Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
Rasse.«
»Eben deshalb ist sein Platz unter dem freien Himmel der Berge, wohin ich es wieder zu entlassen gedenke«, pflichtete Atharis bei. Obgleich er selbst Zuchtdrachen abzurichten pflegte, sah er in den Worten seines Vaters keine persönliche Anklage. Letztendlich, so fand er, verhielt es sich mit Drachen und Zuchtdrachen, wie mit Wölfen und Hunden.
Makantheo ließ sich etwas schwerfällig auf einem Baumstumpf nieder, dessen Wurzeln weit in den angrenzenden Teich ragten. Sein Sohn nahm neben ihm im Gras Platz, schlang die Arme um die angezogenen Beine und starrte nachdenklich auf die vom Wind leicht gekräuselte Wasseroberfläche. Hier hatten sie oft gesessen, als Atharis noch ein kleiner Junge gewesen war, und sein Vater hatte ihm Geschichten über tapfere Krieger und vergangene Königreiche erzählt ... und über Drachen.
Eine ganze Weile saßen sie in Gedanken versunken nebeneinander, bis Makantheo die Stille brach. »Arbeitet eigentlich dieses kleine Luder immer noch für dich?«
Atharis hatte keine Lust, diese alte Streitfrage von Neuem aufzurollen, und nickte nur stumm, ohne den Blick zu heben.
»Ich werde nie verstehen, wie du eine Diebin bei dir aufnehmen konntest, in dein eigenes Haus!« Makantheo bemühte sich, empört zu klingen.
»Sie ist eine engagierte Arbeitskraft«, erwiderte Atharis geistesabwesend und beobachtete einen kleinen Buntbarsch, der in dem seichten Gewässer seine Runden zog.
»Sie wird dir Stück für Stück das Haus forttragen«, kam forsch die Antwort.
Der Buntbarsch hatte Gefallen an einem Büschel Algen gefunden und zog heftig daran, wobei sein Schwanz energisch von einer Seite zur anderen schlug.
»Sie ist ein Kind der Straße, das gelernt hat zu stehlen, um zu überleben. Ich habe ihr gezeigt, dass es auch andere Dinge gibt, die sie gut kann. Abgesehen davon – solange sie bei mir wohnt, gehört alles auf der Farm auch ihr, was das Stehlen ziemlich überflüssig macht. In diesen alten Baracken gibt es nichts, was auf dem Schwarzmarkt von Wert wäre.«
Das Fischlein schnappte gierig nach dem fedrigen, grünen Etwas, das sich gelöst hatte und träge vor ihm durchs Wasser trieb.
Makantheo schwieg. Ihm waren die Wenn und Aber ausgegangen.
Der Buntbarsch spuckte die Alge wieder aus und schwamm fort.
Kapitel 3 - Elfenschwester
Makantheo saß in seinem Arbeitszimmer in dem Turm, der auf der nordöstlichen Seite des Hauptgebäudes der Kampfschule bescheiden emporragte. Misstrauisch starrte er auf den Brief in seinen Händen, den das Siegel des Herzogs Karatek von Hufwald zierte, dem Mann, der dieser Tage über die Stadt Silbersee und das Umland herrschte. Das Schreiben enthielt die Bitte – nein, eigentlich enthielt es die Anweisung – den jüngsten Sohn eines Kaufmannes in die Kampfschule aufzunehmen.
›Wieder so ein Nichtsnutz, den sein einflussreicher Vater mit Geld durch all die Schuljahre getragen hat‹, dachte Makantheo säuerlich.
Eltern, die sich etwas auf die Bildung ihrer Sprösslinge einbilden wollten und es sich leisten konnten, übergaben ihre Jüngsten meist schon im zarten Alter von fünf Jahren einer der Klosterschulen von Silbersee. Dort genossen die Kinder die landesübliche Grundausbildung mit einem zusätzlichen Schwerpunkt auf die Religion, die sich von Kloster zu Kloster unterschied. Da sich die wenigsten Kinder in diesem Alter für solche Dinge interessierten, waren sie selten an der Wahl der Schule beteiligt. Nach der Zeit der Grundausbildung verließen daher die meisten Schüler die Klöster, um ein Handwerk zu erlernen. Manche jedoch sahen ihre Bestimmung tatsächlich in dem ständigen Dienst zu ihrem Gott und blieben weitere acht Jahre. Den meisten von ihnen winkte eine Zukunft als Lehrer. Einige besondere Talente wurden angesehene Priester oder sogar Magier. Nur wenige, die nach der Harmonie von Geist und Körper strebten, kamen nach der Hälfte ihrer Ausbildungszeit in die Kampfschule. Hier lernten sie ihren Geist zu kontrollieren, ihren Körper zu verstehen und zu beherrschen und wurden in vielen unterschiedlichen Kampftechniken unterwiesen.
Nicht selten hatten jedoch die Eltern ehrgeizigere Ziele für ihre Kinder, als diese selbst. Die Einflussreichsten unter ihnen konnten es sich leisten, ein mit Goldmünzen unterlegtes Bittgesuch an den Herzog zu stellen, der wiederum die nötigen Instanzen in den Klöstern unter Druck setzte. So kam es immer wieder vor, dass untalentierte und auch uninteressierte
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