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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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die der Schamane Cheng mit sich trug.
    Es mochte ein vierter guter Geist sein, der nun ein fernes Babygeschrei an Chengs Ohr herantrug. Fast wie ein Lockruf. Ein Lockruf in die Sicherheit. Ganz gewiß sogar. – Aber da war leider nichts zu machen, Sicherheit war an diesem Tag so wenig das Thema wie Weinseligkeit.
    Interessanterweise hatten fast alle Hausbesitzer ihre Gärten, ihre Grillmaschinen, die Schaukeln und Sandkisten und kleinen Schwimmbecken in Richtung zur Straße errichtet, so daß die ruhigen Rückseiten ein wenig verwahrlost anmuteten, zumindest ungeliebt. Umso mehr fiel natürlich das hübsche Gewächshaus auf, das den nördlichen Abschluß der Gartensiedlung bildete. Es handelte sich um eine alte Architektur, wie man sie manchmal am Rande von Schloßanlagen findet. Weshalb auch die Vermutung nahelag, daß dies entweder das Überbleibsel eines ehemals herrschaftlichen Anwesens darstellte oder dieses Objekt ursprünglich woanders gestanden hatte, in sehr viel noblerer Umgebung, bevor es dann abgebaut und an dieser Stelle neu errichtet worden war.
    Cheng konnte über den Zaun lugend erkennen, daß soeben die schwarz gekleideten, gleich Heizkohle schimmernden Elitepolizisten sich durch das Gewächshaus bewegten. Cheng wartete. Er sah, wie das Kommando wieder abzog, offensichtlich hatte man auch hier nichts gefunden. Ohnehin war kaum anzunehmen, daß der Verweis zweier gekreuzter Ritzer mit dem Daumennagel …
    Übrigens hatten einige der Spezialpolizisten Hunde dabei. Leider aber besaßen auch die meisten der Anrainer Hunde, so daß nicht nur einiges Gebell zustande kam, sondern zudem die Aufmerksamkeit der Polizeihunde wegführte von den möglichen Gerüchen eines Oberstleutnants Straka und hin zu den offenkundigen Gerüchen der Anrainerhunde. – Der Nutzen von Polizeihunden ist ein purer Mythos, der dem Erhalt einiger Staffeln und der Tierliebe der Polizei dient.
    Cheng war überzeugt, sich am richtigen Platz zu befinden. Und zwar aus einem ähnlichen Grund heraus, der vielleicht auch den Autor der Cheng-Reihe animiert hätte, sich für dieses Gewächshaus zu entscheiden. Es wäre einfach viel zu banal und zu häßlich, viel zu realistisch gewesen, hätte sich herausgestellt, daß Straka in irgendeinem kleinbürgerlichen Kellerverlies eingesperrt oder angekettet war. Nein, dieses Glashaus war der »ideale« Ort. Chengs Wahl war somit eine ästhetische. − Das mag etwas irrational klingen. Was wiederum aber nur die meinen, die ernsthaft an rationale Entscheidungen glauben. In der Politik, in der Wirtschaft, in der Ehe. Lachhaft! Chengs von ästhetischen Signalen geleitete Spürnase funktionierte sehr viel besser als die Nasen der von massiver Ablenkung betroffenen Polizeihunde.
    Was Cheng allerdings behinderte, das waren einerseits der Zaun und andererseits die Unmöglichkeit, sich mit Hilfe zweier Arme an die Überwindung dieser Barriere zu machen. Bei der Vordertüre jedoch würde er kaum eingelassen werden, jetzt, nachdem die offiziellen Beamten das Haus wieder verlassen hatten. Also tat Cheng etwas, was er eigentlich haßte: sich turnerisch geben. Dennoch unternahm er es, sich mit seinem einen Arm und seinen beiden Beinen mehr rudernd als stützend eine Steinsäule hochzuziehen und mit aller Kraft die Einfriedung zu überwinden, um dann freilich wie erwartet und befürchtet den Halt zu verlieren und auf der anderen Seite hinunter ins Gras zu stürzen.
    Da lag er nun in der Wiese, mit einer schmerzenden Schulter und Grasflecken auf seinem silbergrauen Anzug, einen unwürdigen Anblick bietend, bedauernswert in der Art der auf ihre Rücken gefallenen, zappelnden Käfer. Aber das gehörte leider ganz unmittelbar zur Detektivarbeit, dieser Verlust an Würde im Zuge von Schnüffeleien. Genau darum hatte er diesen Beruf ja aufgegeben. Die Peinlichkeiten seines Gewerbes meidend, die ihn nun jedoch eingeholt hatten. Das Peinliche ist wie diese Pferde, die von ganz alleine den Weg nach Hause finden.
    Cheng kam wieder auf die Beine und bewegte sich auf das Gebäude zu. Keineswegs in einer geduckten Weise, um das Unwürdige nicht noch zu steigern. Nein, er marschierte einfach auf eine gläserne Türe zu, die sich als unversperrt herausstellte und betrat sodann diese ufoartig am Stadtrand aufgesetzte Orangerie.
    »Zauberhaft«, dachte Cheng. Und das war es ja auch, wenn man mit einem einzigen Schritt in eine völlig andere Welt gelangte. Gar nicht zu vergleichen mit den öffentlichen Palmenhäusern und

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