Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Menschen darstellte, ein Geschenk, das es einem jedem ermöglichte, zur Ruhe und zu Kräften zu kommen, einen Schmerz, sei er nun körperlichen oder geistigen Ursprungs, besser zu ertragen, und sich nicht zuletzt – dank der Zigarettenform – einen ästhetischen Anstrich zu verleihen. Der Mensch sieht mit einer Zigarette im Mund augenblicklich attraktiver aus, nicht bloß cooler, wie die Jugendlichen es empfinden, sondern vor allem aparter, weltmännischer, beziehungsweise damenhafter. Gelassener, erhabener, nun ja, gesünder .
    Nicht, daß Cheng ein Kettenraucher war. Das hätte der therapeutischen Bedeutung der Zigarette auch widersprochen. Es wäre ja auch niemand auf die Idee kommen, nicht nur einen vitaminreichen Apfel pro Tag zu verspeisen, sondern gleich dreißig davon.
    Cheng kramte also eine Packung Smart hervor und hielt sie in die Runde. Alle außer Erich nahmen eine. Eva zwei, von denen sie eine Lino reichte.
    Nach einem ersten und zweiten Zug meinte Cheng: »Wozu eigentlich die Festbeleuchtung? Wenn wir das Essen rationieren, sollten wir das auch mit dem Licht tun.«
    Das stimmte. Es war nicht nötig, daß jeder seine Stirnlampe angedreht hatte, nur damit besser zu erkennen war, wie aussichtslos gefangen man war.
    Erich jedoch murmelte abschätzig, ließ seine Stirnlampe eingeschalten, unterließ es aber, besagtes Wurstbrot aus der Tasche zu ziehen. Vielleicht hatte er vor, es mit triumphaler Geste in zwei, drei Stunden vor aller Augen zu verspeisen. Dann, wenn man gerettet wieder im Freien stehen würde.
    Genau das aber trat nicht ein. Nicht nach zwei, nicht nach drei und auch nicht nach jenen düster prophezeiten zwanzig Stunden. Zwar war zwischenzeitlich niemand verhungert, aber die fünf froren derart, als würden sie nicht im Schlamm, sondern im Schnee stehen. Und natürlich quälte einen jeden die Frage, was diese lange Wartezeit zu bedeuten hatte. War draußen die Welt untergegangen? Denn wie, bitte, war zu erklären, daß noch immer niemand gekommen war, um sie alle aus diesem Gefängnis zu befreien. Auf eine normale Weise war dies schwer zu begreifen. Während sich umkehrt natürlich dutzendfach abnormale Möglichkeiten auftaten, wie eben auch die, daß sämtliches Leben, und damit auch das Leben von Polizei und Rettung in Funchal, aufgehört hatte zu existieren. Daß die letzten lebenden Personen auf diesem Planeten – vier Wiener und eine Wienerin –, abgeschirmt von gefährlichen Strahlen in einem Schlammloch einsaßen.
    Naheliegender war freilich, daß die Welt noch immer stand, noch immer aussah wie zwanzig Stunden zuvor, jedoch niemand darüber Bescheid wußte, daß fünf Menschen hier unten auf Rettung warteten. Was nur bedeuten konnte, daß es Sehnaz und Palle Swedenborg nicht gelungen war, Hilfe zu holen. Daß auch sie in irgendeiner Weise verunglückt sein mußten.
    Exakt diese Annahme verfestigte sich zusehends, während man da vollkommen im Dunkeln verharrte, längst auch Erich, um Licht zu sparen, auf den Moment wartend, da man dieses Licht wirklich benötigen würde.
    »Wie hoch ist die Wand?« fragte Cheng hinüber zu Benny.
    »Na, acht Meter vielleicht, denke ich.«
    »Wir sind fünf Leute. Wenn wir eine Pyramide bilden …«
    »Vier Leute. Lino können wir kaum dazurechnen. Und ein jeder müßte auf den Schultern des anderen stehen«, sagte Benny.
    Eva meinte nur: »Das ist eine Zirkusnummer, die wir nicht hinkriegen. Damit es sich ausgeht, muß man wahrscheinlich auf die Köpfe steigen. Na viel Spaß!«
    Dennoch wurde beschlossen, es zu versuchen. Ein jeder schaltete seine Stirnlampe an. Kalter Dampf stieg aus dem Morast hoch. Die nassen Wände glänzten wie die Haut jenes kupferfarbenen, im Tod sich schwärzenden Fisches, nach dem Palle Swedenborg diesen Tunnel benannt hatte.
    »Erich als erster«, sagte Eva.
    Erich wollte etwas erwidern. Ließ es dann aber bleiben, stapfte herüber, stellte sich mit dem Rücken dicht an den glatten Fels und verkrallte seine Finger vor dem Bauch zu einer kompakten Schale. In diese Schale stellte nun Benny seinen Fuß und schwang sich aufwärts. Tat sich aber in der Folge schwer, den rechten Fuß auf Erichs linke Schulter zu befördern und sich dabei so zu drehen, daß auch er mit dem Rücken zur Wand zu stehen kommen konnte.
    »Verdammt, drück mich hoch!« preßte Benny hervor.
    Erich drückte. Und zwar derart energisch, daß Benny das Gleichgewicht verlor und mit einem Schrei einen Bogen nach hinten beschrieb. Einen Bogen, der ihn

Weitere Kostenlose Bücher