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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Eisenhaken an den Wänden steckten, vielleicht lag es aber auch nur an meiner eigenen Fantasie – jedenfalls wurde ich von Stufe zu Stufe beklommener. Dann endete die Treppe unvermittelt vor einer offenen schwarzen Steintür, hinter der mattes blaugrünes Licht stetig flackerte. Außerdem drangen verdächtige Geräusche zu uns heraus. Faquarl und ich blieben wie angewurzelt stehen, unsere Substanz erzitterte.
    »Na los«, sagte Gezeri. »Er wartet schon.«
    Wohl oder übel rissen sich die beiden Kobolde zusammen und betraten Khabas Kellergewölbe.
    Unter anderen Umständen hätten wir an diesem grausigen Ort sicherlich einiges Sehenswerte entdeckt. Man erkannte auf den ersten Blick, dass der Zauberer hier viel Zeit verbrachte und sich große Mühe gegeben hatte, den Raum nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Wände und Decke waren nach ägyptischer Art mit flachen Steinreliefs bedeckt, ebenso die gedrungenen Säulen, auf denen die gemauerte Decke ruhte. Die Säulenkapitelle bestanden aus stilisierten Papyrusbündeln, dazu noch der durchdringende Geruch von Weihrauch und Natron… man wähnte sich eher in den Katakomben der Tempel von Karnak als tief unter Jerusalems geschäftigem Hügel.
    Khabas Werkstatt quoll von Werkzeugen und magischen Gerätschaften über, ebenso von stapelweise Schriftrollen und Schreibtafeln, die aus geplünderten Gräbern längst untergegangener Kulturen stammten. Was Faquarl und mir jedoch als Allererstes auffiel, war weder die prächtige Ausschmückung der Kammer noch der übrige Krimskrams, sondern die unverkennbaren Hinweise auf die eher privaten Interessen des Zauberers.
    Khaba interessierte sich für den Tod.
    Überall lagen Knochenhaufen.
    In einem Schrank lagerten Schädel.
    Daneben befand sich ein Gestell mit Mumien – manche uralt, andere ganz frisch.
    Davor stand ein langer, niedriger Tisch, auf dem etliche scharfe Metallwerkzeuge und Krüge lagen und standen, außerdem Tiegel mit Pasten und Salben sowie ein blutgetränkter Lappen.
    Nicht zu vergessen der mit sauberem Sand gefüllte Mumifizierungstrog.
    Falls Khaba mal keine Lust hatte, sich mit Leichen zu vergnügen, konnte er sich seinen Substanzkäfigen zuwenden. Die waren ordentlich an der hinteren Wand der Werkstatt aufgereiht. Manche waren eckig, andere rund oder birnenförmig, und auf den unteren Ebenen schienen sie aus eisernem Maschendraht gemacht, was schon schlimm genug war. 60 Doch erst auf den höheren Ebenen offenbarte sich ihre ganze Grausamkeit, denn jeder Käfig bestand aus einem Kraftnetz, das den gequälten Insassen gefangen hielt. Aus den Käfigen kamen auch die verstörenden Laute – Zwitschern und Flehen, hin und wieder schwache Schreie, in Sprachen, an die sich die Betreffenden schon nicht mehr richtig erinnern konnten.
    Faquarl und ich waren wie vom Donner gerührt. Was hatte Gezeri vorhin gesagt?
    Von dort unten kommen nicht viele wieder herauf.
    Nun hallte eine Stimme durch das Gewölbe, heiser wie von Sand und Staub belegt. »Aufgemerkt, Sklaven!«
    Die beiden Kobolde wankten derart widerstrebend weiter, als hätte uns jemand spitze Steine in die Lendenschurze gesteckt. 61
    Mitten im Raum, umgeben von vier Säulen, befand sich ein erhabenes Rund auf dem Boden. Eingefasst war es mit rosafarbenem Lapislazuli, darunter standen in ägyptischen Hieroglyphen die fünf Beschwörungsworte des Bindens. In das Rund war mit schwarzem Obsidian ein Pentagramm eingelegt. Gleich daneben, in einem kleineren Bannkreis, stand ein elfenbeinernes Lesepult und dahinter, geduckt wie ein Geier vor seiner Beute, der Zauberer.
    Er ließ uns näher treten. Fünf Kerzen waren um das Pentagramm herum aufgestellt und brannten mit schwarzen Flammen.
    In Khabas Triefaugen spiegelte sich das unheimliche Licht. Sein gestaltloser Schatten umfloss seine Füße.
    Faquarl und ich kamen schlurfend zum Stehen und hoben trotzig den Kopf.
    Unser Herr fragte laut: »Faquarl von Mykene? Bartimäus von Uruk?«
    Wir nickten.
    »Ich werde euch nun entlassen.«
    Die beiden Kobolde machten verständnislose Gesichter.
    Khabas lange Leichenfinger strichen über das Pult, er trommelte mit den krummen Fingernägeln auf das Elfenbein. »Das ist natürlich nicht mein eigener Wunsch, faule, nichtsnutzige Sklaven, die ihr seid. Eure Taten heute habt ihr allein auf meinen Befehl hin vollbracht, weshalb euch auch keine Belohnung dafür gebührt. Doch die Reisende, die ihr heute gerettet habt – ein Mädchen, das so wenig Ahnung von eurer Bosheit hat, wie

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