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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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der Lampe.
     
    Sanft … von Santa Maria
     
    Ich stöhnte auf. Lux Aeterna , war auf ebendieser Schreibmaschine geschrieben worden und vermutlich auch an ebendiesem Schreibtisch.
     
     

4
    Am nächsten Morgen ging ich zum Frühstück in ein Café gegenüber von Santa María del Mar. Im Born-Viertel wimmelte es von Karren und Leuten auf dem Weg zum Markt und von Klein- und Großhändlern, die ihre Läden öffneten. Ich setzte mich an einen Tisch im Freien und bestellte einen Milchkaffee. Auf dem Nebentisch lag ein verwaistes Exemplar der Vanguardia, das ich adoptierte. Während ich Schlagzeilen und Kurztexte überflog, bemerkte ich, dass jemand die Treppe zur Kathedrale hinaufstieg und sich auf die oberste Stufe setzte, um mich verstohlen zu beobachten. Das junge Mädchen mochte sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein und gab vor, sich in einem Heft Notizen zu machen, während sie mir heimliche Blicke zuwarf. Ich genoss in Ruhe meinen Kaffee. Nach einer Weile winkte ich den Kellner herbei.
    »Sehen Sie die Señorita, die dort vor der Kirchentür sitzt? Sagen Sie ihr, sie soll bestellen, worauf sie Lust hat, sie ist eingeladen.«
    Der Kellner nickte und ging hin. Als sie ihn auf sich zukommen sah, vergrub sie sich mit einem Ausdruck höchster Konzentration, der mir ein Lächeln entlockte, in ihr Heft. Der Kellner blieb vor ihr stehen und räusperte sich. Sie hob den Blick und schaute ihn an. Er erläuterte ihr seinen Auftrag und deutete dann auf mich. Sie warf mir einen beunruhigten Blick zu. Ich winkte grüßend. Ihre Wangen erglühten. Sie stand auf und näherte sich mit kurzen Schritten und gesenktem Blick meinem Tisch.
     
    »Isabella?«, fragte ich.
    Sie schaute auf und seufzte, verärgert über sich selbst. »Woher wissen Sie das?« »Hellseherische Kräfte.«
    Sie reichte mir die Hand, die ich ohne großen Enthusiasmus drückte.
    »Darf ich mich setzen?«, fragte sie.
    Sie nahm Platz, ohne eine Antwort abzuwarten. In der folgenden halben Minute änderte sie ein halbes Dutzend Mal die Stellung, um dann wieder zur ersten zurückzukehren. Ich schaute ihr ruhig und mit kalkuliertem Desinteresse zu.
    »Sie erinnern sich nicht an mich, nicht wahr, Señor Martín?«
    »Sollte ich das?«
    »Ich habe Ihnen jahrelang den Korb mit Ihrer Wochenbestellung von Can Gispert hinaufgebracht.«
    Das Bild des Mädchens, das mir so lange die Lebensmittel geliefert hatte, erschien vor meinem geistigen Auge und verschmolz mit dem erwachseneren, etwas kantigeren Gesicht dieser zur Frau gewordenen Isabella mit den weichen Formen und dem schneidenden Blick.
    »Das Mädchen mit dem Trinkgeld«, sagte ich, obwohl sie nicht mehr viel von einem Mädchen hatte.
    Sie nickte.
    »Ich habe mich immer gefragt, was du wohl mit all den Münzen angefangen hast.«
    »Bücher bei Sempere und Söhne gekauft.« »Hätte ich das gewusst …« »Wenn ich Sie störe, gehe ich.«
     
     
    »Du störst mich nicht. Möchtest du was trinken?« Sie schüttelte den Kopf. »Señor Sempere sagt, du hättest Talent.« Isabella zuckte die Achseln und lächelte mich skeptisch an.
    »Im Allgemeinen zweifelt man umso mehr an seinem Talent, je mehr man davon hat«, sagte ich. »Und umgekehrt.«
    »Dann muss ich ein wahres Wunderkind sein.« »Nicht nur du. Sag, was kann ich für dich tun?« Sie atmete tief ein.
    »Señor Sempere hat gesagt, vielleicht könnten Sie etwas von meinen Sachen lesen und mir Ihre Einschätzung und ein paar Ratschläge geben.«
    Ich schaute ihr einige Sekunden wortlos in die Augen. Sie hielt meinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Ist das alles?«
    »Nein.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht. Was folgt in Kapitel zwei?«
    Isabella zögerte nur einen kurzen Augenblick.
    »Wenn Ihnen gefällt, was Sie lesen, und Sie glauben, ich habe Talent, möchte ich Sie darum bitten, mir zu erlauben, Ihre Assistentin zu sein.«
    »Was veranlasst dich zur Annahme, dass ich eine Assistentin brauche?«
    »Ich kann Ihre Papiere ordnen, sie abtippen, Irrtümer und Fehler korrigieren …«
    »Irrtümer und Fehler?«
    »Ich wollte damit nicht sagen, dass Sie Fehler machen …«
    »Was wolltest du denn dann sagen?«
    »Nichts. Aber vier Augen sehen immer mehr als zwei. Und zudem kann ich die Korrespondenz übernehmen, Besorgungen machen, Ihnen bei der Recherche behilflich sein. Und ich kann kochen und …«
    »Bittest du mich nun um eine Stelle als Assistentin oder als Köchin?«
    »Ich bitte Sie um eine Chance.«
    Sie senkte den Blick. Ich konnte mir

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