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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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dieser Reise. Es ist schwer, genauer zu sagen, welches Gefühl dem eigentlich zu Grunde lag, ich meinte, Züge in meiner Ehefrau zu entdecken, die ich früher nie gesehen hatte, aber wie weit diese Veränderung nun mit ihr oder mit mir selbst zu tun hatte, das konnte ich nicht ausmachen. Damals nicht und auch später nicht.
    Vor dem Hintergrund dieser neuen Gefühlsregungen bedeuteten jedenfalls ihre Äußerungen, dass sie einen Liebhaber habe und dass wir uns trennen müssten, eine große Belastung für mich. Ich versuchte mehrere Male, auf die unterschiedlichsten Weisen, sie aus diesem Wahn herauszuholen, und schließlich fragte ich, um wen es sich denn handele.
    »Mauritz«, antwortete sie nur.
    Das war auf einem Rastplatz an der Autobahn. Wir aßen Eierbrote und tranken Kaffee, das Wetter war schön. Schwarzweißgemusterte Kühe trotteten kauend über eine Kleewiese, die sich zu einem Flüsschen herabsenkte, soweit ich mich erinnere. Ein ungewöhnlich schöner Rastplatz alles in allem.
    »Mauritz Winckler?«
    »Ja.«
    »Du bist nicht ganz gescheit«, sagte ich. »Alle Frauen verlieben sich in ihren Therapeuten. Diesen Quatsch kannst du gleich vergessen.«
    Sie sah mich mit ernstem Blick an.
    »Ich weiß, dass ich dir wehtue«, wiederholte sie. »Aber meine Ehrlichkeit ist das Einzige, was ich habe. Er wird mich drunten in den Bergen treffen. So haben wir es abgemacht.«
    Da schlug ich sie, und danach redeten wir mehrere Tage lang nicht mehr darüber.
     
    Erst in der ersten Februarwoche begann ich der verborgenen Botschaft in Reins Text gewahr zu werden. Oder zumindest eines Aspekts davon. Spätabends, ein paar Minuten vor der Bibliotheksschließung, saß ich an meinem üblichen Tisch und ging das durch, was ich den Tag über zu Stande gebracht hatte. Die letzten Sätze lauteten:

    Rs gesamte Besessenheit vom absoluten Augenblick, dieser Instanz, bei der alles schräge Zukurzkommen und alle missglückten Besteigungen über den Haufen geworfen werden, sollte doch nicht das Tageslicht erblicken, eine Einsicht, die M schon lange hegte. Nebeneinander zu leben oder parallel oder für seinen Nächsten, diesen Zweifel hatte es bei der Frau nie gegeben, nichts wurde in Frage gestellt, dort am Strand ist sie einfach nur dort am Strand, einfach dort, und sonst nichts. Ein anwesendes schweres Ding in der steintoten Sicherheit des Meeres, der Schatten und der schreienden Möwen. O sterile Mutter Nichtigkeit! Kalter Fisch, kalte Fische; Seetang, verrottender Seetang, ein Wind, der nichts bekämpft, nicht spricht, nichts bietet; nichts hat etwas mitzuteilen nach einer langen, langen Reise. So ist M.

    Also das Wort in . Ich starrte es an. Las es ein paar Mal in dem kurzen Textabschnitt und konnte ums Verrecken keinen logischen Grund finden, diese unbedeutende Präposition kursiv zu setzen, und dann erinnerte ich mich an eine oder ein paar frühere Kursivsetzungen, die mir unmotiviert erschienen waren.
    Ich blätterte zurück. Es gab nur noch zwei. Auf Seite vier das Wort wie. Auf Seite sechzehn der Begriff der Dichter.
    wie der Dichter in
    Genau in diesem Augenblick trat Frau Moewenroedhe in die Präsenzbibliothek und hustete diskret. Ich packte meine Sachen zusammen und verließ die Bibliothek. Daheim bei Ferdinand Bol holte ich sie wieder hervor und blätterte weiter im Text. Nach vielleicht zehn Minuten hatte ich alles durchgesehen. Im ganzen Manuskript befanden sich nur noch zwei weitere Begriffe, die in Kursiv gesetzt worden waren:
    die Asche auf Seite 63
    der Erde auf Seite 158
    wie der Dichter in die Asche der Erde
    Ich brauchte einige Sekunden, um den Zusammenhang zu verstehen. Dafür war er, als ich ihn erst einmal erkannt hatte, um so offensichtlicher. Die Asche der Erde war der Name einer Novelle in der Sammlung »Die Traumkuppel«. Eine ziemlich kurze, tragikomische Geschichte über einen Schriftsteller, der ausgerechnet auf dem Höhepunkt seiner literarischen Laufbahn von Zwangsvorstellungen heimgesucht wird und glaubt, dass seine Ehefrau ihn ermorden will. Ich schob die Papiere von mir. Dann stiegen in mir zwei ziemlich widersprüchliche Gefühle hoch.
    Das erste war Wut. Oder Gereiztheit, die zumindest an Wut grenzte. Über etwas so unerhört Albernes. Warum in diesen fürchterlich schweren, teilweise fast unlesbaren Text etwas hineinschmuggeln? So etwas Billiges! Meine notdürftig unterdrückte Antipathie gegenüber Rein brach erneut auf, und ich weiß, dass ich einige Augenblicke lang mit dem Gedanken spielte,

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