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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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peinlich bei diesem Sohn natürlich. Krüge, Vasen, Nippes, Puppen. Fünfundzwanzig Bücher, zehnmal so viele alte Zeitschriften. In der Garderobe und im Schrank im Schlafzimmer hängen und liegen noch alle Kleider ... es gibt auch einen Dachboden, aber den werde ich nicht kontrollieren. Und wie gesagt, jede Menge Gerümpel im Schuppen. Überladen, so kann man es bezeichnen. Ich verspüre eine gewisse Dankbarkeit bei dem Gedanken, dass ich nicht derjenige bin, der sich um das alles hier kümmern muss.
    Aber kein Fernseher. Kein Telefon. Ein altes Radio, das nur leise rauscht, wenn man es einschaltet.
    Die Außenwelt ist das, was man durchs Fenster sieht, sonst nichts. In drei Richtungen Wald und dann der schneebedeckte Fleck vorn. Die knorrigen Holzapfelbäume. Der Schuppen und der Fliederbusch. Der schmale, selten benutzte Weg zur Ortschaft Miijskens. Den ganzen Tag über habe ich nicht eine Menschenseele hier laufen gesehen. Vielleicht ist er ja auch ein Stück weiter den Berg hinauf zu Ende. Vielleicht untersuche ich diese Sache morgen einmal.
     
    Ich bin nicht bis zum Ort gegangen. Nur bis zur Bushaltestelle, dort entdeckte ich einen Kaufladen und ein Postamt. Die große Straße geht einmal quer durch, man schaut von dem einen Schild mit Geschwindigkeitsbegrenzung bis zum anderen. Eigentlich gibt es nur ein paar Häuser, die sich zwischen Fluss und Berg aneinanderdrängen. Ein paar kurze Querstraßen vermutlich. Eine Schule und eine Kirche.
    Mein Seitenweg liegt ein paar hundert Meter davor. Ich brauchte eine halbe Stunde dort hinunter. Fünfundvierzig Minuten zurück. Die Steigung ist kräftig, wie gesagt. Es muss anstrengend gewesen sein, meine Tasche und den Proviant mit hochzuschleppen.
    An den Plastiktüten kann ich sehen, dass ich bei Clauson & Clauson eingekauft habe, in dem Geschäft gegenüber der Bushaltestelle. Also bin ich mit dem Bus gekommen, aha.
    Jetzt ist es draußen dunkel. Der Wind wandert durch die Bäume.
    Ich fühle mich ziemlich unerreichbar.
    Fühle, dass es richtig war, hierher zu kommen.

    26

    Der 1. Februar

    Ein neuer Monat.
    Ich wachte mit einem Gefühl der Erwartung auf. Ich habe jetzt die zweite Nacht auf der Küchenbank geschlafen. Der Herd ist morgens immer noch warm, ich hatte auch noch einmal nachgelegt, bevor ich mich hinlegte.
    Bin früh eingeschlafen. So gegen zehn Uhr, wie ich denke. Elf Stunden tiefer Schlaf, so tief, dass es mich fast überrascht, dass ich überhaupt in der Lage bin, wieder aufzustehen. Es scheint in meinem Körper ein aufgestautes Bedürfnis nach Ruhe zu geben, jetzt endlich ist die Zeit gekommen, dem nachgeben zu können. Die frische Luft, das Feuer und die Einsamkeit, das sind die Bestandteile, aus denen meine Therapie aufgebaut ist.
    Vielleicht auch noch die Zeit, die unbegrenzt erscheint, jedenfalls mehr oder weniger.
    Mein Ziel steht fest, aber der Weg dorthin ist noch nicht abgesteckt. Ich sehe ein, wie wichtig es ist, nichts zu überstürzen. Ich weiß, was ich zu tun habe, wenn die Zeit gekommen ist, aber bis dahin mache ich lieber eins nach dem anderen und alles mit Sorgfalt, als zu versuchen, möglichst viel zu schaffen. Geld habe ich genug, um erst einmal eine Weile zurecht zu kommen. Heinz’ Schwester wird nicht vor zwei Monaten auftauchen. . . die Situation ist gut geplant, da herrscht kein Zweifel. Mir ist klar, dass mir das Spiel, das jetzt schon so lange währt, in die Hände gelegt wird.
    Es ist natürlich ein schönes Gefühl, wieder die Kontrolle zu bekommen, wieder Herr über das eigene Schicksal zu werden. Nach nur wenigen Tagen hier draußen wage ich das festzustellen. Ich werde es schaffen.
     
    Der gestrige Tag verlief im Großen und Ganzen so, wie ich es mir gedacht hatte. Das Wetter war feucht und grau, aber ohne direkten Regen. Als ich am Vormittag zum Ort hinunterging, lief das Schmelzwasser in kleinen Bächen die Wände hinunter. Die Temperatur muss deutlich über Null gelegen haben, ich habe überall im Haus nach einem Thermometer gesucht, aber keins gefunden.
    Der Kaufmannsladen ist nicht einmal ein richtiger Laden, nur ein ganz einfacher Kiosk. Eine Servicestation mit dem üblichen begrenzten Angebot. Ich kaufte wieder Brot, Käse und Butter. Ein Stück geräucherter Wurst. Joghurt, ein bisschen Gemüse und eine Flasche Cognac. Fragte nach einem Telefon. Doch, es gab eins im Postamt im nächsten Haus.
    Ich bedankte mich. Dafür doch nicht, sagte das Mädchen und warf mir ein finsteres Lächeln zu.
     
    Das Postamt

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