Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
er jedoch nicht nachdenken. Er war noch nicht bereit in dieses Teil seiner Seele zu blicken.
Halif war sich nicht sicher, wie genau Nadine Mariella erschaffen hatte. Schnell war klar, da ss Mariella keine einfache Lichtkugel war. Sie war immer an Nadines Seite, leuchtend wie ein Stern, leicht glimmend wie die Reste eines Feuers. Manchmal gab sie auch kein Licht ab. Mariella passte sich Nadines Bedürfnissen und Launen an. War Nadine aufgeregt, pulsierte Mariella aufgeregt vor sich hin und umschwirrte sie nervös. War Nadine ruhig und gelassen, war Mariellas Licht stetig und sie flatterte geruhsam hin und her. Halif hatte auch beobachtet, wie sich Mariella, als Nadine über ihren Büchern eingeschlafen war, langsam auf ihrer Schulter niederließ und das Glänzen völlig verschwand. Im Licht von LaroAm zeigte sich die Form eines kleinen Wesens, dessen Augen geschlossen waren und dessen Brust sich leicht hob und senkte. Es hatte Arme und Beine.
Halif beobachtete es verwundert und bemerkte, dass Nadine häufig mit Mariella redete und sich Mariellas Pulsieren dabei veränderte, als würde sie Nadine antworten. Halif zerbrach sich den Kopf und baute verschiedene Argumentationsstränge und Theorien auf. Die Lösung war so einfach, dass Halif nicht darauf kam. Nadine hatte so viel Mühe gehabt die Lichtkugel zu erzeugen, weil sie nicht nach einem Gegenstand gerufen hatte, sondern nach einem Lebewesen. Die höchste Kunst der Magie war es Leben zu erschaffen, wo nur geistlose Materie zur Verfügung stand.
Ohne es zu bemerken hatte Nadine etwas erschaffen, was nur den Göttern bisher gelungen war: ein lebendes, denkendes Wesen. Nadine hatte ein Tabu gebrochen. Ohne es zu wissen, ohne es zu wollen. Und doch würde sie die Konsequenzen dafür tragen müssen.
Nadine bestand die Prüfung mit Bravour, wenn die Prüfer auch nicht sicher waren, was sie da erschaffen hatte. Aber es war nahe genug an der Aufgabenstellung, um durchzugehen. Auch nach der bestandenen Prüfung kam Nadine jeden Tag zu Halifs Arbeitsplatz. Tag für Tag. Nadine nannte ihn weiterhin Lehrer und sie saßen häufig einfach nur still nebeneinander, vertieft in ihren Büchern.
Dann gab es Tage, an denen Nadine von ihrer Familie erzählte und ihrem Zuhause. Sie war aus einer kleinen Familie vom Land. Man hatte ihr Talent für die Magie erst spät entdeckt, weil sie es nur verwendet hatte, um Pflanzen zum Wachsen und Blühen zu bringen. Erst als ein über alle Maßen großer Kürbis im Winter plötzlich vor ihrem Haus wuchs, wurden Nadines Eltern hellhörig. Sie beobachteten, wie Nadine mit dem Kürbis sprach und er Tag um Tag immer größer wurde. Sie suchten Rat und bald schon wurde Nadine ins Morphirium Kloster geschickt, um zu lernen. Mit Tränen in den Augen erzählte Nadine wie stolz ihre Eltern auf sie waren. Und wie sie es nicht übers Herz brachte unverrichteter Dinge zu ihnen zurückzukehren. Mariella flatterte dabei aufgeregt um sie herum.
Nadines Herz sehnte sich zurück nach Hause, aber sie wollte so viel lernen wie möglich, um ihren Eltern stolz zu machen. Damit sie ihnen so gut es ging beim Anbau und der Ernte helfen konnte. Sie hatte schnell feststellen müssen, dass es ihr nicht gegeben war, so schnell zu lernen wie die anderen. Ihr fehlte es an den Grundlagen. Sie hatte erst hier Lesen und Schreiben gelernt. Die andern Schüler waren still, in sich gekehrt und nicht interessiert an anderen Lebewesen außer sich selbst. Nadine war so froh Lehrer treffen getroffen zu haben. Ihren ersten Freund außerhalb ihres kleinen Dorfes.
Bei ihren Worten spürte Halif etwas in sich aufsteigen, von dem er schon lange geglaubt hatte, es verlernt zu haben: Scham. Er schämte sich vor diesen naiven und zutraulichen Wesen, das ihn anstrahlte, während Mariella leise um sie herum summte und ihr Gesicht in ein wunderschönes Gold tauchte.
Das erste Mal fielen Halif der Zauber von Nadines grünbraunen Augen auf, der goldene Schimmer ihrer Haut und der Glanz ihres olivbraunen Haares, das aus unverständlichen Gründen ab und an golden leuchtete. Halifs Herz schlug plötzlich höher. Er hatte den Atem angehalten und schaute schnell weg, aber sein Herz wollte sich nicht beruhigen. Halif hatte das Bedürfnis sie in den Arm zu nehmen und sie vor allem zu beschützen, das ihr Strahlen dämpfen könnte.
Danach war Halif kalt zu Nadine und schickte sie Tag für Tag weg. Und doch kam sie immer wieder, bis er schließlich aufgab und sie neben sich arbeiten ließ. Halif
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