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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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und erst recht zu dem widerlichen Friedhofsgestank, den uns ein Lüftchen zutrug.
    »Auweia.« Das war ich – wortgewandt wie immer.
    Mit klappernden Knochen und einem ausgelassenen Juchzer sprang der Afrit Honorius auf die Motorhaube, die Schenkelknochen gespreizt, die Hände keck auf dem Becken und den Schädel schief gelegt. Von der Morgensonne umspielt, schaute er prüfend in die Runde.

Kitty
45
    Im ersten Schreck vergaß Kitty die vertraute Umgebung, spürte nicht mehr das Pflaster unter den Füßen, atmete keine Morgenluft mehr, sondern war wieder unter der Erde, saß in einer finsteren Gruft in der Falle, schmeckte den Tod auf der Zunge unIm ersten Schreck vergaß Kitty die vertraute Umgebung, spürte nicht mehr das Pflaster unter den Füßen, atmete keine Morgenluft mehr, sondern war wieder unter der Erde, saß in einer finsteren Gruft in der Falle, schmeckte den Tod auf der Zunge und sah, wie ihre Freunde vor ihren Augen umgebracht wurden. Sie empfand wieder Grauen und Hilflosigkeit, spürte, wie sich all ihre Kraft und Entschlossenheit in nichts auflösten wie vom Feuer verzehrte Papierschnitzel. Sie konnte kaum noch atmen. ah, wie ihre Freunde vor ihren Augen umgebracht wurden. Sie empfand wieder Grauen und Hilflosigkeit, spürte, wie sich all ihre Kraft und Entschlossenheit in nichts auflösten wie vom Feuer verzehrte Papierschnitzel. Sie konnte kaum noch atmen.
    Als sie wieder zu sich kam, war ihre erste Empfindung eine Riesenwut auf den Dämon Bartimäus. Seine Behauptung, er habe den Afriten aus der Gruft erledigt, war eine gemeine Lüge gewesen. Ihr zweiter Gedanke galt Jakob, der zitternd neben ihr stand. Jetzt musste er durch ihre Schuld sterben – davon war sie fest überzeugt und sie machte sich schwere Vorwürfe deswegen.
    Das Gerippe war nur noch spärlich bekleidet, und das Wenige, was noch von seinem Anzug übrig war, hing in Fetzen von den vergilbten Knochen. Auch die Goldmaske fehlte, in den schwarzen Augenhöhlen brannten zwei rote Flämmchen. Sonnenlicht fiel durch den Brustkorb, und die Reste der Anzugjacke und Hose und Schuhe waren gänzlich verschwunden, was jedoch der guten Laune des gräulichen Geschöpfs keinen Abbruch tat, im Gegenteil: Es hüpfte mit abstoßender Gelenkigkeit von einem Fuß auf den anderen.
    »Das nenn ich ein frohes Wiedersehen!«, frohlockte es glockenrein zwischen den wackligen Zähnen hervor. »Was will man noch mehr? Da bin ich wieder, munter wie ein Lämmlein auf der grünen Wiese, höchstens ein bisschen feucht um die Knorpel, und erfülle meinen Auftrag. Was ich vorhabe? Ich bin einfach nur der Witterung meiner verlorenen Schätze gefolgt. Und was sehe ich da? Meinen Stab natürlich! So gut wie neu… aber das ist noch nicht alles… Ich sehe auch noch zwei andere Lämmlein für mich zum Spielen, zwei Lämmlein, über die ich ausführlich nachgedacht habe, als mich das eisige Wasser bis zur Flussmündung gespült hat und mir mein schöner Anzug vom Gebein gefault ist! Sieh mich nicht so unschuldsvoll an, Süße«– die Fistelstimme schlug in ein höhnisches Knurren um –, »du bist eins der beiden Lämmlein! Die kleine Maus, die meinen Herrn in seiner letzten Ruhe gestört und seinen Stab gestohlen hat und die es schick findet, mit widerlichem Silber in der Tasche herumzulaufen. Mit dir rechne ich ganz zum Schluss ab!«
    Das Gerippe machte mit emporgereckten Armen einen Satz, pochte mit dem Mittelfußknochen auf die Kühlerhaube und deutete mit dem Skelettfinger auf Bartimäus, der noch immer in der Gestalt des dunkelhäutigen Jungen dastand. »Dann hätten wir noch dich!«, fuhr es fort. »Du hast mir mein Gesicht gestohlen…du hast mich in der Themse ertränkt. Ich bin ja so was von sauer auf dich!«
    Falls der Dämon Angst hatte, schauspielerte er gekonnt. »Kann ich nachvollziehen«, erwiderte er gelassen. »Ich bin selber ein bisschen enttäuscht. Kannst du mir mal verraten, wie du hierher gekommen bist?«
    Das Gerippe mahlte zornig mit dem Unterkiefer. »Purer Zufall hat mich davor bewahrt, auf immer der Vergessenheit anheim zu fallen«, zischelte es. »Als ich wehrlos in den kalten schwarzen Fluten trieb, verhakte sich mein Ellbogen in einer rostigen Kette. Ich klammerte mich mit Klauen und Zähnen daran fest, kämpfte gegen den Sog des Meeres an und kletterte zum Licht empor. Und wo kam ich heraus? Auf einem alten Lastkahn, der über Nacht Anker geworfen hatte. Während das tückische Wasser aus meinen Knochen rann, kehrte meine Kraft zurück.

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