Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
vergrub den Gedanken sie je im Arm halten zu dürfen, wie er es mit anderen Frauen getan hatte, tief in seinem Inneren. Neben ihrer Unschuld fühlte er sich schmutzig und unrein. Halif hatte Nadine von Anfang an belogen. Er hat sein Leben lang nichts anderes getan als lügen. Halif hatte unter all den Masken vergessen, wer er war, wenn es einen Halif außerhalb der Zeit mit seiner Mutter überhaupt jemals gegeben hatte.
Ohne es zu wollen, ohne es zu beabsichtigen, entschlüpfte seinen Lippen jenes Geheimnis, das er bisher nur mit zwei Menschen geteilt hatte: sein Name. Er nannte Nadine seinen Namen. Überrascht von sich selbst, aber ohne jede Reue, schenkte er ihr das Einzige, das er zu geben hatte und sie nahm es wortlos entgegen. Nadine nannte ihn danach immer noch Lehrer, nur manchmal, nur zu sehr seltenen Gelegenheiten, umarmte sie ihn und flüsterte: „Gute Nacht, Halif!“ Dann schlug sein Herz so schnell, dass er Angst hatte, es würde herausspringen oder einfach aus Müdigkeit und Überarbeitung aufhören zu arbeiten.
Bald darauf begannen die Albträume: Nadine, wie sie blass in seinen Armen lag, ohne jedes Zeichen von Leben. Schweißgebadet wachte er auf. Er hatte noch nie Angst um jemanden gehabt und wusste keinen Weg sich zu beruhigen. Wie konnte er sie vor so lch einem Schicksal bewahren? Halif fand nur eine Antwort: Er musste stark werden. Stark genug, um sie vor allem zu beschützen. Er las schneller, er probierte mehr Sprüche aus, wandelte sie um und erfand neue. Er trainierte die Nutzung der Magie ohne Worte und ohne Gedanken jeden Tag. Vor dem Schlafengehen und nach dem Aufstehen machte er Übungen, um seinen Körper zu stählern. Nur ein starker Körper konnte einen starken Geist tragen. Angefeuert von ihrer über den Büchern gebeugten Gestalt, verausgabte er sich, ging über seinen Grenzen, immer und immer wieder.
Sein Kampfgeist inspirierte Nadine. Auch sie wurden jeden Tag stärker, den sie zusammen verbrachten, wenn auch auf eine andere Weise, die weder sie noch er verstand.
V ERGESSENE G EHEIMNISSE
Es vergingen Tage und Wochen. Immer der gleiche Trott, keine Veränderungen. Aufstehen, trainieren, essen, zur Bücherei gehen, lesen, üben, trainieren, schlafen. Halifs Geist wurde scharf wie ein Schwert und sein Körper hart wie Stahl. Noch vor kurzer Zeit hätte er sich schnell gelangweilt und wäre schon über alle Berge, auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Aber jetzt ... Jetzt ertappte er sich dabei, wie er sich abends auf den nächsten Tag freute, am Morgen auf den Tag und heute auf morgen. Weil er wusste, Nadine wäre da. Einfach nur neben ihm oder in heißer Diskussion über nicht eindeutige Formulierungen und abweichende Theorie.
Sie konnte nicht die ganze Zeit bei ihm sein. Nadine musste zum Unterricht und zu Veranstaltungen. Einmal kam sie zwei Tage hintereinander nicht in die Haushaltsabteilung der Bibliothek. Halif wanderte unruhig hin und her, mit dem Körper wie auch im Geiste. Sie war nicht da. Ging es ihr gut? War ihr etwas passiert? Als sie am dritten Tag wiederkam, tat er so als sei nichts gewesen. Als sie abends aufstand und wieder ging, spürte er wie sein Körper sich anspannte und ohne darüber nachzudenken, ergriff Halif ihre Hand.
Als Nadine ihn fragend anschaute, wünschte er ihr verlegen gute Nacht. Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln und verschwand. Diese Nacht konnte er nicht schlafen, wälzte sich hin und her und war auch morgens unruhig, bis sie endlich da war. Aber diesmal verging die Unruhe nicht ganz und die Angst vor dem Zeitpunkt, an dem sie ihn wieder verlassen würde, ließ ihn nicht atmen. Sie schien seine Unruhe zu spüren und fragte ihn mehrere Male, ob alles in Ordnung sei. Er schüttelte nur kurz den Kopf und verfiel in Schweigen.
Nadine schaute Halif lange an, als studiere sie sein ganzes Wesen. Unter ihrem Blick fühlte er sich nackt, als könne sie durch ihn hindurch bis in sein Herz sehen. Was sie sah, schien ihr zu gefallen. Sie lächelte, rief Mariella und flüsterte ihr leise etwas zu. Beide berührten LaroAm und Nadine sprach leise ein paar Worte. Halif erkannte einen abgewandelten Spruch der Bindung und Suche. Halif spürte wie federleicht auf LaroAm und auf seiner linken Handfläche eine kleine Blüte entstand.
„So wirst du immer wissen, ob es mir gut geht. LaroAm und Mariella werden sich am dunkelsten Ort und am hellsten finden“, sagte Nadine und zeigte ihm ihre linke Hand. Auch auf ihrer war eine kleine
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