Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
sprangen von der Hitze. Ich wirkte einen kleinen Schutzschild, um das Gröbste abzuhalten. Der Stab vibrierte immer heftiger, das Beben fuhr uns den Arm
hoch, dass uns der Schädel brummte.
Meinst du, das reicht?, fragte der Junge.
Müsste eigentlich. Nein, geh lieber auf Nummer Sicher und halt noch ein bisschen drauf.
Ich kann ihn kaum noch bändigen. – Aua!
Ich hatte etwas aufsteigen sehen und war ausgewichen, aber die Detonation erwischte uns trotzdem, durchschlug meinen Schild und traf uns noch im Abschmieren in die Flanke. Der Junge schrie auf und ich stimmte ein. Zum ersten und letzten Mal spürte ich menschliche Schmerzen. Weshalb, weiß ich nicht, vielleicht kam es davon, dass sich sein schwerfälliger Körper so gar nicht wehrte, jedenfalls geriet meine Substanz vor Angst in Aufruhr. Der Junge war einer Ohnmacht nahe, er lockerte seinen Griff um den Stab, dessen magischer Strahl zu erlöschen drohte. Ich packte fester zu, riss den Stab herum und schickte einen weißen Blitz in die Kuppel empor, wo er Rufus Lime mittendurch schnitt. Die beiden Hälften fielen dampfend zu Boden, ich versiegelte den Stab wieder und wir landeten ziemlich ungeschickt in einer Gruppe Palmen und Kübelpflanzen.
Der Junge hatte nichts Besseres zu tun, als tatsächlich ohnmächtig zu werden, und schloss unsere Augen. Ich öffnete sie gewaltsam und jagte meine Substanz durch seine Nervenbahnen. WACH AUF!
Er kam wieder zu sich. »Meine Rippen…«
Nicht hinsehen. Alles bestens. Und Nouda? Tja, nicht so doll. Drüben hinter den umgekippten Picknicktischen
und Abfalleimern war der Boden aufgerissen und verbrannt. Wo fröhliche Kinder Karussell gefahren waren, gähnte ein rauchender Krater, darin wogte etwas Großes, Unförmiges umher und rief nach mir.
»Bartimäus! Komm sofort her! Das ist ein Befehl! Ich will dich für deinen Ungehorsam strafen!«
Er sah endgültig nicht mehr wie ein Mensch aus.
»Sieh her, Bartimäus! Obwohl ich solche Qualen leide, werde ich immer stärker! Ich streife diese elende Hülle ab!«
Bartimäus… meine linke Seite… ich spüre nichts mehr. Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. Du verheimlichst mir etwas. Da – was hast du eben gedacht? Nichts. Dass wir aufstehen müssen. Verduften. »Wo bist du, Bartimäus?«, fragte die Donnerstimme. »Ich will dich mir einverleiben. Das ist eine große Ehre für dich!«
Meine ganze Seite ist taub, ich kann nichts mehr… Ganz ruhig. Mal sehen, ob ich uns rausfliegen kann. Nein, warte. Was ist… mit Nouda? Der ist alt genug und kann selber fliegen, und jetzt… Wir dürfen nicht abhauen, solange er… Er bleibt hier und wir verabschieden uns. NEIN.
Ich wollte losfliegen, aber der Junge sträubte sich. Er machte sich ganz steif und auch sein Wille ging mit meinem in den Clinch. Wir stiegen ein Stück empor, plumpsten wieder ins Farnkraut und landeten schließlich hinter einem Baum. Das hatte immerhin den Vorteil, dass uns der Stamm vor Noudas unzähligen Augen verbarg. Er kauerte jetzt als rußiger Klumpen auf dem Kraterrand.
Nathanael, du verdammter Blödmann, lass mich gefälligst machen! Das hat doch alles keinen Zweck. Wie kommst du denn…? Etwa doch? Ich lese gerade deine Gedanken. Ach das. Hör mal, ich bin kein Arzt. Vergiss es. Vielleicht liege ich ja völlig falsch. Aber du liegst nicht falsch, stimmt’s? Sei wenigstens ein Mal ehrlich.
Verstohlenes Blättergeraschel. Ich wandte unseren Kopf, froh über einen Anlass, das Thema zu wechseln. »Da geht’s uns doch gleich besser«, sagte ich munter. »Hier kommt nämlich Kitty.«
IV Nathanael
Ihr Haar war verfilzt und zerrauft und auf der Wange hatte sie einen Kratzer, aber Nathanael atmete auf, denn sonst schien sie unversehrt. Abermals schlug seine Erleichterung unvermittelt in Zorn um. »Was machst du denn noch hier?«, zischte er. »Hau ab!«
Er erntete einen ärgerlichen Blick. »Die Leute sind außer Gefahr«, flüsterte sie. »Und sie haben es uns nicht leicht gemacht. Das war einer von denen.« Sie deutete auf den Kratzer. »Ein schöner Dank. Aber egal, ich wollte unbedingt nachsehen, wie… wie ihr zurechtkommt.« Ihr Blick fiel auf Nathanaels Wunde und sie riss die Augen auf. »Was ist das denn?«
»Laut Bartimäus nichts, weswegen man sich Sorgen machen müsste«, erwiderte Nathanael ironisch.
Kitty beugte sich vor. »Ach du Schande. Kannst du laufen? Du musst hier weg.«
»Noch nicht.« Nach dem ersten Schmerz hatte sich die Taubheit rasch ausgebreitet. Nathanael
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