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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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Lebens...
    Es läutete an der Tür. Das
Rhabarberrhabarber war so laut, dass ich für einen Moment dachte, ich hätte es
als Einziger gehört. Aber dann bemerkte ich, wie Daniel sich von seinem Platz
erhob.
    »Nicht hingehen«, rief ich.
    »Warum in aller Welt?«
    »Deswegen«, erwiderte ich und warf ihm
einen bedeutungsvollen Blick zu.
    »Ach, Papperlapapp«, erwiderte
er. Er schob den Stuhl zurück, wobei er leicht torkelte.
    Meine eine Hand ballte sich um
mein Messer, die andere um die Gabel. Falls es hart auf hart kam, konnte ich
zur Not auch noch den Löffel schwingen. Meine Augen zuckten hinüber zu Alison.
Dankbar registrierte ich, dass meine ehemalige Assistentin ebenfalls nach dem
Buttermesser tastete, auch wenn sie das im Grunde schon längst hätte tun
sollen, nämlich als Vorsichtsmaßnahme gegen Brendans Übergriffe. Er hatte
bisher noch keinen gestartet, aber wie die Landung in der Normandie war es
allein eine Frage der Zeit. Mit ihrer freien Hand drückte sie erneut mein
Bein, und auch wenn Brendan immer noch unverdrossen drauflosplapperte, galt
ihre Aufmerksamkeit jetzt vor allem der Zimmertür. Wenn Fritz eintrat, würden
wir es auf einen Kampf ankommen lassen müssen. Oder besser noch, Alison lenkte
ihn ab, während ich floh und Hilfe holte. Ich kontrollierte die Notausgänge:
Hintertür, Treppen, Fenster. Bloß was, wenn diese bereits bewacht wurden? Wenn
Fritz nicht allein gekommen war? Vielleicht rückte ein ganzer Trupp von ihnen
an. Der
Adler ist in Banbridge gelandet. Wenn das Geheimnis bedeutsam genug war, was hielt sie
davon ab, uns
alle auszulöschen?
    In der Einganghalle übertönten
laute Stimmen den allgemeinen Radau.
    Dann füllte eine massige
Gestalt den Türrahmen, mit langen Haaren, fassförmiger Brust und offenem Lederjackett.
Mein Herz raste. Er hatte einen Stiernacken und riesige Pranken. Er musterte
die Tischgesellschaft und schüttelte den Kopf. Dann griff er in sein Jackett.
    »Ah, verflucht«, dröhnte er
und zog eine Weinflasche hervor, »warum habt ihr nicht gewartet? Ich bin verdammt
nochmal am Verhungern.«
    Er trat in die Küche, zog sich
einen freien Stuhl von der Wand heran und zwängte sich zwischen zwei der
Dichter. Ich blickte zu Alison, und wir beide stießen einen Seufzer der
Erleichterung aus. Brendan, der bemerkt hatte, dass Alison abgelenkt war, rief
»Hallo, Kyle« schräg über die Tafel hinweg und erhielt ein knappes Nicken als
Antwort.
    »Lassen Sie mich raten«, sagte
ich, »ein weiterer Dichter.«
    Brendan schüttelte den Kopf.
»Weit gefehlt«, erwiderte er mit leiser Stimme. »Das ist Daniels Sohn. Strammer
Bursche, was? Und ich nehme an ...«, wie aufs Stichwort tauchte eine zweite
Gestalt im Türrahmen auf, diesmal eine Frau, groß, schlank, mit kurzem dunklen
Haar und umwerfend attraktiv, »... Michelle wird nicht lange auf sich warten
lassen, und da ist sie schon. Die Tochter. Sind die beiden nicht ein gut
aussehendes Paar?«
    Das war verwirrend. »Ich hab
gedacht, seine Kinder wären... im Kleinkindalter.«
    Soweit ich mich erinnerte, war
einer seiner Gründe, seine Frau nicht nach Frankfurt zu begleiten, dass er sich
um die Kinder hatte kümmern wollen.
    Während Michelle einen
weiteren Stuhl neben den ihres Bruders zwängte, beugte sich Brendan zu mir herüber.
Alison lehnte sich zurück. »Ganz gewiss nicht. Die Eltern haben jung mit dem
Kinderkriegen angefangen. Beide studieren jetzt an der Queens. Allerdings führen sie sich auf wie die Kleinkinder, das kann
ich Ihnen versichern. Sie haben das Sozialverhalten von Dichtern, aber
unglücklicherweise bringen sie keine einzige Zeile hervor. Sie verabscheuen
Verse. Ich glaube, Daniel ist sehr enttäuscht. Er verbringt viel Zeit damit,
sie aus allen möglichen Schwierigkeiten rauszupauken.«
    Daniels Sprösslinge gossen
sich gerade Wein in ihre Bierhumpen. Das Rhabarberrhabarber nahm an Intensität
zu; Kyle und Michelle fühlten sich sichtlich zu Hause und standen sofort im
Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit: Sie waren das Herz und die Seele
des Abends. Daniel hockte am Kopfende der Tafel, paffte eine Zigarre und nickte
huldvoll. Er schien mir erstaunlich zufrieden für einen Mann, der erst vor
kurzem seine Frau verloren hatte. Vielleicht war es aber auch nur der Alkohol.
    Inzwischen war es kurz nach
dreiundzwanzig Uhr, und der helle Sommerabend war schließlich zur Nacht geworden.
Jetzt kam die Stunde der Fledermäuse. Und die der Kühe der Finsternis. Ich war
weit über die übliche Zeit

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