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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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befand sich in einem Zweifamilienhaus. In einem Raum im Erdgeschoss mit gelb gestreiften Tapeten und Blumentöpfen auf der Fensterbank war offenbar geöffnet, wenn die Frau des Hauses daheim war. Ich drückte eine Klingel neben der Tür und wurde hereingerufen. Eine große Frau stand hinter einem provisorischen Tresen und bügelte Kleider. Lockenwickler im Haar und Zigarette im Mundwinkel.
    »Ich möchte telefonieren«, sagte ich.
    Sie nickte in eine Ecke des Raums. Ich drängte mich in die Kabine. Zweifellos ein umgebauter Schrank, immer noch hing in ihm ein Geruch nach Naphthalin und alten Anzügen.
     
    Ich fing mit Piirs an.
    Hatte nicht erwartet, ihn an den Hörer zu bekommen, und so war es auch. Ich hinterließ ihm die Nachricht, dass ich übermorgen zur gleichen Zeit wieder anrufen würde, und bat ihn, sich dann bereit zu halten.
     
    Machte weiter mit Mima.
    Sie saß in irgendso einer Besprechung bezüglich des Museums, wie mir gesagt wurde. Ich ließ nicht locker. Erzählte, dass es um einen Verwandten ging, der sehr krank war, und schließlich wurde sie doch geholt.
    »Ja?«, meldete sie sich, gleichzeitig voller Zweifel und Unruhe.
    Ich verstellte meine Stimme, so gut ich konnte, und ging ins Deutsche über.
    »Ihr Mann ist ein Betrüger.«
    Sie sagte nichts, aber ich konnte hören, wie sie den Atem anhielt.
    »Seine Handlungen werden nicht länger toleriert.«
    »Mit wem spreche ich bitte?«
    »Mit einem Freund.«
    »Was ... was wollen Sie eigentlich?«
    »Nur das, was ich sage. Sagen Sie ihm, dass wir von uns hören lassen werden.«
    »Ich verstehe nicht ... soll das ein Scherz sein?«
    Ich legte den Hörer auf. Überlegte eine Weile, ob ich auch im Elementar anrufen sollte, beschloss dann aber, damit noch zu warten.
    Lieber immer eins nach dem anderen, wie gesagt. Stattdessen holte ich die kleine Liste hervor, die ich mir gemacht hatte, und suchte im Telefonbuch. Bei zweien von fünf hatte ich Erfolg, mit ein bisschen Glück sollte das reichen. Ich notierte die Nummer neben den Namen.
    Joachim Braas     671 4209
    Verner Maasleitner     624 24 53

    Aber heute habe ich noch keinen von beiden angerufen. Ich habe noch keine Vorstellung, wie ich mein Problem darlegen soll, wenn ich den Kontakt bekomme, ich muss erst noch darüber nachdenken.
    Also faltete ich den Zettel zusammen und schob ihn wieder in die Brieftasche. Verließ den Schrank und bezahlte meine Gespräche bei der rauchenden Hausfrau. Dann kaufte ich noch eine Packung Briefpapier, Umschläge und Briefmarken bei ihr.
     
    Bevor ich den Ort verließ, lief ich noch einmal um die Kirche herum, eine graue Ziegelgeschichte mit Treppengiebel und Schieferdach, ein ziemlich traditionelles Gebäude aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, wenn ich mich nicht irre, möglicherweise noch mit Teilen aus früheren Epochen. Ich machte mir nicht die Mühe hineinzugehen, vielleicht ja beim nächsten Mal.
    Als ich an der Schule vorbei kam, einem Betonklotz deutlich jüngeren Datums, läutete es gerade zur Pause. Eine Kinderwolke stob auf den Schulhof, begann gegen die Spielgeräte zu hämmern und einander an den Haaren zu ziehen, die große Menge verwunderte mich, es waren sicher so um die siebzig, alle zwischen sechs und dreizehn Jahren. Gewiss, nicht meine Alterskategorie, aber dennoch spürte ich eine fast überwältigende Dankbarkeit dafür, dass ich mich in nächster Zeit nicht dem Unterricht widmen musste.
    Natürlich ist das ein Paradox.
    Darüber dachte ich nach, während ich durch den Wald zurückging. Es ist gewiss nicht einfach, meine genaue Beziehung zu dem Eindringling zu definieren. Vielleicht ist es so, wie Klimke schreibt, dass das Verhältnis zwischen einem neutralen Subjekt und einem als negativ bewerteten Objekt sehr wohl gut sein kann.
    Das Verhältnis an sich, meine ich.
    Ich schaue über die nassen, nackten Birkenschösslinge, aber sie geben keine Antwort. Stehen nur abwartend in der Dunkelheit.
    Und schaue auf das Licht und die Wärme auf der anderen Seite der Dunkelheit. Vielleicht in erster Linie dorthin.

    27

    Der 2. Februar

    Ein Tag ohne andere Ereignisse als die, für die ich mich selbst entschieden habe.
    Erneut schlief ich bis weit in den Vormittag hinein in der Herdwärme. Ein Traum hatte mich während der frühen Morgenstunden beunruhigt, aber ich bekam ihn nicht zu fassen, obwohl ich eine ganze Weile dalag und versuchte mich zu erinnern.
    Das Wetter war bedeutend besser als am Tag zuvor, ein fast weißer Himmel, an dem

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