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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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gestanden hatte, ihre Wege sich irgendwann gekreuzt haben mochten, ergab noch keine deutliche Struktur, kein benennbares Motiv. Nicht bei Schauspielern.
    Elly wechselte hinüber zur Bücherwand, besah sich die Titel. Ziemlich gemischt, Altes und Neues, Leichtes und Schweres, ohne sichtbare Ordnung. Eher schien es, als seien die Bücher eins nach dem anderen, ohne Rücksicht auf ihr Ansehen, in die Regale gefügt worden. Eine gewisse Unschuld ging von dieser Anhäufung aus, eine Zufälligkeit der Moden und Strömungen und der hilflosen Geburtstagsgeschenke.
    So stand Elly also vor dieser zusammengewürfelten Phalanx, die sich bestens für eine Geheimtüre geeignet hätte, und wartete. Denn manchmal weiß man einfach, daß man warten muß. Daß die U-Bahn kommen wird, mit Verspätung sicherlich, aber trotzdem …
    Warten macht müde. Müdigkeit aber weist Wege. Gemäß der Phrase: wie im Schlaf.
    Elly legte den Kopf quer, als bette sie ihn auf ein unsichtbar im Raum schwebendes Polster. Um jetzt nicht von der Schulter eines unsichtbaren Mannes zu sprechen.
    Und genau in dieser Position verweilend, wartend, ging das Warten auch zu Ende. Ihr Blick fiel auf den über den schmalen Rücken verlaufenden Titel eines Buches. Sie las:
    CHENG
    Etwas klingelte bei ihr.
    Richtig, sie konnte sich erinnern, davon gehört zu haben, daß es wirklich einen Mann gab, der so hieß und welcher einst Detektiv gewesen war. Sie hatte keins dieser Bücher gelesen, wußte aber, daß die Geschichte dieses realen Mannes von einem Autor niedergeschrieben worden war, nicht in einem biografisch-strengen Sinn, sondern mit jener Freiheit, mit der man meint, es würden unendlich viele Paralleluniversen existieren, von denen einige sehr nahe verwandt mit dem unsrigen waren, aber eben nur verwandt. In dem einen steht der Stuhl rechts, im anderen links. Das ist manchmal ziemlich egal, manchmal aber Ausgangspunkt einer Katastrophe beziehungsweise der ungeahnte Grund dafür, daß eine Katastrophe nicht eintritt.
    Dies wohl bedenkend, hatte der Autor der sogenannten Cheng-Reihe zwar gewisse Fakten aus Chengs gelebtem Leben zum Thema gemacht, etwa Chengs Einarmigkeit, seinen Hund mit Namen Lauscher, seine Katze mit Namen Batman, sein Stuttgarter Intermezzo und ebenso seine letztendliche Landung auf dem Planeten reiner Privatheit, doch viele Details, vor allem aber die Handlungen selbst, waren frei erfunden, so frei man etwas erfinden konnte, das in einem Paralleluniversum harte Realität war und sicher kein romanhafter Spaß für die, die es dort durchleben mußten.
    Die Frage war nun die, wie eigentlich der Autor der Cheng-Bücher an die Informationen aus Chengs richtigem Leben gekommen war, denn er war nie mit ihm befreundet oder auch nur bekannt gewesen. Und eine weitere Frage war sicherlich, woher dieser Mann die Chuzpe genommen hatte, sämtliche Figuren bei ihren richtigen Namen zu nennen, darunter auch einen gewissen Oberstleutnant Straka, der tatsächlich einst in einer Beziehung zu Cheng gestanden hatte, als dieser noch Detektiv gewesen war.
    Wäre es somit nicht angemessen und naheliegend gewesen, hätte eine dieser Personen, die sich in den Cheng-Romanen wiederfanden und zum Teil recht präzise und nach der Natur gezeichnet waren, vor allem natürlich Cheng selbst, den Autor verklagt oder zumindest mit einer Klage bedroht? Aber offensichtlich hatte sich Cheng, ebenso wie Straka, und so wie viele andere auch, dazu entschlossen, über diesen Umstand einfach hinwegzusehen und den Schreiberling sein Ding machen zu lassen, wenn er es denn unbedingt für nötig hielt.* [* Das stimmt nicht ganz. In einem Fall war es zu einer massiven Klagedrohung und in deren Folge zur Streichung einer halbseitigen Passage gekommen. Wobei bezeichnenderweise die inkriminierte Textstelle einer vollkommen nebensächlichen Figur gegolten hatte. Andererseits muß gesagt werden, daß die so bösartige wie detailgetreue Beschreibung dieser Person zu einer absoluten Übereinstimmung von Fiktion und Wirklichkeit geführt hatte, beziehungsweise zu einer makellosen Kongruenz zwischen den parallelen Universen. Und somit der Ärger des Porträtierten genauso berechtigt gewesen war wie das Porträt selbst.]
    Aber wie gesagt, der Umstand dieser Transformation des Realen ins Erfundene war im beruflichen Umfeld Strakas durchaus bekannt, so daß Elly doch ein wenig zusammenzuckte, als sie nun in den Regalen des Toten auf diesen Titel stieß. – Okay, dieses Buch war kein Geheimbuch,

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