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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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nach dem langen Aufenthalt im Fluss brauche ich dringend neue Kraft!« Der Afrit streckte die Hand aus – und dabei fiel sein Blick auf die Wolke, die sich inzwischen über den Hof wälzte und unterwegs alles Licht aufsog. Das Gerippe starrte sie an und wackelte unschlüssig mit dem Unterkiefer.
    »Nanu, nanu«, sagte es leise. »Wen haben wir denn da?«
    Kitty und Jakob drückten sich an die Mauer, aber das Gerippe kümmerte sich nicht mehr um sie. Es ließ das Becken kreisen, richtete sich hoch auf und rief der Wolke etwas in einer fremden Sprache zu. Kitty spürte Jakob zusammenzucken. »Das war Tschechisch«, flüsterte er. »So was wie: ›Na, willst du es mit mir aufnehmen?‹«
    Der Totenkopf drehte sich um 180 Grad und glotzte sie an. »Entschuldigt mich kurz, Kinder. Ich muss eben was erledigen. Bin gleich wieder da. Wartet so lange hier.«
    Mit rasselnden Knochen stapfte es in weitem Bogen in die Mitte des Hofs und ließ dabei die immer weiter anschwellende Wolke nicht aus den Augenhöhlen. Kitty gab sich einen Ruck und sah sich um. Die Straße lag in tiefem Schatten, die Sonne war nur noch eine matt schimmernde Scheibe. Die Wolke versperrte den Eingang zur Hofanlage und ringsum blickten glatt verputzte Mauern und vergitterte Fenster auf sie herab. Kitty fluchte. Wenn sie eine Kugel dabei hätte, nur eine einzige, könnte sie einen Fluchtweg freisprengen. So aber saßen sie wie Ratten in der Falle.
    Neben sich hörte sie Schwingen schlagen und jemanden landen. Der Dämon Bartimäus legte die zarten Flügel an und nickte ihr höflich zu. Kitty fuhr erschrocken zurück.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte der Junge. »Ich habe Anweisung zu verhindern, dass du mit dem Auto flüchtest. Sobald du in die Nähe des Wagens kommst, muss ich dich aufhalten. Ansonsten kannst du tun, was du willst.«
    »Was geht hier eigentlich vor?«, fragte Kitty stirnrunzelnd. »Was ist das für ein dunkles Ding?«
    Der Junge seufzte. »Erinnerst du dich an den Golem, den ich vorhin erwähnt habe? Er ist zurückgekommen. Irgendwer hat beschlossen, sich einzumischen. Warum, dürfte unschwer zu erraten sein. Der verfluchte Stab ist an dem ganzen Ärger schuld.« Er spähte durch den schwarzen Nebel. »Da fällt mir ein… Was macht denn…? O nein, bloß nicht! Bitte sag mir, dass er nicht… Herrje, das war ja mal wieder klar. Dieser Schwachkopf!«
    »Wer?«
    »Mein hochverehrter Herr und Meister. Er will den Stab aktivieren.«
    Schräg gegenüber hatte sich der Zauberer John Mandrake an die Mauer neben der Limousine zurückgezogen. Ohne auf die Kapriolen des Gerippes zu achten, das mittlerweile vor der unaufhaltsam anrückenden Wolke auf und ab stolzierte und sie beschimpfte, stand er auf den Stab gelehnt da, hielt den Kopf gesenkt und die Augen wie ein Schlafender geschlossen. Kitty glaubte zu erkennen, dass er die Lippen bewegte und irgendetwas vor sich hinmurmelte.
    »Das kann ja nur in die Hose gehen«, meinte der Dämon kopfschüttelnd. »Wenn er nämlich eine einfache Aktivierung ohne irgendwelche Fessel-oder Dämmzauber vornimmt, fliegt ihm das Ding um die Ohren. Er hat keine Ahnung, wie mächtig der Stab ist. Mindestens so mächtig wie zwei Mariden. Aber seit ich den Bengel kenne, leidet er an krankhaftem Ehrgeiz.«
    Kitty verstand praktisch kein Wort, aber es war ihr auch gleichgültig. »Bitte, Bartimäus… so heißt du doch, oder? Wie kommen wir hier weg? Kannst du uns nicht helfen? Du kannst uns doch bestimmt ein Loch in die Mauer schlagen!«
    Der Junge musterte sie aus dunklen Augen. »Und warum sollte ich das tun?«
    »Äh… du… du hast doch eigentlich nichts gegen uns. Du musst doch nur deine Befehle ausführen…« Es klang reichlich lahm.
    Der Junge sah sie finster an. »Ich bin ein Ungeheuer, hast du selber gesagt. Aber auch wenn ich euch ausnahmsweise helfen wollte, wäre es ungeschickt, gerade jetzt irgendwelches Aufsehen zu erregen. Unser Freund, der Afrit, hat uns vorläufig vergessen. Ihm ist nämlich eingefallen, dass Golems wie dieser bei der Belagerung von Prag Gladstones Armee großen Schaden zugefügt haben.«
    »Es hat irgendwas vor«, flüsterte Jakob, »das Skelett…«
    »Richtig. Kopf runter.« Die dunkle Wolke hatte Halt gemacht, als bestaune sie die Possen und Verrenkungen des Gerippes. Dann schien sie einen Entschluss gefasst zu haben, denn auf einmal krochen aus der schwarzen Masse Fangarme auf Mandrake und den Stab zu. Daraufhin riss das Gerippe den Arm hoch und feuerte einen

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