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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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Puls gelesen?
In dieser Geschichte gibt es Handys, die ihre Besitzer dazu zwingen, Morde zu
begehen...«
    »Warum öffnest du nicht
endlich diese beschissene E-Mail?«
    Ich atmete tief durch.
    Dann klickte ich sie mit der
Maus an.
    »Und?«
    »Sie ist von seinem Sohn
Kyle.«
    »Oh. Was für eine Antiklimax.«
    »Er schreibt, dass heute die
Beerdigung ist, und hofft, dass ich ihr beiwohnen kann. Außerdem hat er mit
seiner Schwester gesprochen und plant, den Verlag weiterzuführen. Auch die
Präsentation des Buchs soll stattfinden. Was hältst du davon?«
    »Gut, bis auf das Begräbnis
heute. Ist das nicht ein bisschen schnell?«
    »Ich glaube nicht. Hindus
machen es so schnell es nur irgend geht.«
    »War er Hindu?«
    »Nein, aber vielleicht war er
Katholik, und bei denen ist es ziemlich ähnlich.«
    »Hindus machen das, weil sie
zumeist in tropischen Klimazonen leben und verhindern wollen, dass die Leichen
verwesen. Warum machen es die Katholiken so schnell?«
    »Damit sie schneller bei den
Trauerfeierlichkeiten trinken können, nehme ich an. Spielt das überhaupt eine
Rolle? Jedenfalls findet das Begräbnis heute statt. Du musst mitkommen.«
    »Ich hab mir schon zu oft
freigenommen in letzter Zeit.«
    »Ich kann da nicht alleine
hin.«
    »Warum nicht?«
    Tja, was sollte ich dazu
sagen? Ich habe eine panische Angst vor Friedhöfen, Aussegnungshallen, dem
Geruch von Formaldehyd, vor exzessivem Händeschütteln, Kränzen, Pfarrern,
Kirchenbänken, Särgen, Leichenwagen und Bestattern, vor Menschen, die zu viel
Gefühl zeigen, und vor Menschen, die zu wenig zeigen, vor Trauerzügen und
davor, hinter einem Sarg hermarschieren zu müssen oder gefragt zu werden, ob
ich den Sarg mit anheben kann, vor Holz, Leichen, Tod, Erde, Grabinschriften und
Würmern.
    »Ich würde mich einfach über
deine Gesellschaft freuen«, erklärte ich.
     
    36
     
    Johnny Carson witzelte immer,
die alljährlichen Oscar-Verleihungen wären zwei großartige Stunden, aufgebauscht
zu einem Vier-Stunden-Marathon. So ziemlich das Gleiche ließe sich über Daniel
Trevors Beerdigung sagen, außer dass keine Trophäen verteilt wurden, von der
Urne nach der Leichenverbrennung einmal abgesehen. Die Veranstaltung zog und
zog und zog sich, mit endlosen musikalischen Intermezzi.
    Die Kirche zum Heiligen
Erlöser in einer Seitenstraße der Antrim Road war bis zum Bersten gefüllt. Weil
Alison darauf bestanden hatte, sich erst zur Mittagspause vom Laden loszueisen,
kamen wir zu spät und waren gezwungen, uns das meiste von draußen über
Lautsprecher anzuhören. Ebenfalls verspätet eingetroffen, aber ein Stück vor
uns in der Menge, stand Detective Robinson. Ohne dass es kalt war, wehte eine
leichte Brise; am Himmel hingen Wolken, doch sie waren nicht grau. Belfast
ging ungestört seinen Geschäften nach, während Daniel Trevor nach einer
erfolgreichen Verlegerkarriere, in der er zahlreiche Texte zwischen harte
Deckel gepresst hatte, nun selbst unter einem ausgestreckt lag.
    Sie sangen: »Teil
Me the Old, Old Story«.
    Die Redner machten zahlreiche
Bemerkungen über Daniels frühzeitigen Tod, aber keiner spielte auf einen etwaigen
Selbstmord oder gar Mord an. Es war ein tragischer Unfall. Er wurde als seiner
Frau zutiefst ergebener Ehemann beschrieben, abgesehen davon war von ihr kaum
die Rede. Gelegentlich blitzten in den endlosen Nachrufen kurze, von Herzen
stammende Sätze auf, doch die meiste Zeit dominierten die Dichter, die den
Anlass weidlich für sich ausschlachteten. Ein halbes Dutzend von ihnen hatte
sich durch den Anlass bemüßigt gefühlt, einen schwachen Abklatsch von W. H.
Audens Gedicht »Funeral Blues« hinzuschmieren, mit all diesem Palaver über das
Innehalten der Uhren - was ihnen auch wirklich fast gelungen wäre, so lähmend waren
ihre Ergüsse. Obwohl ich wusste, dass Daniel ein führender Mäzen und Förderer
der nordirischen Kunstszene gewesen war, betrachteten die meisten Anwesenden
das Ganze offenbar lediglich als willkommene Gelegenheit, um neue Kontakte zu
knüpfen. Es hätte mich auch nicht überrascht, wenn gleich an Ort und Stelle Verträge
unterzeichnet worden wären.
    Als die Zeremonie sich dem
Finale näherte und der Sarg für die Fahrt zum Krematorium in Roselawn herausgerollt
wurde, sahen wir mit nur leicht geneigten Köpfen zu. Kyle war unter den
Sargträgern. Ebenso Brendan Coyle. Ich hatte nicht vorgehabt, mich unter die
anderen Männer zu mischen, die den Sarg ein kurzes Stück begleiteten, aber
Alison schubste mich in

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