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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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was ich über Fritz
wusste, war, dass er irgendwo da draußen sein Unwesen trieb.

Die Stunden schleppten sich
dahin. Von Zeit zu Zeit hämmerte draußen jemand gegen die Läden. Ich hatte eine
Videokamera vor dem Laden installiert. Er oder sie wirkte wie ein Kunde, aber wie konnte
ich mir sicher sein? Die ganze Welt drohte inzwischen wie Fritz auszusehen.
Wenn ich rief: »Geschlossen wegen Inventur« wusste der Betreffende, dass ich
hier war. Selbst als Jeff zu seiner Schicht erschien, stellte ich mich tot.
Wenn er bescheuert genug war, für amnesty zu arbeiten, dann war er auch bescheuert
genug, mich an Fritz zu verraten. Alison rief ein halbes Dutzend Mal an. Sie
war genauso nervös wie ich. Immer wenn ein Kunde ihren Laden betrat, erfand sie
eine fadenscheinige Ausrede, um sich in den Tresorraum zu verkriechen.
    Gegen Nachmittag klopfte auch
Detective Robinson an die Rollläden. Als ihm keiner öffnete, klingelte mein
Telefon. Ich ließ es klingeln, und er sprach mir eine Nachricht auf Band. Ich
sollte ihn zurückrufen. Mein E-Mail-Postfach wurde überschwemmt. Kunden
wollten wissen, ob ich den Laden endgültig schloss und ob es einen ordentlichen
Räumungsverkauf gab. Ich antwortete nicht.
    Stattdessen wandte ich mich
wieder den Fakten zu.
    Ich ging alles durch, was ich
über die Morde wusste.
    Ich studierte meine Listen mit
Autokennzeichen.
    Ich wurde Experte in
klassischer Musik.
    Ich brachte alles in
Erfahrung, was es über Auschwitz zu wissen gab. Ich arbeitete die ganze Nacht
hindurch und auch den nächsten Tag.
    Und hätte ich nicht unter der
Glasknochenkrankheit und Kreislaufstörungen gelitten, hätte ich aufgrund meiner
umfassenden Recherchen vermutlich einen Posten an Anne Radeks früherer
Universität erhalten können. Oder eine Dokumentation für die Shoah Foundation
machen können.
    Trotzdem - nichts davon half
mir weiter bei der Frage nach Fritz' Identität.
    In Filmen sieht man oft, wie
Journalisten und Schriftsteller an ihren Schreibmaschinen einschlafen, und ich
hatte immer gedacht, wie lächerlich, das ist doch gar nicht möglich; doch jetzt
erging es mir genauso. Hätte jemand unmittelbar nach meinem Nickerchen einen
Abdruck meiner Stirn angefertigt, hätte er darauf die schwachen
spiegelverkehrten Spuren des Wortes qwertz lesen können. Das verdankte ich zum Teil den
Anstrengungen meiner Ermittlungen, zum Teil dem noch immer andauernden Kater.
Aber am meisten hatte es wohl mit der doppelten Ladung von Medikamenten zu
tun, die ich eingepfiffen hatte, um die versäumte Dosis nachzuholen.
    Als ich neun Stunden später
erwachte, konnte ich kaum noch meinen Hals bewegen. Ich hatte die Reste eines
Starbucks-Kaffees über die Theke verschüttet und exzessiv gesabbert. Außerdem
wartete eine neuerliche Flut wütender E-Mails auf mich, unter anderem eine von
dem kürzlich verblichenen Daniel Trevor.
     
    Lange starrte ich sie an, ohne
sie zu öffnen. Sie war während der Nacht eingetroffen, aber das musste nicht
viel heißen. Häufig werden E-Mails in Bruchteilen von Sekunden übermittelt,
ein andermal geistern sie erst tagelang durch das elektronische Nirwana, bevor
sie einen erreichen. Daniel konnte sie ebenso gut schon letzte Woche abgeschickt
haben oder am Tag seines Todes; vielleicht hatte er auch beschlossen, mir
unmittelbar vor seiner Verabredung mit dem Schicksal irgendwelche wichtigen
Informationen zu übermitteln. Womöglich hatte er den Killer enttarnt.
Vielleicht stammte die Nachricht aber auch aus dem Jenseits. Die Krakenarme von
AOL reichten schließlich überallhin. Ich rief Alison an, weil ich ihren Rat
brauchte. Sie war gerade dabei aufzustehen, um zur Arbeit zu gehen. »Ughhhh
... Brian?« Ich legte auf.
    Sie rief mich zurück. »Tut mir
leid«, sagte sie. »Was gibt's?«
    Natürlich hätte ich mit gutem
Recht noch länger die beleidigte Leberwurst spielen können, aber ich war zu
sehr in Sorge wegen der E-Mail. Rasch erklärte ich ihr, was passiert war.
    »Ja, dann mach sie endlich
auf!«, explodierte sie.
    »Aber er ist tot.«
    »Richtig, er ist tot, also mach sie auf.«
    »Aber was, wenn...?«
    »Was ist, wenn was?«
    »Was ist, wenn sie in Wahrheit
von Fritz ist? Vielleicht generiert sie bei Öffnung automatisch eine Antwort an
ihn, und er erfährt auf diese Weise, dass ich hier bin und meine E-Mails
beantworte, woraufhin er einen Molotow-Cocktail... Oder was, wenn irgendein
Virus darin versteckt ist, der meinen Computer zerstört oder mich zerstört? Hast du je Stephen
Kings

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