Barins Dreieck
gehe ich ins Bett.
III
als hätte es dagelegen und in einer
stummen, ausgestorbenen Sprache
gesprochen, dort unten in dem
grünen Fruchtwasser
25
Der 30. Januar
Ich befinde mich in dem Haus.
Erneut muss mich eine Gedächtnislücke überfallen haben, da ich nicht weiß, wie ich hierher gekommen bin. Heute Morgen bin ich aufgewacht, weil ich gefroren habe. Ich lag eingewickelt in zwei der nach Rosshaar riechenden Decken in dem kleineren Zimmer. Vollständig angezogen. Hatte Feuer in dem offenen Kamin gemacht, aber offensichtlich war es irgendwann im Laufe der Nacht ausgegangen.
Es war also kalt. Eine stumme, abgestandene Kälte, die ich nicht vollkommen loswerden konnte, obwohl ich im Laufe des Tages reichlich einheizte. Es dauerte natürlich nicht lange, bis mir der Zusammenhang klar wurde, auch wenn ich nichts mehr davon weiß.
Ich muss gestern Nachmittag mit dem Bus hierher gekommen sein, genau wie ich es geplant hatte. Bin die Landstraße entlang gegangen, meine Fußspuren sind noch zu sehen, es hat in der Nacht nicht geschneit. Ich hatte mich auch reichlich mit Proviant versorgt ... Brot, Butter, Käse und Kaffee liegen in der Speisekammer hinten in der Küche. Einige Päckchen Trockenfrüchte auch. Zigaretten und eine Flasche Cognac, die kommt mir gerade recht, um die Kälte aus dem Körper zu treiben.
Ich kann mich nicht daran erinnern, etwas eingekauft zu haben. Wenn ich zurückdenke, dann weiß ich nur noch, dass ich das Ritz irgendwann im Laufe des Vormittags verlassen habe, ich bin auf den Karlsmarkt getreten und wurde von der weißen Sonne geblendet, die über dem Rathaus hing ... ja, da ist Schluss. Dann erwachte ich wieder gegen acht Uhr am Morgen. Es handelt sich diesmal also fast um einen ganzen Tag.
Während ich das schreibe, fällt mir ein alter Prozess ein, über den ich gelesen habe, ich weiß nicht, ob er sich tatsächlich zugetragen hat oder nur in der Literatur. Der Angeklagte wurde jedenfalls für ein Verbrechen zum Tode verurteilt, an das er sich erwiesenermaßen nicht erinnern konnte. Der gesamte betreffende Tag war in seiner Erinnerung ausgelöscht, dennoch wurde er deshalb zur Verantwortung gezogen.
Dennoch bekam er seine Strafe. Vielleicht ist das von Interesse.
Das Haus entspricht im Großen und Ganzen Heinz’ Beschreibung. Es liegt abgeschieden im Wald, der Weg führt aber weiter den Berg hinauf. Das Gelände ist ziemlich hügelig, zur Landstraße und zum Fluss fällt es fast die ganze Zeit ab, ein paar Kilometer weit, ich bin heute Nachmittag hin und zurück gegangen. Es gibt noch ein paar kleine andere Höfe, aber sie scheinen nicht bewohnt zu ein.
Der Wald hüllt das Haus von drei Seiten ein, ungepflegter Mischwald, in den sich Birkenschösslinge, Ebereschen und Espen verschlungen haben. Zum Weg auf der Vorderseite hin ist es offen, dort stehen nur ein paar altersschwache Obstbäume, ein Fliederbusch hinter dem Schuppen, der sehr mitgenommen aussieht.
Holzboden im Giebel, Trockenklo und ein Vorratsschuppen voll mit Gerümpel.
Einen Briefkasten gibt es nicht, hierher kommt wahrscheinlich kein Briefträger. Ein Brunnen ist da, aber Wasser und Strom sind ins Haus gelegt, das muss einiges gekostet haben, ich vermute, dass das zu Heinz’ Abzahlung seines schlechten Gewissens gehört. Ich weiß nicht, wo die Quelle ist, aber in den Rohren zischt und blubbert es, wenn man den Hahn in der Küche öffnet. Anfangs war das Wasser braun und roch intensiv nach Mineralien und Rost, aber nachdem ich es einige Minuten hatte laufen lassen, wurde es klar und rein.
Zwei Zimmer also und eine Küche mit einem großen Eisenherd, ich habe eingesehen, dass man hier einheizen muss. Wenn man richtig Feuer gemacht hat, hält sich die Wärme stundenlang. Vielleicht wäre es am besten, auf der Küchenbank zu schlafen.
Ein offener Kamin in dem größeren Zimmer und ein kleines elektrisches Heizelement im Schlafzimmer, das sind die anderen beiden Wärmequellen, das Element habe ich nicht zum Laufen gekriegt. Das Dach ist so niedrig, das ich nur mit Mühe und Not aufrecht stehen kann. Es ist außerdem eng hier, die Möbel würden für ein weiteres Zimmer reichen, sicher ist Frau Hellers aus einer größeren Wohnung hierher gezogen und wollte nichts zurücklassen. Schrank, Kommoden, drei Tische, von denen der größte gut und gern ein Viertel des Zimmers einnimmt, zehn Stühle insgesamt.
Überall Teppiche. Die Wände voller Bilder. Kleine, billige, grelle Hässlichkeiten ... ein bisschen
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