Bateman, Colin
sein.
Und die besaßen Radar und konnten einen sogar in der
verfluchten Dunkelheit aufspüren.
Daniel klatschte in die Hände.
»Ausgezeichnet! Sie machen es sich derweil in der Küche bequem und genehmigen
sich ein kleines Tröpfchen. Ich muss noch ein bisschen Papierkram erledigen,
aber wenn gegen sechs die Poeten den Federkiel beiseitelegen, finden wir uns
alle zu einer angeregten Plauderrunde ein, und anschließend steigt dann die
große Party!« Er lächelte enthusiastisch und boxte mich leicht in den Arm,
wobei es ihn nicht die Bohne interessierte, dass ich Beinahe-Bluter war und
leicht an Ort und Stelle hätte verbluten können. »Wird Ihnen guttun, Ihr Leben
mit ein bisschen Kultur aufzupeppen, hm?«
Mit diesen Worten schwebte er
aus der Küche. Wütend starrte ich ihm nach.
Dann sagte irgendwo hinter uns
eine weitere Stimme: »Immer wenn ich das Wort Kultur höre, zücke ich meinen
Revolver.«
Wir drehten uns um. Im
Türrahmen stand Brendan Coyle, seines Zeichens Autor und Lehrer. Strotzend vor
Selbstbewusstsein. Oder sagen wir besser, vor Anmaßung.
»Herr Göring, nehme ich an«,
begrüßte ich ihn.
»Wobei«, erwiderte Brendan,
indem er die Küche betrat, »hier ein weitverbreiteter Irrtum vorliegt. Man
schreibt diese Äußerung zwar Hermann Göring zu, er hat damit aber den
Nazi-Dichter Hanns Johst falsch zitiert. Was der eigentlich geschrieben hatte,
war: Wenn
ich von Kultur höre ... entsichere ich meinen Browning. Obwohl ich im Grunde die
Göring-Version bevorzuge.«
Er lächelte charmant und kam
mit ausgestreckter Hand auf uns zu. Ich spähte hinüber zu Alison. Ich wusste
genau, was sie dachte. Wie kam es, dass ein irischer Autor wie Brendan Coyle so
viel über Nazi-Dichter wusste?
Widerwillig gab ich Brendan
die Hand; es war ein flüchtiger Händedruck. Für die Begrüßung Alisons nahm er
sich mehr Zeit. Er nahm ihre Hand zwischen seine beiden.
»Wie absolut entzückend, Sie
wiederzusehen«, gurrte er. »Haben wir beide bei unserer letzten Begegnung nicht
ein anregendes Wortgefecht ausgetragen?«
»In Wahrheit«, gurrte Alison
zurück, »habe ich Sie ungespitzt in den Boden gerammt.«
Er verzog die Miene in
gespieltem Entsetzen und zwinkerte mir zu. »Ist sie nicht schlagfertig?« Er
lachte dröhnend, ließ ihre Hand los und setzte seinen Weg durch die Küche
fort.
Ich konnte Brendan Coyle nicht
sonderlich gut leiden. Oder Daniel Trevor. Oder Dichter. Oder alte Häuser. Oder
das Land. Oder meine Assistentin. Aber so wie es schien, saß ich die nächsten
paar Stunden auf Gedeih und Verderb mit ihnen fest. Und bei meinem
sprichwörtlichen Glück lief es wohl eher auf Verderb hinaus.
33
Schon bevor ich begonnen
hatte, Medikamente einzunehmen, hatte ich Alkohol nicht gut vertragen und auch
keine sonderliche Vorliebe dafür. Ich kann einfach nicht mit dem Zeug umgehen.
Die meisten Menschen verstehen das nicht. Sie ermuntern einen ständig zum Trinken.
»Komm schon, nur ein kleines Gläschen. Gib dir 'nen Ruck. Hör auf, in der Ecke
rumzuhängen wie ein alter Miesepeter.« Aber ich kann ziemlich stur sein, und
auf Partys drücke ich mich lieber in der Küche herum, zwischen den
abgegessenen Tellern und dem vertrockneten Chili, als mich zu etwas zu zwingen,
was mir nicht liegt. Außerdem kann mich bei der Menge von Tabletten, die ich
üblicherweise intus habe, schon der bloße Geruch von Alkohol todkrank machen.
Natürlich hatte ich es aufgrund meiner totalen Ahnungslosigkeit bezüglich
dessen, was mich erwartete, versäumt, meine Pillen und Tropfen einzupacken,
meine Salze und Lotionen, meine Pflaster und Kompressen, meine Puder und
Cremes; auch wenn sich möglicherweise noch genug von diesem Zeug in meinem
System befand, um mich bis zum nächsten Herbst auf Spur zu halten. Allerdings
bewirkt mindestens die Hälfte meiner Medikamente, dass ich mich stark benommen
fühle, wenn ich auch nur an einem Glas Alkohol schnuppere. Sollte an diesem
Abend also tatsächlich so etwas wie eine Party steigen und Fritz irgendwann mittendrin
auftauchen, so dass ich schleunigst das Weite suchen musste, würde mich schon
das bloße Luftholen unter lauter Betrunkenen so benebeln, dass ich unfähig
wäre, ein Fluchtauto zu steuern oder auch nur irgendein schweres
landwirtschaftliches Gerät.
Die »Party«, die Daniel Trevor
großspurig angekündigt hatte, bestand dann in Wahrheit lediglich aus vier Dichtern,
einer Bildhauerin, einem Drehbuchautor, einem Komponisten, einem aus der Mode
gekommenen
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