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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Zügen.
    »Sie wissen nicht, wie leid mir das tut, mein lieber Martín«, erklärte Barrido. »Das Problem ist folgendes: Die Bestellungen der Buchhändler richten sich nach den Zeitungskritiken, fragen Sie mich nicht, warum. Wenn Sie ins Lager nebenan gehen, werden Sie sehen, dass da dreitausend Exemplare Ihres Romans liegen, die schon Staub ansetzen.«
    »Mit den entsprechenden Kosten und Verlusten«, ergänzte Escobillas in deutlich feindseligem Ton.
    »Ich war im Lager, bevor ich hergekommen bin, und habe festgestellt, dass da dreihundert Exemplare liegen. Der Chef hat mir gesagt, dass nicht mehr gedruckt wurden.«
    »Das ist eine Lüge«, rief Escobillas.
    Barrido unterbrach ihn versöhnlich.
    »Entschuldigen Sie meinen Partner, Martín. Sie müssen verstehen, wir sind ebenso empört wie Sie, wenn nicht noch empörter, dass die lokale Presse ein Buch so schändlich misshandelt hat, an dem wir alle in diesem Haus größten Gefallen gefunden haben, aber bitte begreifen Sie, dass uns in diesem Fall trotz unseres begeisterten Glaubens an Ihr Talent Hände und Füße gebunden sind durch die Verwirrung, welche diese hinterhältigen Pressenotizen ausgelöst haben. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen – Rom wurde auch nicht an zwei Tagen erbaut. Wir bemühen uns nach Kräften, Ihrem Werk die Tragweite zu verleihen, die sein hohes literarisches Niveau verdient …«
    »Mit einer Auflage von dreihundert Exemplaren.«
    Barrido seufzte, beleidigt durch mein mangelndes Vertrauen.
    »Die Auflage beträgt fünfhundert«, präzisierte Escobillas. »Die anderen zweihundert haben Barceló und Sempere gestern persönlich abgeholt. Der Rest wird mit der nächsten Lieferung hinausgehen – mit dieser war es nicht möglich, weil die Häufung von Novitäten zu Schwierigkeiten führte. Wenn Sie sich einmal unsere Probleme vor Augen führen würden und nicht so egoistisch wären, würden Sie das verstehen.«
    Ungläubig schaute ich die drei an.
    »Sagen Sie nicht, dass Sie nichts weiter unternehmen werden.«
    Barrido wirkte untröstlich.
    »Was sollen wir denn tun, mein Freund? Wir setzen bereits alles für Sie aufs Spiel. Helfen Sie uns auch ein bisschen.«
    »Wenn Sie wenigstens ein Buch geschrieben hätten wie das Ihres Freundes Vidal«, sagte Escobillas.
    »Ja, das freilich ist eine Schwarte«, bekräftigte Barrido. »Das findet selbst Die Stimme der Industrie.«
    »Ich habe ja gewusst, dass es so kommen würde«, fuhr Escobillas fort. »Sie sind ein undankbarer Mensch.«
    Die Giftige neben mir schaute mich zerknirscht an. Ich hatte das Gefühl, sie ergreife gleich meine Hand, um mich zu trösten, und ich rückte rasch von ihr ab. Barrido lächelte ölig.
    »Vielleicht ist es gut so, Martín. Vielleicht ist das ein Zeichen unseres Herrn, der Ihnen in seiner unendlichen Weisheit den Weg zurück zu der Arbeit weisen will, die die Leser der Stadt der Verdammten so glücklich gemacht hat.«
    Ich lachte schallend. Barrido fiel ein, und auf sein Zeichen hin taten es ihm Escobillas und die Giftige nach. Ich besah mir diesen Hyänenchor und dachte, unter anderen Umständen hätte ich das als einen Moment auserlesener Ironie empfunden.
    »So ist es recht, Sie sollen es positiv nehmen«, rief Barrido. »Was meinen Sie? Wann werden wir den nächsten Roman von Ignatius B. Samson bekommen?«
    Die drei schauten mich zuvorkommend und erwartungsvoll an. Ich räusperte mich, um möglichst deutlich sprechen zu können, und schenkte ihnen ein Lächeln.
    »Sie können mich mal.«
     

 18
    Nach dem Besuch bei den Verlegern streifte ich stundenlang ziellos durch die Straßen von Barcelona. Das Atmen fiel mir schwer, und ich spürte einen Druck auf der Brust. Kalter Schweiß bedeckte mir Stirn und Hände. Bei Einbruch der Dunkelheit machte ich mich auf den Heimweg, da ich nicht mehr wusste, wo ich mich verstecken sollte. Als ich bei Sempere und Söhne vorbeikam, sah ich, dass der Buchhändler das Schaufenster mit meinem Roman gefüllt hatte. Es war schon spät und der Laden geschlossen, aber im Inneren brannte noch Licht, und obwohl ich rasch weitergehen wollte, bemerkte mich Sempere und lächelte mir so traurig zu, wie ich ihn in all den Jahren unserer Bekanntschaft noch nie gesehen hatte. Er kam zur Tür und öffnete sie.
    »Kommen Sie einen Augenblick herein, Martín.«
    »Ein andermal, Señor Sempere.«
    »Mir zuliebe.«
    Er fasste mich am Arm und zog mich hinein. Ich folgte ihm ins Hinterzimmer, wo er mir einen Stuhl anbot, zwei Gläser mit

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