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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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wie man auf einen Fahrplan tippt, um sich der Abfahrtszeit eines Zuges zu vergewissern oder im Streit auf den Tisch klopft.
    Als Elly nun ihren Kopf hochhob, da wollte sie wissen, ob es nicht gar weit hergeholt sei, aus dieser beiläufigen und fast unsichtbaren Ritzung irgend etwas herauslesen zu wollen.
    »Sie haben mich gebeten, Ihnen zu helfen«, sagte Cheng. »Und so sieht meine Hilfe aus.«
    »Schon, aber …« Elly blickte noch einmal auf die Stelle auf der Karte. Sie war genau dort angebracht, wo eine schmale Gasse im Nichts irgendwelcher Felder endete: Elggielweg.
    Sie, Elly, hatte begonnen, auf Zeichen zu hören, in der Art wie man auf Stimmen hört, auf Geister, auf die Bewegung der Pendel, auf die Einflüsterungen in Träumen, auf Ziffern und Buchstaben, die sich auf der Panier von Fischstäbchen bilden, lauter Dinge, über die gerne gelacht wird. Aber wer einmal damit anfängt, tut sich schwer, wieder aufzuhören. Man merkt plötzlich, daß etwas dran ist an der Sache und daß es bei Zeichen, wie überall im Leben, in der Physik, in der Liebe, sonstwo, nur darauf ankommt, das Richtige vom Falschen zu unterscheiden.
    Elggielweg also. Na schön, das war immerhin der Name einer Straße, ein Ort, den man sich ansehen konnte.
    »Ich fahr mal dorthin«, sagte Elly und bat Cheng mitzukommen. Die Art und Weise wie sie »Bitte!« sagte, beförderte Cheng aus der Rolle der Bachblüte und der lebenden Lupe in die eines Mannes, mit dem eine Frau sich auch mal ein paar Stunden einsperren lassen würde. Freiwillig.
    Cheng sagte: »Sie sind der Boß«, wie man sagt: Zur Not kann man auf einem Schachbrett auch frühstücken.
    Per Funk forderte Elly Unterstützung an, die sie damit rechtfertigte, einen ernstzunehmenden Hinweis erhalten zu haben. Ohne freilich über die Art des Hinweises zu sprechen. Nicht zu vergessen, noch hatte sie ersatzweise die Leitung der Truppe über und konnte darauf bestehen – wie alle Menschen in leitenden Positionen −, daß ihre Entscheidung über einen festen Untergrund verfügte. So wie Künstler bei unverständlichen Bildern und Manager bei unverständlichen Entscheidungen eine empirische Basis behaupten, die sie aber nicht erklären. Eine Basis, die vielleicht besteht, vielleicht auch nicht.
    »Halten Sie bitte und lassen mich hier raus«, ersuchte Cheng, kurz bevor man das Ziel erreicht hatte.
    »Wieso das denn?«
    »Mein Gott, ich bin doch kein offizieller Ermittler. Nicht mal Privatdetektiv. Eher würde ich sagen: ein Schamane.«
    Eingedenk des sibirischen Kaffees, den Elly mit solcher Überzeugung tagtäglich konsumierte, um … Ja, wozu eigentlich? Um die Geister abzuwehren? Um die Geister anzuziehen? Um einen Mann fürs Leben zu finden, den sie ohne den täglichen Konsum dieser verhexten Brühe gar nicht würde erkennen können? − Sie wußte es nicht so genau. Es war nur ein Gefühl. Jedenfalls gefiel es ihr, daß sich Cheng in eben dieser Weise bezeichnete, auch wenn er es wohl ironisch meinte. Aber was war Ironie denn anderes als ein Kleid, mit dem man seine Überzeugung auch auf die Straße führen konnte? Angezogen statt nackt.
    »Gut«, sagte sie, hielt den Wagen an und ließ Herrn Einarm aussteigen. Sie zog ihren Kopf ein Stück ein und rief hinter ihm her: »Wo treffen wir uns?«
    »Bei Straka«, antwortete Cheng. Mehr sagte er nicht. Er schloß die Wagentüre und ging.
    Mitunter sind zu wenige Polizisten an einem Ort, dann wieder zu viele . Das ist nicht Absicht, sondern Zufall, denn auch der geschieht. Zufall ist quasi der Staub, der sich im Zuge der zahlreichen, sich aneinanderreibenden göttlichen und nichtgöttlichen Bestimmungen, die ein Muster bilden, ergibt. Zwangsläufig. Er ist wie aller Staub eher klein und unwichtig, aber dennoch lästig. Zumindest, wenn man es mit der Sauberkeit hat.
    Als Elly ihren Funkspruch durchgegeben hatte, für einen Einsatz am Elggielweg Unterstützung zu benötigen, waren in der Gegend gleich zwei Spezialkommandos gewesen, was auch immer sie dort getrieben hatten, jedenfalls nichts von Bedeutung. Beide Einheiten waren Ellys Aufruf gefolgt, zudem zwei, drei Streifenwagen, sowie natürlich Beamte aus der Quintus-Gruppe. So ergab es sich, daß hier, am Ende der Welt − in der Beschaulichkeit sauber zu nennender Einfamilienhäuser, von denen die neueren aussahen, als seien sie im Industrieofen einer Bäckereikette hergestellt worden −, eine beengende Menge von Fahrzeugen und beamteten Personen zusammentraf. Wobei die Männer der

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