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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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die herabhängende Glühbirne an. Während ich hinterherkletterte
und dabei fürchtete, jeden Moment von meinen Gleichgewichtsstörungen in die
Tiefe gerissen zu werden, die mich unter anderem davon abgehalten hatten, den
Beruf des Fallschirmjägers oder Gebäudereinigers zu ergreifen, bahnte Alison
sich bereits den Weg durch weitere Bücherkisten. Kurz darauf erreichte sie die
Wand rechts neben dem Wassertank, die den Buchladen von der verlassenen
Detektei nebenan trennte.
    »Okay«, konstatierte sie, indem
sie prüfend gegen die Wand klopfte, »selbst ein Kind könnte da durchbrechen.«
    »Wie bitte?«, fragte ich, als
ich mich neben sie stellte.
    »Leider haben wir kein Kind.«
Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Hör mal, wir sind es uns einfach
schuldig, das zu tun.«
    »Wir sind es uns schuldig ... was zu tun?«
    »Das.«
    Sie wirbelte herum und trat
mit voller Wucht gegen die Wand. Bis zu diesem Moment war mir nicht
aufgefallen, dass sie Doc-Martens-Stiefel trug. Ein dicker Brocken Putz fiel
aus der Wand.
    »Bitte lass das«, beschwor ich
sie. »Die Versicherung...«
    »Scheiß auf die Versicherung.«
    Sie trat erneut zu. Mehr Putz
krachte zu Boden. Die Mauer dahinter hatte bereits einen sichtbaren Riss.
    »Alison, bitte. Du kannst
nicht einfach ...«
    Ihr dritter Tritt brach glatt
durch. Ihr Stiefel steckte bereits im Nachbarhaus, während sich der Rest von
ihr immer noch auf meinem Dachboden befand. »Ich nehme an, ich habe es bereits
getan«, erwiderte sie und streckte mir eine Hand hin, damit ich sie vorm
Umfallen bewahrte.
    Ich packte sie. »Das ist
Irrsinn«, wandte ich ein.
    »Na, da bist du ja wohl
Experte«, gab sie zurück.
    Mir blieb kaum Zeit, über ihre
Bemerkung nachzudenken - auch wenn sie das Potenzial hatte, mich nächtelang
wach zu halten -, denn im nächsten Augenblick missbrauchte sie mich als
Stütze, um ihren Stiefel herauszureißen und sofort eine neuerliche Attacke zu
starten. Es hagelte ein halbes Dutzend weiterer Tritte gegen die Wand, bis das
Loch groß genug war, dass sie sich hindurchzwängen konnte.
    Und ich ebenfalls. Falls ich
mich dazu entschlossen hätte.
    »Kommst du jetzt oder nicht?«,
hörte ich ihre Stimme von drüben. Der Strahl ihrer Taschenlampe irrlichterte
bereits durch den Dachboden meines Nachbarn.
    »Nein«, protestierte ich. »Das
ist illegal. Es ist... schlecht.«
    »Es ist ein Abenteuer.«
    »Bitte, Alison...«
    »Ach, hab dich doch nicht so.
Es ist nur ein harmloser Spaß...«
    »Ich bin ganz und gar nicht
der Meinung, dass ...«
    »O MEIN GOTT!«
    Ihr gellender Schrei fuhr mir
durch sämtliche Glieder.
    »Alison!« Sofort zwängte ich
mich durch die Mauerbresche in den dunklen Raum. Keine Taschenlampe. Absolute
Stille. »ALISON!«
    Die Taschenlampe flammte auf,
direkt unter ihrem Kinn, und der Lichtkegel beleuchtete ihr lächelndes Gesicht.
»Ich dachte, ich hätte eine Spinne gesehen«, erklärte sie. »Aber da du nun
schon mal hier bist...«
    Sie richtete den Lichtstrahl
auf den Boden und begann, nach der Falltür zu suchen, die es uns, oder vielmehr ihr erlauben würde, in das Büro
hinabzusteigen.
    Die Trennlinie zwischen Liebe
und Hass ist dünn.
    Hauchdünn.
     
    Alison kletterte die blanken,
knarrenden Stufen der Leiter hinab, und ich folgte ihr, wobei mir das Herz bis
zum Hals schlug; Scharen von Staubmäusen schienen sich verschworen zu haben,
schwere Allergien bei mir auszulösen. Als Inhaber eines Buchladens führe ich
einen beständigen Kampf gegen muffigen Geruch; unverkaufte Bücher sind seine
Hauptursache. Aber selbst nach sechs Monaten roch Malcolm Carlyles Büro immer
noch taufrisch. Falls ich ihn je wiedertraf, musste ich ihn unbedingt nach
seinem Geheimnis fragen.
    Bevor ich Alison stoppen
konnte, schaltete sie das Deckenlicht ein, während wir den Vorraum seines
Büros betraten. Überraschenderweise war der Strom noch nicht abgedreht. Mitten
im Raum stand ein Empfangstisch mit Telefonanlage, auch wenn ich nie eine
Sekretärin daran gesehen hatte. Vermutlich sollte das Ding nur Eindruck
schinden. Sein Laden war ein hundertprozentiger Ein-Mann-Betrieb gewesen,
obwohl ich ihm auf Anfrage natürlich nur zu gerne meinen Blödmann ausgeliehen
hätte. Hinter dem Empfangstresen ragten einige geöffnete Aktenschränke auf;
Ordner waren aus den Fächern gezerrt; viele davon lagen auf dem Boden
verstreut. Während ich mich bückte, um sie zu studieren, schlich Alison quer
durch den Raum, um einen Blick ins Hauptbüro zu werfen.
    Ich hielt nach

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