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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfhart Berg
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acht Monate ins Gefängnis.
    Barcelona ist in dieser Zeit Hauptstadt einer anarchistischen Republik, in der sich Milizen verschiedenster kommunistischer Strömungen in Straßenkämpfen bekriegen. Links und rechts der Ramblas zwischen Plaça de Catalunya und dem Kolumbus-Denkmal 21 ( ▶ G/H 6 ) am Hafen gibt es täglich wechselnde Barrikaden, brennen Kirchen, sterben Unschuldige im nächtlichen Kugelhagel.
    Der 23 -jährige Ramon versteht sich als Klassenkämpfer für eine proletarische Diktatur mit nationalistisch-katalanischem Hintergrund. Seine Mutter, mittlerweile Agentin des sowjetischen Geheimdienstes NKWD , wirbt auch ihren Sohn an. Als Franco im Sommer 1936 den Bürgerkrieg beginnt, kämpft Ramon zunächst als Leutnant an der Front in Aragón für die Republikaner und wird durch eine Kugel in die Schulter verletzt. Zurück in Barcelona wechselt er im Untergrund wöchentlich seinen Unterschlupf zwischen Carrer Mercaders, Carrer Guifré und bei Freunden im Arbeiterviertel Barceloneta. Im ehrwürdigen Gaudí-Haus La Pedrera 9 ( ▶ E 2 ) im Passeig de Gràcia haben sich unterdessen die sowjetische KP , die Kommunistische Internationale und der stalinistisch-orientierte Geheimdienst NKWD eingenistet. Hier wird Ramon Mercader täglich ideologisch geschult. Aus Sicherheitsgründen legt er seinen Namen ab und wird beim Moskauer Geheimdienst als »soldado 13 « geführt.
    SOLDAT 13 BEGEGNET GEORGE ORWELL
    Soldat 13 überfällt eine Bank in der Gran Vía und kämpft nächtens in der Altstadt mit einem Gewehr vor allem gegen die trotzkistische Miliz der POUM (Partit Obrer d’Unificació Marxista), zu der Anfang 1937 auch George Orwell gehört. Im Hotel Continental ( ▶ F 5 ) an der Plaça de Catalunya begegnet er ihm und beschreibt »einen englischen Schriftsteller, der sich in Barcelonas Untergrund mehr fürchtet als an der Front in Aragon« . Dem NKWD wird Soldat 13 immer gefügiger, dem Soldaten Mercader der anarchistische Guerrilla-Krieg in Barcelona zu heiß. Er bekommt einen belgischen Pass mit dem Namen Jacques Mornard und wird in sein drittes Leben zur militärischen Ausbildung nach Moskau geschickt. Dann schickt die Zentrale ihren Mercader-Soldat- 13 -Mornard nach Paris. Hier lebt die Trotzki-Vertraute und US -Bürgerin Sylvia Ageloff. Ramon erwirbt sich ihr Vertrauen, ihre Liebe und verlobt sich mit ihr.
    Diese Geschichte erinnert irgendwie an die Zeit vor dem Mauerfall, als sich DDR -Agenten, die sogenannten Romeos, vor allem in der damaligen westdeutschen Bundeshauptstadt Bonn an die Sekretärinnen in den Schaltzentralen der Regierung und der Parteien ranmachten, um sie auszuspionieren.
    Der Agent Mercader wird auf den intellektuellen Weltrevolutionär und schärfsten Stalin-Konkurrenten Leo Trotzki angesetzt, dem 1932 die sowjetische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde und der ins Exil fliehen muss, zunächst nach Paris, dann nach Oslo, schließlich 1937 nach Mexiko. Trotzki lebt von messerscharf formulierten Zeitungsartikeln und Büchern (»Die verratene Revolution«) gegen seinen ideologischen Feind Stalin, der schließlich den Mordbefehl erteilt.
    Trotzki will seine Vertraute Ageloff als Sekretärin nach Mexiko holen. Die lebt aber noch in New York. Ramon Mercader, jetzt selbst Globetrotter der Revolution, der peu à peu seine katalanische Identität verliert, reist seiner Verlobten mit einem gefälschten kanadischen Pass auf den Namen Frank Jacson hinterher. 1939 kommen beide nach Mexico-City, Mercader wieder unter seinem belgischen Namen. Sylvia arbeitet wieder als Sekretärin für Trotzki in dessen Villa im Vorort Coyoacán, in der Avenida Rio Churubusco 410 . Das Haus ist heute ein Museum. Mercader erhält über seine Verlobte Zutritt zu Trotzki, gewinnt sein Vertrauen, indem er ihm seine eigenen kommunistischen Artikel zur Korrektur vorlegt.
    Selbst nach dem 24 . Mai 1940  – Stalins Agenten verüben als mexikanische Polizisten getarnt vergeblich ein dilettantisches Attentat – schöpft Leo Trotzki keinen Verdacht bei dem ihm nun schon länger bekannten »Belgier«. Sein Französisch ist auch nicht so gut, dass er hinter dessen Französisch den starken katalanischen Akzent heraushören könnte. Trotzkis Haus ist durch Alarmanlagen und Bodyguards gesichert. Wenn er nicht schreibt oder redigiert, spielt der Weltrevolutionär mit seinen beiden Schäferhunden oder kümmert sich um seine Kakteenzucht im Garten.
    MERCADER STICHT MIT DEM EISPICKEL ZU
    Am 20 . August 1940 ist es so weit. Moskau

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