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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Illusion alles hergeben konnte.«
    Ich sagte nichts.
    »Geht es Ihnen gut?«
    »Ausgezeichnet. Wissen Sie etwas über den Besitzer, dem Señor Marlasca es abgekauft hat? Einen gewissen Bernabé Massot?«
    »Einer von denen, die in Südamerika reich geworden und dann wieder heimgekehrt sind. Er war nie länger als eine Stunde im Haus. Er hatte es nach seiner Rückkehr aus Kuba gekauft und ließ es dann jahrelang leerstehen. Warum, hat er nie gesagt. Er lebte in einem großen Haus, das er sich in Arenys de Mar hatte bauen lassen. Dann verkaufte er das Haus mit dem Turm für einen Pappenstiel – er wollte nichts mehr davon wissen.« »Und vor ihm?«
    »Ich glaube, da wohnte ein Geistlicher darin. Ein Jesuit. Ich bin nicht sicher. Mein Vater hat Don Diegos Geschäfte geführt und bei dessen Tod sämtliche Archive vernichtet.«
    »Warum hat er das wohl getan?«
    »Aus den genannten Gründen. Um Gerüchten vorzubeugen und das Andenken seines Freundes zu wahren, vermute ich. Aber gesagt hat er es mir nie. Mein Vater war kein Mann, der seine Schritte erklärt hätte. Er wird seine Gründe gehabt haben. Zweifellos gute Gründe. Don Diego war sein bester Freund, nicht nur sein Teilhaber, und all das war sehr schmerzhaft für ihn.«
    »Was wurde aus dem Jesuiten?«
    »Ich glaube, er bekam disziplinarische Probleme mit dem Orden. Er war ein Freund von Mosén Cinto Verdaguer, und ich glaube, er war in einige seiner Probleme mit verwickelt.«
    »Exorzismus?«
    »Geschwätz.«
    »Wie kann sich ein aus dem Orden verstoßener Jesuit ein solches Haus leisten?«
    Valera zuckte wieder die Schultern, und ich vermutete, am Boden des Fasses angelangt zu sein.
    »Ich würde Ihnen gern noch weiter helfen, Señor Martín, aber ich weiß nicht, wie. Glauben Sie mir.«
    »Danke für Ihre Zeit, Señor Valera.«
    Der Anwalt nickte und drückte auf einen Knopf auf dem Schreibtisch. Die Sekretärin erschien in der Tür. Valera reichte mir die Hand.
    »Señor Martín möchte gehen. Begleiten Sie ihn, Margarita.«
    Sie nickte und führte mich hinaus. Bevor ich das Büro verließ, wandte ich mich noch einmal um und sah, dass der Anwalt niedergeschlagen unter dem Bild seines Vaters zusammengesunken war. Ich folgte Margarita zur Tür, und gerade als sie sie hinter mir schließen wollte, drehte ich mich um und fragte mit meinem unschuldigsten Lächeln: »Verzeihen Sie, Anwalt Valera hat mir vorhin Señora Marlascas Adresse genannt, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich die Hausnummer richtig in Erinnerung habe …«
    Margarita seufzte, begierig, mich loszuwerden.
    »13. Carretera de Vallvidrera 13.«
    »Ach ja, natürlich.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Margarita.
    Bevor ich ihren Abschiedsgruß erwidern konnte, schloss sich die Tür so würdevoll und unwiderruflich wie ein heiliges Grab.
     

 21
    Als ich zum Haus mit dem Turm zurückkam, erblickte ich plötzlich das, was mir für schon so lange Zeit Zuhause und Gefängnis war, mit anderen Augen. Schon im Eingang hatte ich das Gefühl, den Schlund eines steinernen Schattenwesens zu durchschreiten. Wie durch dessen Eingeweide stieg ich die Treppe hinauf. Als ich im ersten Stock die Wohnungstür öffnete und in den langen, düsteren Korridor trat, der sich im Halbdunkel verlor, fühlte ich mich erstmals wie im Vorzimmer eines argwöhnischen, vergifteten Geistes. Am anderen Ende zeichnete sich im scharlachroten, von der Veranda her einfallenden Licht der Abenddämmerung Isabella ab, die mir entgegenkam. Ich schloss die Tür und knipste die Lampe an.
    Isabella hatte sich wie eine feine junge Dame gekleidet, das Haar hochgesteckt und mit dem Kajalstift einige geschickte Linien gezogen, sodass sie zehn Jahre älter wirkte.
    »Du siehst sehr hübsch und elegant aus«, sagte ich frostig.
    »Fast wie eine junge Frau Ihres Alters, nicht? Gefällt Ihnen das Kleid?« »Woher hast du das?«
    »Aus einem der Koffer im Zimmer am Ende des Flurs. Ich glaube, es gehörte Irene Sabino. Wie finden Sie es? Passt es mir nicht wie angegossen?«
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst das alles abholen lassen.«
    »Das habe ich auch versucht. Heute Morgen bin ich zur Kirchgemeinde gegangen, und die haben mir gesagt, sie holen nichts ab, aber wir können es selber hinbringen, wenn wir wollen.«
    Ich schaute sie an und sagte nichts.
    »Das stimmt wirklich.«
    »Zieh das aus und bring es dahin zurück, wo du es gefunden hast. Und wasch dir das Gesicht. Du siehst ja aus wie …«
    »Wie eine Nutte?«
    Seufzend

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