Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
ihn in die Knie gezwungen, nur ab und zu tauchte sein vor Anstrengung und von der erstickenden Strahlung blaurot angelaufenes Gesicht auf. Er rang nach Luft wie ein Ertrinkender, hieb aber unverdrossen um sich. Zerlaufende Substanzteilchen sprenkelten den Boden wie Sägespäne.
Der Dolch ist auch aus Silber, dachte Nathanael, dem können sie nicht lange standhalten. Irgendwann schüttelt er sie ab.
Diese beunruhigende Erkenntnis spornte ihn an. Mit dem Rücken an der Wand und erhobener Wurfscheibe schob er sich an den Kämpfenden vorbei um die Ecke. Dabei sah er, wie der Söldner einen Schatten säuberlich mittendurch schnitt. Nathanael hielt sich nicht länger damit auf. Er hatte es eilig.
Den Flur entlang, immer tiefer ins Gebäude hinein. Die Stahltür mit der kleinen Luke kam in Sicht. Der Eingang zur Schatzkammer.
Nathanael kam schlitternd zum Stehen und drehte sich noch einmal um. Gerangel, Keuchen, schauriges Ächzen. Achte gar nicht auf ihn. Und was jetzt?
Er betrachtete die Tür. Sie sah unverdächtig aus. Die Luke mit dem Sichtgitter, eine schlichte Klinke. War irgendwo ein Sicherungsmechanismus eingebaut? Gut möglich, andererseits hatte der Aufseher nichts dergleichen erwähnt. Drinnen lauerte eine Pestilenz, so viel wusste er, aber wie wurde sie ausgelöst? Indem man die Tür öffnete?
Nathanaels Hand verharrte unschlüssig über der Klinke. Sollte er sich trauen?
Ein letzter Blick über die Schulter überzeugte ihn davon, dass ihm nichts anderes übrig blieb. Ohne den Stab war er ein toter Mann. Er griff nach der Klinke, drückte sie herunter, zog daran…
Nichts geschah. Die Tür rührte sich nicht.
Fluchend ließ Nathanael die Klinke wieder los. Abgeschlossen. Ein Schlüsselloch war nirgends zu sehen. Er überlegte fieberhaft. Ein Schließzauber? Woher sollte er den Gegenzauber nehmen?
Ihm kam ein ganz dummer Gedanke. Noch einmal betätigte er die Klinke und diesmal drückte er gegen die Tür, statt daran zu ziehen.
Na bitte. Sie ging nach innen auf. Nathanael hielt den Atem an.
Keine Pestilenz brodelte ihm entgegen, nur die automatische Beleuchtung flammte auf. Vielleicht saß ja ein Kobold in der Kammerdecke. Alles war wie vor zwei Tagen: ein kahler Raum, in der Mitte der Marmorsockel mit den Schätzen, um den Sockel herum der breite Ring aus olivgrünen Fliesen, der fast bis an die Schwelle reichte.
Nathanael rieb sich das Kinn. Wahrscheinlich wurde die Pestilenz ausgelöst, wenn man auf die grünen Fliesen trat. Dann war einem ein qualvoller Tod gewiss. Kein besonders verlockender Gedanke. Aber wie konnte man den Mechanismus umgehen? Zum Drüberspringen war der Fliesenring zu breit, eine Leiter oder etwas Ähnliches zum Drüberstellen hatte er nicht und fliegen konnte er nicht.
Er wusste nicht weiter. Umkehren kam nicht infrage, dafür war die Lage zu verfahren. Außerdem hing Kittys Schicksal davon ab, dass er mit dem Stab zurückkam. Aber die Kammer zu betreten, war der sichere Tod, da halfen weder Schutzschild noch Bannspruch.
Sein Blick fiel auf einen Gegenstand ganz oben auf dem Schatzhaufen. Ein ovaler Jadestein in einer kunstvoll ziselierten Goldeinfassung, der an einer kurzen Kette über einem geschnitzten Schmuckständer hing. Das Amulett von Samarkand. Nathanael wusste, wie mächtig es war, hatte mit eigenen Augen gesehen, wie es den mächtigen Dämon Ramuthra vertrieben hatte. Da würde es ja wohl mit einer vergleichsweise harmlosen Pestilenz fertig werden. Wenn er einfach drauflosrannte?
Nein, der Sockel war zu weit weg. Bevor er nach dem Amulett greifen konnte, würde…
Es war kein Geräusch, das ihn aufhorchen ließ, denn draußen im Gang war es ganz still. Es war eher eine Eingebung, eine Ahnung, die ihn schaudern und sich umdrehen ließ. Als er sah, was los war, wankten ihm die Knie und ihm wurde übel.
Mit Dolch und Fäusten war es dem Söldner gelungen, alle Schatten bis auf einen loszuwerden. Sie lagen zerstückelt und noch zuckend am Boden. Zwar kamen immer noch welche aus der Wand, und einer davon feuerte einen blauen Blitz auf den Söldner ab, der ihn kurz aus dem Gleichgewicht brachte, aber der Kerl brach nicht zusammen. Ohne auf den Schatten zu achten, der auf seiner Schulter hockte und ihn zu erdrosseln versuchte, bückte sich der Söldner und zog erst den einen und dann den anderen Stiefel aus.
Dann trat er ein Stück zurück und sofort ließ das Interesse der Schatten an seiner Person nach. Stattdessen tummelten sie sich um die Stiefel,
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