Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
liegt, dass sie von ihren grausamen Herren in verstöpselte Flaschen, verschlossene Sandelholzkästchen oder andere Behältnisse gesperrt wurden. 1
(Wenn sich ein Zauberer zum Unbeschränkten Bannzauber hinreißen lässt, steckt er die zu bestrafende Wesenheit normalerweise in den nächstbesten Behälter, der ihm unterkommt. Als ich irgendwann einem meiner Herren beim Teestündchen gar zu frech kam, hockte )
So grausam eine solche Bestrafung auch ist, sie hat immer hin den Vorteil, dass man seine Ruhe hat. Man wird nicht andauernd beschworen und muss irgendetwas tun, sodass die ohnehin angeschlagene Substanz nicht unmittelbar leidet. Die größte Gefahr dabei ist die tödliche Langeweile, die den Betreffenden in den Wahnsinn treiben kann. 2 ( Der Afrit Honorius ist dafür ein gutes Beispiel. Er wurde irre, weil er hundert Jahre lang in ein menschliches Gerippe gebannt war. Ich bin überzeugt, dass ich dank meiner faszinierenden Persönlichkeit wenigstens ein bisschen länger durchgehalten hätte. )
Meine momentane Zwangslage war das genaue Gegenteil. Mir war die Bequemlichkeit einer gemütlichen Wunderlampe oder eines Amuletts nicht vergönnt, o nein, ich musste tagein, tagaus als Dschinn für alle Fälle durch die Straßen streifen, mich verstecken, ducken, in Gefahr begeben und meiner Haut wehren. Was mir von Tag zu Tag weniger gelingen wollte.
Denn ich war nicht mehr der unerschrockene Bartimäus von einst. Meine Substanz war vom verderblichen Einfluss dieser Welt zermürbt, mein Bewusstsein von Schmerzen getrübt. Ich wurde immer langsamer und schwächer, konnte meinen Pflichten kaum noch nachkommen. Ich hatte Schwierigkeiten, die Gestalt zu wechseln. In der Schlacht war ich nur noch zu läppischen und lahmen Angriffen imstande – meine Detonationen hatten die Explosivkraft von lauwarmer Limonade, meine Schüttelkrämpfe waren wabblig wie Götterspeise. Meine Kräfte hatten mich verlassen. Wo ich früher bei einem Scharmützel wie dem gestrigen der Schweinedame das Klohäuschen postwendend zurückgepfeffert und noch eine Telefonzelle und eine Bushaltestelle draufgepackt hätte, konnte ich mich heutzutage solcher Attacken nicht mehr erwehren. Ich war kraftlos wie ein neugeborenes Kätzchen. Zwar ging ich nicht gleich drauf, wenn ich die eine oder andere öffentliche Bedürfnisanstalt in die Visage bekam, aber ich war schon so tief gesunken, dass ich einen Schnösel wie Ascobol um einen Gefallen bitten musste, einen Trottel bar jeglicher nennenswerter Großtaten. 3
(Schon komisch, dass Wesenheiten wie ich, trotz ihres Zorns darüber, in eure Welt beschworen zu werden, im Rückblick aus den dort vollbrachten Großtaten erstaunliche Genugtuung schöpfen. Zuerst versuchen wir natürlich, uns, so gut es geht, zu drücken, hinterher jedoch verspüren wir oftmals einen gewissen Stolz auf die raffiniertesten, mutigsten und spektakulärsten Aktionen unserer Laufbahn. Ein Philosoph würde das vielleicht dem Umstand zuschreiben, dass wir uns über unsere Erlebnisse in eurer Welt »definieren«, weil wir uns am Anderen Ort nicht richtig als Einzelwesen empfinden. Deshalb fühlt sich jemand mit einer langen, ruhmreichen Karriere (z.B. ich) jemandem überlegen, dessen Name erst kürzlich wieder ausgebuddelt wurde (z.B. Ascobol) und der noch keine lange Latte von Ruhmestaten vorweisen kann. Was Ascobol betrifft, konnte ich den Kerl schon wegen seiner albernen Piepsstimme nicht ausstehen, die einfach nicht zu einem an die drei Meter großen Zyklopen passt. )
Wenn ich irgendwann das Pech hatte, auf einen Gegner mit einem Fünkchen Macht zu treffen, war ich erledigt.
Ein schwacher Dschinn ist ein schlechter Diener – im doppelten Sinne, denn er ist nicht nur unfähig, sondern macht sich auch noch zum Gespött. Ein Zauberer tut sich keinen Gefallen damit, einen solchen Dschinn zu behalten. Deswegen gestattet man uns normalerweise zwischendurch, eine Zeit lang am Anderen Ort zu verweilen, damit wir unsere Substanz aufpäppeln und neue Kräfte sammeln können. Kein Herr, der einigermaßen bei Trost ist, lässt zu, dass ein Dschinn so vor die Hunde geht wie ich.
Kein Herr, der einigermaßen bei Trost ist – tja, da lag der Hase im Pfeffer.
Etwas huschte über meinen Kopf hinweg. Das Mädchen verscheuchte die trüben Gedanken und blickte auf.
Über der Straße erschien ein hauchzartes Leuchten, gelbe und rosafarbene flirrende Lichtpünktchen. Auf der ersten Ebene war das Leuchten unsichtbar, weshalb die umherschlurfenden
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