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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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weiterdiskutieren. Er gehörte nicht der Lukastik-Schule an. Also betonte er nochmals seine Uneignung, wenn es darum ging, das Verschwinden Strakas aufzuklären. Er sagte: »Ich bin kein Detektiv mehr. Und ein Polizist war ich nie. Aber Sie schon, oder?«
    Doch Elly produzierte ein Seufzen von der Wirkung einer Akupunkturnadel und stellte die rhetorische Frage: »Warum glauben Sie, daß ich mich dazu hergebe, Ihnen die Füße zu küssen? Füße, die ich gar nicht kenne.«
    Jetzt war es Cheng, der seufzte.

Achtzehntes Bild:
Gottesmutter
    Eine halbe Stunde später stand Elly im Wohnzimmer der Familie Rubinstein und ließ sich von dem Mann, den manche seiner Bekannten insgeheim den »einarmigen Halbjuden« nannten, das kleine Behältnis zeigen, in dem nur noch ein einziger Salinenkrebs schwamm.
    »Er heißt Batman«, berichtete Cheng.
    Wie gesagt, Elly hatte nie einen Cheng-Roman gelesen. Die Sache mit dem Blumenstrauß war ihr von einer Kollegin erzählt worden. Sie kannte also den Zusammenhang von Kater und Krebs nicht. Und Cheng unterließ es, ihn ihr zu erklären. Was er freilich erklärte, war das Faktum von Batmans hohem Alter. Vor allem aber erwähnte er das Verschwinden der beiden Jungkrebse, die noch am Abend zuvor durch dieses Aquarium gerudert waren, während Batman zum ersten Mal jene Trägheit, jenes eher schwebende denn schwimmende Verhalten an den Tag gelegt hatte, welches Cheng bei allen ausgewachsenen Krebsen der ersten und zweiten Generation beobachtet hatte, bevor sie dann verendet waren. Doch diese todesnahe Müdigkeit schien jetzt wie verflogen, Batman sauste in alter Manier durch die Gegend, schlug Saltos und schnitt Bogenachter ins Wasser wie in eine Eisfläche, wirbelte in seiner Architektur herum, schoß raketenartig hoch, immer wieder in Salzkrebschenart den Rücken dem Licht zuwendend. – Er war eindeutig das, was man fidel nennt.
    Auch wenn nun die Möglichkeit bestand, daß die Jungkrebse eines, wie man so sagt, natürlichen Todes … Was, bitteschön, war ein »natürlicher Tod« im 250-ml-Becken eines Mitbring-Experiments? Jedenfalls kam Cheng nicht umhin, Batman zu verdächtigen, die Kleinen gefressen zu haben. Viel schlimmer freilich war der Verdacht, daß Batman genau aus diesem Grund so gut gelaunt war, nicht bloß gestärkt von einer Mahlzeit, sondern euphorisch ob seiner Tat, triumphierend.
    Elly betrachtete Batman und sodann Cheng und überlegte, ob sie es mit einem oder zwei Irren zu tun hatte. Aber da sie nun mal schon hier war, wollte sie nicht darauf verzichten, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Darum ersuchte sie Cheng dringend, mit ihr in Strakas Wohnung zu fahren.
    »Wozu?« fragte Cheng.
    »Weil Sie vielleicht etwas sehen, was wir nicht sehen.«
    Cheng gab nach. Ihm war klar, diese Frau würde darum keine Ruhe geben, weil sie am Ende ihrer Weisheit angelangt war. Aber auch, weil sie mehr als alle anderen Strakas Schicksal interessierte. In der Not begannen die Menschen, sich Karten legen zu lassen, gingen in die Kirche, versuchten es mit Pendeln, mit Meditation, nahmen Bachblüten. Ja, er, Cheng, schien für Elly Hillrod so eine Art Bachblüte zu sein. Ein Rescue-Tropfen. Er war ihre Medizin, und dagegen war er machtlos. Ein Rescue-Tropfen konnte sich nicht aussuchen, von wem er geschluckt wurde.
    Ganz anders die Frau, die ihnen wenig später die Türe öffnete, Strakas Frau. Eine sehr viel jüngere Person als ihr Mann, Geschäftsfrau, hübsch, aber kühl, jedenfalls machte sie nicht auf leidend. Sie bat die beiden herein, bot Kaffee an und überließ ihnen sodann die Wohnung. Sie sagte, sie hätte einen Termin. Was solle sie tun, Termine würden die Eigenart besitzen, sich auch vom Verschwinden eines Ehemanns nicht beeindrucken zu lassen. Sodann ersuchte sie noch, darauf zu achten, daß beim Verlassen der Wohnung die Türe auch wirklich ins Schloß falle und war auch schon weg.
    »Ein Schatz, diese Frau«, kommentierte Elly verächtlich.
    »Straka ist glücklich mit ihr, zumindest hat er das einmal gesagt«, erinnerte sich Cheng und stellte sich gleich einem Medium in der Mitte des großen Wohnraums auf. Genau in dieser Funktion war er ja schließlich hier, als Medium.
    Elly ging in die Küche, um sich wie üblich ihren eigenen Kaffee zuzubereiten. Währenddessen machte Cheng eine Runde durch die großzügigen, mehr leeren als vollen Räume. Auf diese Weise landete er auch in einem Arbeitsraum, dessen gewisse Unordnung, wenngleich nicht Staubigkeit, den Hausherrn

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