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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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sondern öffentlich erhältlich. Und somit bestens in der Lage, als ein harmloses und im Grunde auch bedeutungsloses Geburtstagsgeschenk in einer solchen Bücherwand zu landen.
    Dennoch, Elly begriff das Auftauchen dieses Bands – und vielmehr noch das Auftauchen des Namens »Cheng« – als ein Zeichen.
    Das war übrigens der erste Ratschlag Strakas an Elly gewesen: »Schauen Sie auf die Zeichen.«
    »Was für Zeichen?« hatte sie gefragt und sich gedacht, es mit einem ziemlich ulkigen Mann zu tun zu haben. Heimlicher Trinker halt.
    »Zeichen, die Sie nicht verstehen. Wie die Schrift der Maya. Die verstehen Sie auch nicht und sie bedeutet trotzdem etwas. – Wenn Sie ein fremdes Zeichen entdecken, versuchen Sie es zu übersetzen.«
    Daran dachte Elly nun. Allerdings ist das mit dem Übersetzen so eine Sache. So ganz ohne Übersetzer, allein die bloße Gestalt einer unverständlichen Chiffre betrachtend. Aber Elly behielt das Zeichen im Auge und sollte sehr bald seine Bedeutung erkennen.
    Schlichtweg dadurch nämlich, daß auch am nächsten Tag niemand sagen konnte, wo sich Straka befand. Das war das eine. Das andere war, daß Elly rasch angeordnet hatte, festzustellen, ob sich in den Bibliotheken der anderen Ermordeten ebenfalls Bücher über den Detektiv Cheng befanden. Glücklicherweise waren in sämtlichen drei Fällen die Haushalte noch nicht aufgelöst worden, so daß zu sagen war, daß auch Winter, Brüggen und Lovis genau dieses eine Exemplar aus der Cheng-Reihe besessen hatten. – Nun, selbst das brauchte nicht viel bedeuten. Bücher waren wie Bakterien, sie verteilten sich. Dennoch, als »Zeichen« funktionierte das alles ganz gut. Nicht zuletzt darum, weil sämtliche Versuche, den Aufenthaltsort Strakas zu eruieren, scheiterten. Bekannt wurde nur, daß er am Abend jenes heftigen Gewitters das Büro verlassen hatte. Danach war nichts mehr von ihm zu hören gewesen. Sein Handy blieb fortgesetzt tot. Oder stellte sich wenigstens tot. Und ein totes oder scheintotes Handy konnte man nun mal nicht orten.
    Elly kam nicht umhin sich vorzustellen, daß Straka einer vagen Spur gefolgt war. Wäre sie nicht vage gewesen, hätte er wohl eine Nachricht hinterlassen. Darum tat sich die beunruhigende Möglichkeit auf, daß die vage Spur sich als eine heiße entpuppt hatte und Straka bereits den gleichen Weg gegangen war wie jene Leute, deren Ermordung er hatte aufklären wollen. War dies aber der Fall, Straka also nicht mehr am Leben, dann hätte – so dachte Elly und so wollte sie denken – das Zeichen keinen Sinn gehabt. Jedenfalls interpretierte sie die »Erscheinung« des Namens Cheng dahingehend, daß dessen Träger im wirklichen Leben imstande wäre, den entscheidenden Hinweis auf den Verbleib von Oberstleutnant Straka zu geben. Eben genau in der Art von Romanfiguren, die durch Linien, Kompositionsmuster und Plotführungen miteinander verbunden sind, weil sie ansonsten gar nicht existieren würden. Ja, Elly versuchte eine Situation zu beschwören, wie sie vielleicht auch der Autor der Cheng-Serie sich hätte ausdenken können: eine fadenartige, textile Dramatisierung.
    Sie beschloß, mit diesem Markus Cheng zu reden. (Im Grunde beschloß sie es vor allem darum, weil sie einfach nicht wußte, was sie noch tun konnte, um Straka zu finden und ihre Vorgesetzten bereits darüber nachdachten, wer an ihrer Stelle die Leitung der Quintus-Gruppe übernehmen sollte. Sie bangte um Straka wie um ihre Karriere in gleichem Maße. − So sind moderne Frauen.)
    Wenig später läutete in der Lerchenfelder Straße das Telefon.
    »Ist das wirklich nötig?« fragte Cheng. »Ich will nicht unhöflich gegen die Polizei sein. Aber ich glaube kaum, daß ich helfen kann. Jetzt einmal abgesehen davon, daß ich auch gar nicht helfen will.«
    »Ich dachte, Sie seien mit Oberstleutnant Straka befreundet«, sprach Elly durch den Hörer.
    »Wir sind uns ein paar Mal über den Weg gelaufen«, korrigierte Cheng. »Das ist etwas anderes.«
    Doch Elly meinte Cheng an die Zeit erinnern zu müssen, da er, Cheng, im Krankenhaus gelegen hatte und dort von Straka besucht worden war. Elly sagte: »Er hat Ihnen Blumen ans Bett gebracht.«
    »Das ist nie passiert. Das ist eine Erfindung von diesem Schriftsteller«, entgegnete Cheng. »Abgesehen davon: Helfen Sie jedem, der Ihnen einmal Blumen geschenkt hat?«
    »Ich bin eine Frau, das ist was anderes.«
    Das war nun eine Antwort, die Cheng verblüffte. Doch keinesfalls wollte er in dieser Richtung

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