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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfhart Berg
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setzt nach dem verpatzten Attentat seinen »Schläfer« ein. Mercader kommt wie ferngesteuert ins Haus des Leo Trotzki. Ramon schwitzt, es hat 36  Grad. Trotzdem fällt niemandem auf, dass er bei dieser Hitze einen Regenmantel trägt – und darunter einen Eispickel. Dieses 35  Zentimeter lange Werkzeug benutzte man, um Eisblöcke für Cocktails zu zerkleinern. Ramon kommt an den Wachen als vertrauter Bekannter vorbei, betritt den Arbeitsraum und legt Trotzki ein Manuskript vor. Als der sich darüberbeugt, sticht Mercader mit dem Eispickel mehrmals zu. Trotzki überlebt nur einen Tag. 300 000  Mexikaner folgen seinem Sarg, seine Leiche wird eingeäschert und im Garten seines Hauses begraben. Auf dem grauen Grabstein sind Hammer und Sichel unter dem Namen »Leon Trotsky« eingemeißelt.
    Der Mörder Ramon Mercader wird zu 20  Jahren verurteilt, die er bis auf den letzten Tag absitzen muss. Bereits 1941 , schon hinter mexikanischen Gittern, wird er von Stalin zum »Held der Sowjetunion« ernannt. Doch als Mercader am 6 . Mai 1960 aus dem Gefängnis Palacio de Lecumberri entlassen wird, will Moskau nichts mehr von ihm und schon gar nicht von Stalin oder Trotzki wissen. Und Spanien auch nicht. Denn da regiert immer noch der Diktator Franco.
    Nach Barcelona kann er nicht zurück, weil ihn die Todesstrafe erwartet. Die Tschechen erbarmen sich seiner, geben ihm unter dem Namen Jacques Vendendreschd einen Pass. So kann er in ein spanischsprachiges Land auswandern; als Revolutionär ist er bei Fidel Castro auf Kuba willkommen. Als er 1978 stirbt, darf er auf Wunsch seiner Verwandten unter dem Namen Ramon Iwanowitsch in Moskau beigesetzt werden.
    In Barcelona erinnert weder ein Grabstein noch eine Statue an ihn. Die dunkle, verdreckte Gasse Carrer Mercaders im Casc Antic hieß schon vor Ramons Geburt so. Mercader wurde in Barcelona vergessen, nur im Film nicht. 1971 verfilmt Joseph Losey die Geschichte des Revolutionärs unter dem Titel »Das Mädchen und der Mörder – die Ermordung Trotzkis«. Da spielt Alain Delon den Ramon, Richard Burton den Trotzki und Romy Schneider die Sekretärin Sylvia Ageloff.

ANTONI TÀPIES
    1923 – 2012
    Er war der bedeutendste zeitgenössische Künstler der Stadt. Ein politischer Maler, der von Picasso und Miró gefördert wurde. Er war der unumstrittene Star der linken Boheme von Barcelona.
    S eine Werke hängen im New Yorker Museum of Modern Art, im Pariser Centre Georges Pompidou und selbstverständlich in Barcelonas größtem Museum für Zeitgenössische Kunst,
Museu d’Art Contemporani de Barcelona
22 ( ▶ F 5 ) , dem MACBA an der Plaça dels Angels. In dieses supermoderne, beeindruckende Gebäude im ansonsten eher schmuddeligen Barri Raval rechts der Ramblas gehen viele nur wegen der Werke von Antoni Tàpies. Er gilt neben Picasso, Dalí und Miró als der wichtigste zeitgenössische Maler Kataloniens und ganz Spaniens. Und wie er selbst sagt, habe er von
Picasso
und
Miró
zu deren Lebzeiten zwischen 1948 und 1970 »unendlich viele Inspirationen erhalten«.
    Antoni stammt aus einer großbürgerlichen Familie und wird 1923 in eine Zeit hineingeboren, die in Barcelona stark vom katalanischen Republikanismus geprägt ist. Sein Vater arbeitet in einflussreicher Position als Jurist in der Generalitat, der katalanischen Landesregierung, und gibt ihm während des Bürgerkriegs 1936 bis 1939 eine kultivierte, liberale Anti-Franco-Einstellung mit auf den Weg. Antoni wird auf die besten Schulen geschickt, mehrere Jahre auch auf das Colegio Aleman, auf die Deutsche Schule in der Avinguda del Tibidabo, auf die auch der spätere katalanische Ministerpräsident Jordi Pujol ging.
    Antoni Tàpies wächst in der vornehmen, noch eher dörflichen Oberstadt, im Barri Sarrià auf, in einer Villa in der
Carrer de Sant Elies
( ▶ B 1 ) . Das ist der Stadtteil Barcelonas, der als schickes Quartier der linke Boheme gilt. Sarrià, das Gauche divine, das auch Gabriel Garcia Márquez zwischen 1969 bis 1975 erlebte und liebte, ist mit seinen oppositionellen Zirkeln und Künstlerabenden in den großzügigen Vorstadtpalästen auch der geistige Humus für den Jurastudenten Antoni Tàpies. Er liest Nietzsche, Thomas Mann, Heidegger und Sartre, zeichnet vor allem Bilder von Picasso, Miró sowie Van Gogh ab und befreundet sich mit dem katalanischen Dichter Josep Vincenç Foix. Der ist gleichzeitig Konditor; seine
Confitería Foix
11 ( ▶ F 5 ) in der Carrer Major de Sarrià no 57 gilt heute noch als die beste

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