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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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berührend. Dieser Bastard.
     
    At least when I asked them that's what I was told
    So I just took a hand at this diggin' for gold
    But for all that I found there I might as well be
    Where the Mountains of Mourne sweep down to the sea.
     
    Seine Stimme ließ die Mühen und die Tränen und die Verzweiflung mehr als lebendig werden.
    Sogar ich bekam feuchte Augen.
    Am ganzen Tisch herrschte
stille Ergriffenheit.
    Als er tief Luft holte, um
sich in die zweite Strophe zu stürzen, nickte Brendan seinem Publikum würdevoll
zu. Sein Vortrag war so tief und aufwühlend, dass seine Zuhörer sicher vor
Trauer vergingen, bevor er damit fertig war. Aber gerade als er den Mund
öffnete, um erneut all unsere Sinne in Beschlag zu nehmen, formte Alison mit
ihren Händen einen Schalltrichter und brüllte: »Wichser!«
    Ein Moment geschockter Stille,
und dann eine Explosion betrunkenen Kicherns. Brendan, völlig konsterniert,
wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. In einem verzweifelten Versuch,
die Situation zu retten, nickte er Kyle zu, der aufgehört hatte zu spielen.
Kyle zählte erneut den Takt, aber als Brendan zu singen begann, brüllte einer
der Dichter: »Riesenwichser!«, und diesmal lachten alle.
    Ein dritter Dichter, mit dem
ich vorher nicht gesprochen hatte, torkelte nach vorn, vergoss die Hälfte
seines Drinks über das Keyboard und verkündete dann mit amerikanischem Akzent:
»Das is' 'ne Scheißparty, Mann, lasst uns Spaß haben! Beach Boys!«
    Einen Moment lang wirkte Kyle
verloren. Er blickte zu seinem Vater, der die Faust hob, einen Augenblick innehielt,
und dann, wie einst Nero, den Daumen gen Himmel richtete. Kyle begann
»California Girls« zu spielen. Sobald die ersten Takte erklangen, begann fast
jeder mitzusingen. Es gab nur zwei Ausnahmen: Brendan, der über die Tafel
hinweg wütend Alison anfunkelte, die triumphierend zurücklächelte und sich in
meine Arme kuschelte.
    Und mich natürlich.
     
    Alison stützte meinen Kopf, der über den Rand der Toilette
hing. »Wer hat dich geschüttelt und dann den Deckel aufgeschraubt? Verdammt,
ich hab gar nicht gewusst, dass du wirklich singen kannst.«
    »Argggggggghhhhhh...«
    Der Wein war weiter geflossen.
In Strömen. Und er war in Verbindung mit einigen der stärksten, auf Rezept erhältlichen
Medikamente sowie mit diversen Kräuterheilmitteln getreten. Manchmal glauben
die Leute, wenn man Kräuterheilmittel sagt, ist das ein Deckname für Dope, aber
ich nehme kein Dope. Wenn ich von Kräuterheilmitteln spreche, dann meine ich
solche, die uns Mutter Natur zur Verfügung stellt. Ich nahm Artischockenextrakt,
um meinen Cholesterinspiegel zu senken, Cranberry-Extrakt gegen Entzündungen
des Urogenitaltrakts, Echinacin gegen Erkältungen, Holunderbeeren gegen die
Vogelgrippe, Fieberkraut gegen Migräne, Schwarzkümmel, um Krebs vorzubeugen,
Papaya gegen Würmer, Amerikanische Kermesbeere gegen Akne, Pfefferminzöl gegen
nervösen Magen, Rauwolfia serpentina gegen Schlaflosigkeit, Angstzustände und
Bluthochdruck sowie Johanniskraut gegen Depressionen. Es gab noch mehr, die
mir in dem Moment nicht einfielen, und dann war da noch Salvia
lavanduleafolia, mit dem ich ein weiteres Gebrechen zu kurieren versuche.
    Aber singen? Unmöglich. Das konnte gar
nicht sein. Sie war betrunken und verwirrt. Ein Menge Menschen hatten
gesungen, daran konnte ich mich erinnern, aber ich nicht. Ich kann gar nicht
singen. Ich kenne den Text von einem einzigen Song, und den auch nur, weil mein
Vater ihn ständig gespielt hat, als ich Teenager war, und wenn ich ständig
sage, dann meine ich auch ständig. Vermutlich war es sein Versuch, den Teufel aus meiner
Seele zu exorzieren oder mich wenigstens zum Auszug zu zwingen.
    »Ich hab schon einige
Neuinterpretationen von Songs gehört«, erklärte sie und tätschelte dabei mein
strähniges, nasskaltes Haar, »aber das war einfach unglaublich. Ich hab richtig
Gänsehaut bekommen.«
    Ich erbrach mich erneut.
    »Gut so«, sagte sie, »immer
raus mit dem Zeug.«
    Sie dachte, ich wäre
betrunken. Sie hatte ja keine Ahnung. Infolge der Wechselwirkung zwischen dem
Alkohol und meiner Medikation litt ich unter einem extremen toxischen Schock.
Ich hätte in diesem Moment ohne weiteres sterben oder zumindest in ein
irreversibles Koma verfallen können. Ich brauchte dringend einen Notarzt, einen
Tropf und eine Magensonde. Dennoch, bei aller Konfusion und Benommenheit und Übelkeit
galt es zu bedenken, dass ich in ihrem Schoß lag, dass wir beide

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