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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Ungelenke übertönte.
    Bereits beim Eintreten war Elly mit den obligaten Schutzhandschuhen ausgerüstet gewesen, damit man sie gar nicht erst auf diese Selbstverständlichkeit hinzuweisen brauchte. Irgendwelche lächerliche Abdeckungen für ihr Schuhwerk hingegen verweigerte sie. Das hier war ein Mordfall und kein Seuchenfall. Die Verunstaltung der eigenen Person mittels der spermaartig milchigen Gummihandschuhe reichte ihr zur Genüge.
    »Was haben wir, Herr Doktor?« fragte sie den Mann, der vor Ort das medizinische Sagen hatte. Und welcher so klein und dick war, daß es ihm gleichgültig sein konnte, wie sehr eine Frau ihn überragte. Er sah gar nicht erst hoch, sondern behielt seinen Blick auf den Leichnam gerichtet, auf einen Mann mit rasiertem Kopf, bekleidet mit einem Bademantel, der sein schönes, frisches, wollenes Weiß eingebüßt hatte und nun an eine stark betrunkene österreichische Nationalflagge erinnerte.
    »Fünf Einschußwunden wie gehabt«, erklärte der Arzt. »Soweit ich das beurteilen kann, hat unser Mörder auch diesmal aufgepaßt, nichts zu treffen, was einen sofortigen oder raschen Tod hätte herbeiführen können. Letaler Blutverlust, der Mann ist ausgeronnen. Der beste von den vieren.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, der beste Schauspieler. Ein famoser Edgar und ein noch famoserer Franz Moor. Und ein göttlicher Estragon. Die anderen waren guter Durchschnitt. Aber der da … Wirklich schade!«
    »Er wirkt so … uninteressant, wenn ich das sagen darf.«
    »Na, da können Sie schon recht haben«, meinte der Arzt. »Das ist ein Phänomen, daß manche Menschen in den Tod hinein sich was Lebendiges und Vitales erhalten. Als würden sie im Sterben praktisch aufatmen. Andere dagegen verwelken und verblassen augenblicklich. − Gut, bei den Schauspielern heißt es sowieso, sie schrumpfen, sobald sie nur von der Bühne gehen.«
    »Darum gehen die ja auch so ungern«, sagte Elly, die selbst aus einer Schauspielerfamilie stammte und es erlebt hatte, wie sehr ihre Eltern bemüht gewesen waren, jede Minute im Theater zu verbringen. Und wie sehr diese Eltern bar einer Bühne, bar einer Öffentlichkeit, bar der Möglichkeit, Vater und Mutter im Theater zu spielen und statt dessen Vater und Mutter im wirklichen Leben sein zu müssen, ja, wie sie da geradezu hilflos im Raum gestanden hatten, unfähig zu handeln, vor allem unfähig, Liebe zu geben. − Liebe zum Theater schließt Liebe zu den Menschen aus.
    Dem Umstand, daß sich die vorliegende Mordserie, immerhin Ellys erster echter Fall, in einem Milieu ereignete, das ihr aus Kindertagen schmerzlich in Erinnerung war, begegnete sie mit Kälte. So kalt es eben ging.
    Jetzt hätte Elly eigentlich nach dem Todeszeitpunkt fragen müssen. Aber das klang so billig, klang nach deutschem Fernsehkrimi. Also unterließ sie die Frage. Hier war ohnehin nirgends eine Zeitmaschine, mit der man an die Tatzeit hätte zurückkehren können. Somit konzentrierte sich Elly auf die Frage, ob in diesem Wohnzimmer, praktisch im Licht von zwei Dutzend kerzenförmiger Glühlampen, auch der Mord geschehen war.
    »Wonach sieht es denn aus?« fragte der Arzt zurück und schaute hinunter auf die beträchtliche Lache, in welcher er – ganz im Unterschied zu Elly – mit seinen eingesackten Füßen eben noch gestanden hatte.
    »Müßte man bloß feststellen, wonach etwas aussieht, bräuchte man keine Spezialisten«, kommentierte Elly und richtete ein aus Zeige- und Mittelfinger bestehendes V in Richtung auf ihre Augen. Sie hatte ja nicht nur schöne, sondern auch gute Augen, während der hinter Brillengläsern trübe Blick des Arztes eine gewisse Gebrechlichkeit seines Augenlichts verriet.
    Der Doktor nickte. »Scheint alles koscher zu sein. Wenn der Tote nicht durch ein Wurmloch an dieses Platzerl geraten ist, würde ich sagen, er wurde exakt an dieser Stelle ermordet.«
    »Und sonst?« fragte Elly und zeichnete mit einem ihrer spitzen, aber unlackierten Nägel ein kleines, senkrecht stehendes Viereck in die Luft.
    »Ja«, seufzte der Arzt. »Wir haben wieder eine Briefmarke gefunden. Dieselbe wie bei den anderen.«
    »Sie meinen die gleiche .«
    »Richtig. Zumindest, wenn wir nicht glauben wollen, daß man vier Pakete mit ein- und derselben Briefmarke verschicken kann«, sagte der Arzt. »Aber wenn Sie schon so gescheit sind, Gnädigste, könnten Sie doch eigentlich dem Täter mit ihren Gescheitheiten auf die Nerven gehen.«
    Statt darauf etwas zu erwidern, trat Elly in eine

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