Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
Boutiquen bestückten Luxusmeile Passeig de Gràcia entfernt. Als Tàpies den von dem Gaudí-Konkurrenten
Lluís Domènech i Montaner
1885 im prächtigsten katalanischen Jugendstil (Modernisme) und mit maurischen Elementen verzierten Stadtpalast sieht, ist er sofort verliebt in das Projekt.
Die Stadt stellt das Gebäude zur Verfügung, übernimmt den Großteil der Renovierungsarbeiten, Tàpies stellt seine Sammlung als Stiftung zur Verfügung. Die
Fundació Antoni Tàpies
13 ( ▶ E 3 ) wird im Juni 1990 eröffnet. Hier schließen zwei große Künstler einen Kreis, in dem sich die Modernisme-Architektur Montaners mit der katalanischen Kunst des politischen Malers Tàpies vereint.
Allein die Fassade des roten Backsteingebäudes ist sehenswert: Der Haupteingang wird von zwei Türmen flankiert, links und rechts unterteilen je drei vertikale Pilaster die dreistöckige Front. Obendrauf stehen drei Terrakottabüsten, die die literarischen Lichtgestalten Dante, Cervantes und Milton darstellen. Die Bekrönung des Gebäudes mit dem Engel und der Trompete ist eine symbolische Anspielung auf die glorreiche katalanische Vergangenheit als unabhängiges Königreich.
Die arabisch anmutende Fassade hat auch Tàpies respektiert und nicht verändert. Aber dann hat es den großen Künstler doch noch gejuckt, und er hat einen draufgesetzt, im wahrsten Sinne des Wortes – die Skulptur »Núvol i cadira« (»Wolke und Stuhl« 1990 ), die das gesamte Gebäude krönt. Ein Metallgeflecht aus rostfreiem Stahl und silberüberzogenen Aluminiumrohren, 12 , 70 Meter hoch, 24 Meter breit und 6 , 80 Meter tief. Das sieht von gegenüber aus, als habe sich da jemand mit Stacheldraht ausgetobt. Aber es ist natürlich Kunst, große Kunst – eine Wolke mit Stuhl. Ein wiederkehrendes Motiv, mit dem Tàpies seine meditativen und nachdenklichen Träume offenbart.
EIN DOMIZIL IM JUGENDSTIL
Die
Fundació
zeigt in lichtdurchfluteten Sälen über 600 Objekte des Künstlers. Beispielsweise Zeichnungen mit Kohle und Tinte (»Dibuix« 1948 ), Mischtechnik auf Leinwand (»Pintura rosa« 1959 ), Mischtechnik auf Holz (»Blau emblemàtic« 1971 ), eine Matratze auf Bronze (»Matalàs« 1987 ).
In den letzten Jahren waren seine Ausstellungen und Ehrungen zwischen New York, Tokio und Madrid nicht weniger geworden. Doch den Künstler hielt es immer mehr in Barcelona. Bis zu seinem Tod am 6 . Februar 2012 . Seit vielen Jahren wohnte Antoni Tàpies – altersbedingt – in einem bequemeren Apartment mit angeschlossenem Studio im Stadtteil
Sant Gervasi
nahe der Plaza Molina. Manchmal ließ er sich zum Essen ins Café Vienès des Fünf-Sterne-Hotels
Casa Fuster
17 ( ▶ D 2 ) fahren, nur einen Kilometer entfernt am oberen Ende des Passeig de Gràcia. Da fühlte er sich zu Hause, denn dieses frisch renovierte Gebäude ist ebenso ein prächtiges Jugendstilkunstwerk von Lluís Domènech i Montaner wie sein Tàpies-Museum. In diesem Wiener Café spielte übrigens Woody Allen 2008 während der Dreharbeiten zu »Vicky Cristina Barcelona« spontan vor Gästen zwei Stunden lang Klarinette.
Antoni Tàpies, der Mann mit dem kritischen Blick hinter der runden Stahlbrille, malte bis zu seinem Tod. Im Vertrag mit der Stadt für die Fundació steht, dass er dem Museum jedes Jahr noch mindestens ein Gemälde stiften muss. Seine letzten geheimnisvollen Bilder kommen nun alle ins Museum. Er selbst hielt sie nicht für abstrakt. Vielmehr, so meinte er, seien es Abbilder der realen Wirklichkeit. Das war Antoni Tàpies Wahrheit. Sie gilt über seinen Tod hinaus.
MONTSERRAT CABALLÉ
geb. 1933
Das Barceloner Eigengewächs ging in die Welt hinaus, um ihre Stadt zu erobern. Nach Triumphen in New York, Mailand, London und Paris kehrte sie in ihre Heimat und auf die Bühne des Liceu zurück.
D ie Nabelschnur hatte sich fest um den Hals der Neugeborenen geschlungen. Die Gesichtsfarbe wurde blau-violett, das Mädchen drohte zu ersticken. Es war der 12 . April 1933 gegen 21.00 Uhr in einer kleinen Wohnung in der
Carrer d’Igualada
( ▶ D 1 ) , als Dr. Company bei der Hausgeburt die rettenden Handgriffe unternahm. Damit schenkte er Maria de Montserrat Viviana Concepción Caballé i Folc das Leben und der Welt eine der größten Operndiven. Vielleicht die größte lyrische Sopranistin nach Maria Callas: Montserrat Caballé, von ihren Freunden und Barceloner Fans nur »Montse« genannt.
Montserrat ist ein weit verbreiteter katalanischer Vorname und kommt von »montaña«,
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