lebt von 1881 bis 1938
Das Osmanische Reich, nach der letzten Niederlage vor Wien 1683 im Norden von Russland bedrängt, im Westen von griechischen Unabhängigkeitsbestrebungen erschüttert, im Süden durch den Abfall Ägyptens geschwächt, bleibt bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine Großmacht, ist aber nur noch als der »kranke Mann am Bosporus« bekannt.
Im Ersten Weltkrieg schlägt sich das Osmanische Reich, in dem die Jungtürkenbewegung 1908 die Macht gewonnen hat, auf Betreiben des mit quasi diktatorischen Vollmachten ausgestatteten Kriegsministers Enver Pascha auf die Seite des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns. Im Süden des Osmanischen Reiches erheben sich die Araber. Der britische Agent Thomas Edward Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, forciert den Aufstand. Mustafa Kemal, Mitglied der Jungtürken, wird als junger General bei der über ein Jahr tobenden Schlacht von Gallipoli an der Westküste Kleinasiens berühmt, als er vorallem britische, australische und neuseeländische Truppen in einen Stellungskrieg und 1916 zum Abzug zwingt. Der junge britische Marineminister Winston Churchill muss zurücktreten, der britische Premierminister David Lloyd George nennt Kemal einen Soldat, wie »ihn die Geschichte alle Jahrhunderte nur einmal hervorbringt«.
Der spätere Mustafa Kemal Atatürk ist der Sohn eines Holzhändlers. Der Junge ist eigenwillig und durchsetzungsstark, bricht die Schule ab und wird mit zwölf Jahren an einer Militärschule angenommen. Ein Lehrer soll ihm dort den Beinamen Kemal gegeben haben (für »vollkommen«). Die Militärakademie schließt er mit Auszeichnung ab.
Als der Held von Gallipoli zur Jahreswende 1918 die deutschen Verbündeten an der Westfront besucht, sagt er zu Hindenburg: »Der Krieg ist bereits verloren.« Tatsächlich ist der Krieg bald zu Ende und das Osmanische Reich wird unter den Mächten der Entente aufgeteilt. Kemal führt seit 1920 die Widerstandsbewegung im
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