Bateman, Colin
mittlerweile brauche ich dazu nicht mal mehr einen Eimer
kaltes Wasser und seine Anschnallgurte.
Im Nu war die Erektion
verschwunden.
Ebenso wie Alison.
Eine etwas leisere Version des
Rhabarberrhabarber war vernehmbar. Es vibrierte durchs ganze Haus, während die
Künstler ihr Frühstück einnahmen. Ich würde vermutlich nie wieder etwas zu mir
nehmen. Ich rollte mich aus dem Bett und barg meinen Kopf in den Händen. Ich
brauchte dringend meine Medikamente. Einmal kann man zur Not auf seine
Schätzchen verzichten, aber alles, was darüber hinausgeht, macht einen fertig:
Ich fange an zu zittern und zu schwitzen, meine räumliche Wahrnehmung ist
gestört, meine Atmung spielt verrückt, meine Zähne tun weh, und meine
Nebenhöhlen senden schmerzhafte Blitze bis in mein Gehirn. Alison musste mich
sofort nach Hause fahren. Wir würden Daniel in aller Eile informieren oder
später noch einmal wiederkommen, aber ich musste augenblicklich los. Ich litt
unter Entzugserscheinungen. Es bestand die Gefahr, dass ich in eine Art Schockstarre
verfiel oder manisch wurde, oder erst das eine und dann das andere, oder
umgekehrt. Außerdem wurde mir beim Autofahren immer speiübel. Ich steckte echt
in der Klemme. Und die Tatsache, dass ich meine Jungfräulichkeit verloren
hatte, war nur eine dürftige Entschädigung, denn ich konnte mich an nichts
erinnern. Also hatte ich sie in gewissem Sinne tatsächlich verloren, oder besser gesagt, sie war
mir gestohlen worden, heimlich entwendet von einer Trickdiebin, die sich gerade
unten in der Küche vollstopfte und sich vermutlich kein bisschen schämte.
Wahrscheinlich ging das Lachen, das über die Treppen zu mir heraufdrang, auf
meine Kosten. Sicher würden sie, sobald sie mein Gesicht erblickten, alle in
spöttischen Beifall ausbrechen. Die Dichter würden eine Ode auf meine
verlorene Unschuld verfassen, und die Bildhauerin würde als zynischen Tribut an
mich eine Erektion aus Frühstückflocken und verbranntem Toast modellieren.
Ich stolperte die Stufen
hinunter, und als ich im ersten Stock auf dem Treppenabsatz verschnaufte,
entdeckte ich zu meiner großen Erleichterung Alison, die draußen am See
spazieren ging. Trotz des strahlenden Sommermorgens hatte sie die Hände tief
in die Taschen ihrer zugeknöpften Jacke vergraben, und ihr Kopf war nachdenklich
gesenkt. Plötzlich lähmte mich die Befürchtung, die Erfahrung, mit mir ins Bett
zu gehen, könnte so grauenhaft gewesen sein, dass sie nun um den See lief, um
nach den richtigen Worten zu suchen, mit denen sie es mir nicht nur schonend
beibringen, sondern mich gleichzeitig auch für immer loswerden konnte. Aber
sie war keine Meisterin der Worte. Vermutlich würde sie mir ein Bild zeichnen,
und wie grausam wäre das? In Tränen aufgelöst würde ich es von mir schleudern,
und sie würde es zurückverlangen, um es in einer Galerie auszustellen. Ich
würde der Posterboy für schlechten Sex werden. Wäre es nach mir gegangen, wäre
ich sofort alleine in den Wagen gestiegen und losgefahren. Aber sie hatte zu
viel Klasse, um es mir so einfach zu machen. Vielmehr würde sie mich noch nach
Hause chauffieren. Und dann sagen: »Wir können gute Freunde bleiben«, obwohl
sie wüsste, dass es eine Lüge war. Vermutlich war ihr klar, dass ich eine Puppe
von ihr anfertigen würde, um ihr Nadeln in die Augen zu stechen, dass ich
falsche Gerüchte über die Herkunft ihres Schmucks in die Welt setzen und einen
schwindelfreien Menschen anheuern würde, um obszöne und verächtliche Graffitis
auf Überführungen zu schmieren. Doch das alles ließe sie vermutlich kalt, denn
sie wüsste genau, dass sie mich jederzeit übertrumpfen kann. Sie war auf mehr
aus als nur auf eine Drittelbeteiligung an einem unabhängigen Buchladen. Sie
hatte höhere Ambitionen. Vermutlich eine ganze Buchhandelskette.
Ich schlüpfte aus dem
Vordereingang, um den Spottgesängen aus der Küche zu entgehen. So rasch, wie
meine verkalkten Arterien es zuließen, eilte ich dem Objekt meiner
zeitweiligen Begierde und der Mutter meines mutmaßlichen Kindes hinterher. Als
ich sie auf der gegenüberliegenden Seite des Sees einholte, blickte sie nicht
einmal auf. Ich trottete neben ihr her.
»Morgen«, sagte ich.
»Morgen«, erwiderte sie.
»Hast du schon gefrühstückt?«
»Ja. Rührei. Liegt jetzt in
dem Gebüsch etwa fünfzig Meter hinter uns.«
»Morgenübelkeit«, konstatierte ich. »Schön war's.«
Nach einer Weile fuhr ich
fort: »Wenn du es hinter dich bringen willst,
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