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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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im Leben nicht gehört. Man hat Ihnen einen Bären aufgebunden.«
    Der Buchhändler schüttelte den Kopf.
    »Isabella wusste, dass Sie genau das sagen würden.«
    »Talentiert und Hellseherin. Und was hat sie sonst noch gesagt?«
    »Dass Sie vermutlich ein sehr viel besserer Schriftsteller als Mensch seien.«
    »Ein richtiges Schätzchen, diese Isabella.«
    »Kann ich ihr sagen, sie dürfe Sie aufsuchen? Ohne jede Verpflichtung?«
    Ich gab mich geschlagen und willigte ein. Sempere lächelte triumphierend und wollte den Pakt mit einer Umarmung besiegeln, aber ich ergriff die Flucht, ehe der alte Buchhändler mir das Gefühl geben konnte, ich sei ein guter Mensch.
    »Sie werden es nicht bereuen, Martín«, hörte ich ihn sagen, als ich schon zur Tür hinausging.
     
     

Als ich vor meinem Haus eintraf, saß Inspektor Victor Grandes auf der Stufe zum Eingang und paffte seelenruhig eine Zigarette. Bei meinem Anblick lächelte er sein charmantes Lächeln, als wäre er ein alter Freund, der mir überraschend einen Besuch abstattete. Ich setzte mich neben ihn, und er hielt mir das offene Zigarettenetui hin. Gitanes, stellte ich fest. Ich nahm eine. »Und Hänsel und Gretel?«
    »Marcus und Castelo hatten keine Zeit. Wir haben einen anonymen Wink bekommen, und sie haben sich einen alten Bekannten aus dem Pueblo Nuevo geschnappt, dessen Gedächtnis wahrscheinlich ein wenig aufgefrischt werden muss.«
    »Armer Teufel.«
    »Wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich Sie aufsuche, wären sie sicher mitgekommen. Sie waren ihnen außerordentlich sympathisch.«
    »Ja, Liebe auf den ersten Blick, ich hab es schon bemerkt. Was kann ich für Sie tun, Inspektor? Darf ich Sie oben zu einem Kaffee einladen?«
    »Ich würde es nicht wagen, in Ihre Privatsphäre einzudringen, Señor Martín. Ich wollte Ihnen die Nachricht einfach persönlich überbringen, bevor Sie auf anderem Weg davon erfahren.«
    »Welche Nachricht?«
    «Escobillas ist heute am frühen Nachmittag im Hospital gestorben.«
    »Mein Gott. Das wusste ich nicht.«
    Grandes zuckte die Schultern und rauchte schweigend weiter. Dann sagte er:
    »Es war ja abzusehen. Da kann man nichts machen.«
    »Haben Sie etwas über die Brandursache ermitteln können?«, fragte ich.
    Er schaute mich lange an und nickte dann.
    »Alles scheint darauf hinzudeuten, dass jemand Señor Barrido mit Benzin übergossen und dann angezündet hat. Die Flammen haben sich ausgebreitet, als er in Panik aus seinem Büro zu entkommen versuchte. Sein Partner und der Angestellte, die ihm zu Hilfe eilten, sind dabei ebenfalls von den Flammen erfasst worden.«
    Ich biss mir auf die Lippen. Grandes lächelte beruhigend.
    »Der Anwalt der Verleger hat mir heute Nachmittag gesagt, aufgrund der in Ihrem Vertrag mit den beiden festgehaltenen persönlichen Bindung zu ihnen gelte dieser beim Ableben der Verleger als aufgelöst, aber die Erben behalten die Rechte an den bereits publizierten Werken. Vermutlich wird er Ihnen das in einem Brief mitteilen, aber ich dachte, Sie möchten es vielleicht schon vorher wissen, falls Sie bezüglich des Angebots des von Ihnen erwähnten Verlegers eine Entscheidung zu treffen haben.«
    »Danke.«
    »Nicht der Rede wert.«
    Grandes hatte seine Zigarette aufgeraucht und warf die Kippe auf den Boden. Er lächelte freundlich und stand auf. Dann klopfte er mir auf die Schulter und trollte sich in Richtung Calle Princesa.
    »Inspektor?«, rief ich ihm nach.
    Grandes blieb stehen und wandte sich um.
    »Sie werden doch nicht etwa denken …«
    Er schenkte mir ein mattes Lächeln.
    »Passen Sie auf sich auf, Martín.«
    Ich ging früh schlafen und schreckte in dem Glauben auf, es sei schon Morgen, um dann festzustellen, dass es erst kurz nach Mitternacht war.
    Im Traum hatte ich Barrido und Escobillas gesehen, wie sie in ihrem Büro gefangen waren. Die Flammen züngelten an ihren Kleidern empor, bis jeder Zentimeter des Körpers von ihnen erfasst war. Unter den Kleidern schälte sich ihre Haut in Fetzen ab, und die panikerfüllten Augen brachen im Feuer. Ihre Körper wurden von Schreckens- und Todeskrämpfen geschüttelt, bis sie auf die Trümmer sanken, während sich das Fleisch wie geschmolzenes Wachs von den Knochen löste und zu meinen Füßen eine dampfende Pfütze bildete, in der ich mein eigenes Grinsen gespiegelt sah, als ich das Streichholz in meinen Fingern auspustete.
    Ich stand auf, um mir ein Glas Wasser zu holen, und in dem Glauben, den Fängen meines Traums entkommen zu sein, ging

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