Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
Sprüche etwas umgewandelt, die er gelesen hatte. Erstaunt über sich selbst, setzte er sich sauber und warm aufs Bett und dachte nach.
Er hatte das Wissen aus den Büchern übergreifend angewandt. Nicht nur Wort für Wort rezitiert, sondern die Sprüche alterniert und für eine n ihm fremden Kontext angewandt. Er hatte Zaubersprüche variiert. Durch die Wochen und Monate der Lektüre, hatte er den einfachsten Teil der Magie verstanden und ... Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er etwas selbst erschaffen und nicht einfach nur Wissen angesammelt. Halif hatte sich noch nie länger mit etwas beschäftigt, weil ihm alles so leicht von der Hand ging.
Er schlief ein und träumte von rosa lila gestreiften Einhörnern.
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Magie war Teil von Halifs Lebens geworden. Er erkannte bald, dass er nicht etwas neu erschuf, sondern seine Umgebung so manipulieren konnte, wie es ihm gefiel. Den Büchern nach zu urteilen war dies eine schwierige Stufe der Magie. Die erste und einfachste war, etwas aus seiner eig enen Kraft zu formen. Doch nicht jeder wurde mit der Kraft oder der Gabe sie einsetzen zu können geboren. Talentierte Kinder konnten mit der Energie aus ihrem Inneren instinktiv Dinge erschaffen und bewegen. Es war für sie so selbstverständlich, wie für andere das Laufen. Man lernte es instinktiv.
Die zweite Stufe hatte man gemeistert, wenn man verstand seine Magie geschickt und sinnvoll einzusetzen, ohne unnütz Energie zu verschwenden. Dann kam die dritte Stufe, bei der die guten Magiers sich von den genialen treten. Denn nur wenn man die Magie in ihrem Grundelement verstanden, konnte man Dinge verändern. Sie seinen Wünschen entsprechend anpassen, ohne auf seine eigenen Reserven zurückzugreifen. Dinge bewegen und erschaffen nur durch die Manipulation seiner Umwelt.
Die einfachsten Sprüche konnte man auswendig lernen, wie es Halif getan hatte. Die Kunst lag darin, zu verstehen und die Sprüche zu alternieren, neue zu erschaffen und sie seinen Bedürfnissen und den Situationen entsprechend anzuwenden. Wahre Magier sollten ihre Umgebung auch manipulieren können, ohne Worte zu verwenden, mittels ihres Geistes. Halif lernte, dass bei der Magie das A und O die Fantasie und der Erfindungsreichtum waren. Erstaunlicherweise schien er beides in großer Fülle zu besitzen.
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Halif war wie immer in seinem kleinen Reich von Büchern über Kochen und Haushalt umgeben, als er ein leises Schluchzen vernahm. Es war nicht laut, aber stetig. Sein erster Impuls war es sich zu verstecken. Er rief die Dunkelheit zusammen und hüllte sich und die Lichtkugel ein, die er liebevoll LaroAm genannt hatte. Er hatte herausgefunden, dass er nicht jedes mal eine neue Kugel schaffen mussten, wenn er sie ständig mit kleinen Energieschüben fütterte.
Das Schluchzen war jedoch so herzzerreißend, dass ihn seine Füße von selbst in die Richtung trugen, aus der das erbärmliche Geräusch kam. Ob es etwas damit zu tun hatte, dass das Weinen weiblich klang, sei dahingestellt.
Aus dem Schatten heraus starrte er auf ein kleines Ding, das ihn an einen Babyvogel erinnerte, der aus dem Nest gefallen war und verzweifelt nach seiner Mutter rief. Verzweifelt war der richtige Ausdruck. Das arme Ding saß auf dem Boden, ein Buch vor sich ausgebreitet. Tränen rannten ihr die Wangen herunter und durchnässten die aufgeschlagene Seite so sehr, dass die Buchstaben ineinander verschwammen. Mal schluchzte sie, mal verwandelte sich der Laut in ein Wimmern, das nur von ihrem Schluckauf unterbrochen wurde.
Halif tat das jämmerliche Wesen zu seinen Füßen so leid, dass er vergaß an der Dunkelheit festzuhalten. Sie entglitt ihm und floss dorthin zurück, wo er sie ausgeliehen hatte. Das Licht von LaroAm beleuchtete nun den kleinen Gang, das Gesicht des Mädchens und ihre nassen Wangen. Sie schien nicht älter als zwanzig, wenn sie überhaupt schon so viele Frühlinge gesehen hatte. Ihre Augen waren rot und verheult, ihre olivbraunen Haare zu einem dicken Zopf geflochten und aus der Quelle der grünbraunen Augen flossen kleine Bäche.
Bevor Halif reagieren konnte, drehte sich der Kopf des kleinen verletzten Vogels in seine Richtung. Ihr Blick fiel auf ihn, dann weiteten sich ihre Augen. Das Wimmern verstummte und mit offenen Mund starrte sie ihn an. Bevor Halif sich umdrehen und fliehen konnte, war sie aufgesprungen, hatte sich an seinen schwarzen Mantel geklammert und stammelte etwas. Er war sich nicht sicher, aber wenn er die Satzfetzen
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