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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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heruntergelassenen Rollläden?
Über was sollte ich denn mit ihr reden? Klar, da gab es den Fall der jüdischen Musikanten, aber das
war kein abendfüllendes Thema. Wir würden Smalltalk machen müssen. Und ich
hatte noch nie Smalltalk gemacht. Natürlich konnte ich sie auch fragen, ob sie
mit mir nach verborgenen Mustern auf den Buchrücken suchen wollte, und damit
meine ich keine alphabetischen. Aber vermutlich war unsere Beziehung dafür
noch nicht reif.
    Beziehung. Ich mochte den Klang dieses
Wortes. Es war so ...fremd.
    Nachdem sie gegangen war,
unterhielt ich mich weitere zwanzig Minuten mit Daniel. Er war jetzt
wesentlich ruhiger, und nachdem wir uns im Internet eine deutsche Zeitung -
ebenso wie Rosemary beherrschte er die Sprache fast fließend - und einen
Artikel über den Tod des renommierten Verlegers angesehen hatten, wirkte er ziemlich
erleichtert. Die Polizei hatte nichts Verdächtiges an Manfreds Todesumständen
entdecken können und ging, für mich wenig überraschend, von einem tragischen
Unfall aus.
    »Ich habe mich so albern
aufgeführt«, lamentierte er. »Aber Sie müssen das verstehen, ich ...«
    »Ich verstehe Sie vollkommen.
Sie machen gerade eine schwierige Phase durch.«
    »Trotzdem sind wir dem Ziel,
meine Frau zu finden, noch keinen Schritt näher gekommen, oder?«
    »Das würde ich nicht sagen.
Ich denke, die jüdische Musikantin ist ein interessanter Hinweis.«
    »Die was? Ach so ... Anne. Ja.
Möglicherweise. Heißt das, Sie legen den Fall gar nicht nieder, sondern suchen
weiter nach Rosemary?«
    Er sah so unendlich traurig
aus. Es war, als blickte ich in einen Spiegel.
    »Natürlich suche ich weiter
nach ihr«, erwiderte ich und fügte nach kurzer Überlegung hinzu, »solange Sie
weiter Blankoschecks ausstellen.«
    Er lächelte dankbar. Manchmal,
wenn die Dinge ausweglos erscheinen, und man denkt, jetzt kann es echt nicht
mehr schlimmer kommen, ist uns das winzigste Licht, eine kleine flackernde
Kerze am Ende eines schier endlosen Tunnels, ein gewaltiger Trost. Daniel
Trevor hatte mich.
    Ich hatte Alison. Und Antidepressiva.
    Er würde in sein Landhaus
zurückkehren. Er würde den Dichtern sagen, sie sollten endlich Ruhe geben und sich aufs Ohr legen. Er
war von neun Monaten Sorgen und Verzweiflung völlig erschöpft.
    Ihm ging es wie mir.
     
    Während ich via Webcam
beständig ein heimliches Auge auf den Juwelierladen hatte, grübelte ich noch
ein wenig darüber nach, was ich sagen oder tun sollte. Aber sie blickte nicht
zu mir herüber, kein einziges Mal. Sie war eine verdammt coole Socke. Als die
Geschäfte gerade mal etwas ruhiger liefen - ha! -, schlüpfte ich aus dem Laden
und kaufte Dips. Als Alison endlich kam, hatte sie ihre Uniform abgelegt und
trug diese lächerliche wollene Fliegermütze auf dem Kopf.
    »Wow, feierst du eine Party?«
    Unfähig, zu entscheiden,
welche Dips ich nehmen sollte, hatte ich einfach diverse Sorten besorgt. Sie
standen auf einem Tapeziertisch verteilt, über den ich ein Einweg-Tischtuch
drapiert hatte. Es gab Plastikteller und Plastiktassen und vier Flaschen Wein.
    »Buchpräsentation«, log ich,
»aber sie haben im letzten Moment abgesagt. Greif zu.«
    Wir mampften.
    Nach einer Weile hob sie ihre
Handtasche auf den Schoß und öffnete sie. »Vermutlich sollten wir jetzt loslegen«,
sagte sie und zog eine Taschenlampe heraus.
    »Mit was?«
    Sie hob vielsagend die
Augenbrauen, bevor sie mir bedeutete, ihr durch den Laden zu folgen. Wir
betraten die Küche. »Wenn die Ladenfläche nebenan ähnlich geschnitten ist wie
deine - und von außen sehen sie völlig identisch aus - dann...« Am Ende der
Küche führte eine Treppe zu den drei Räumen im ersten Stock. »Jep, hier geht's
lang.« Sie begann hinaufzusteigen. Ich folgte ihr. Alle drei Räume waren
vollgestopft mit unverkauften Büchern. Sie blieb im Flur stehen und blickte zu
einer Stelle an der Decke. »Eine Falltür mit Klappleiter?« Ich nickte. Am Ende des
Flurs lehnte eine Stange mit einem Haken. Sie holte sich das Ding, öffnete
damit die Falltür und ließ die Leiter langsam herunter. »Gibt's da oben Licht?«
Ich nickte. »Tragfähiger Boden?« Ich nickte. »HeißWassertank an der Trennwand?«
Neuerliches Nicken meinerseits.
    »Entschuldigung«, sagte ich,
»aber ich hab eigentlich keinen Installateur bestellt.«
    »Wir müssen das tun«,
verkündete sie.
    »Was?«, wollte ich wissen und
folgte ihr dann die Leiter hinauf. »Und warum?«
    Sie stemmte sich hoch in den
Dachboden und knipste

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