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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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konnten Cheng und die anderen erkennen, in einem viereckigen, senkrechten Schacht gelandet zu sein, der aus absolut geraden Felswänden bestand, ohne daß irgendeine Öffnung einen weiterführenden Weg anzeigte. Es war eigentlich schwer zu sagen, ob diese Wände künstlich oder natürlich waren, ob ihre Glätte einer »Zuschneidung« oder einer geometrischen Laune der Natur zu verdanken war. Jedenfalls war der Stein seifig und glitschig vom herabrinnenden, tropfenden Wasser.
    Bei den Fünfen handelte es sich um Cheng, Eva, Benny, dessen Karte sie hierher geführt hatte, Erich mit den Bildhauerhänden sowie einen gewissen Lino, der mit dem gebrochenen Bein und den Tränen in den Augen. Zum Heulen war freilich allen zumute. Sie saßen oder standen hilflos im Schlamm und blickten nach oben. Sehnaz und Swedenborg, die sich ein wenig hinter den anderen befunden hatten, waren als einzige verschont geblieben. Man konnte sie von unten nicht sehen, da sie es wohl nicht wagten, nahe an den Abgrund zu treten, der ja von den verbliebenen Balken gebildet wurde, die ebenfalls drohten einzubrechen. Eine Situation wie auf einer Eisfläche.
    »Was ist mit euch?« drang die kräftige Stimme Swedenborgs zu den Abgestürzten.
    »Was mit uns ist?« rief Benny zurück. »Es geht uns großartig.« Dann erklärte er die Situation, die offenkundige Unmöglichkeit, diese Wände hochzuklettern. Dazu hätten sie die Ausrüstung von Bergsteigern benötigt. Aber sie besaßen ja nicht einmal ein Seil. Mit Klettereien war an diesem Tag einfach nicht gerechnet worden. Natürlich, einen Kompaß hatten sie schon. Sie konnten also auch hier unten die Himmelsrichtungen festlegen. Sie konnten ihr Gefängnis verorten.
    »Wir gehen zurück und holen Hilfe«, rief Swedenborg, gewissermaßen statt eines Seils ein Versprechen herabwerfend.
    »Tu das! Rasch bitte! Wir hocken da wie in einer riesigen Lache aus dünner Scheiße.«
    Das war in der Tat der Fall. Nirgends eine trockene Stelle, auf die man sich hätte flüchten können.
    »Darf ich mal kurz sagen, daß ich einen verdammten Schmerz hab. Ich glaub, da steckt was in meinem Bein, ein Nagel«, meldete sich Lino mit einer Stimme, die ihrerseits durchbohrt klang.
    »Der Nagel kommt erst später, wenn Sie dir dein Bein reparieren«, sagte Benny auf die ihm eigene zynische Unart. Stapfte dann aber zu Lino hinüber und besah und befühlte das verletzte Bein. Lino schrie auf.
    »Sei nicht so wehleidig.«
    »Ohne deine blöde Karte …« Die Worte gingen in ein Wimmern über.
    Benny spaltete mit Hilfe eines Taschenmessers einen der Balken, zog ein Hemd aus seinem Rucksack, das er in Streifen riß und verpaßte mit der Fingerfertigkeit eines geübten Unfallhelfers dem verletzten Bein eine Schiene.
    Erich stand daneben und sagte: »Ich eß mal was.«
    »Wir sollten das mit dem Essen vorher besprechen«, fand Eva.
    »Wieso?« fragte Erich.
    »Weil es vielleicht besser wäre, in Rationen zu denken. Und daß jeder gleich viel abkriegt.«
    »Meine Güte, Eva, in zwei, drei Stunden sind wie hier draußen. Da kann ich doch in der Zwischenzeit mein Wurstbrot futtern, ohne es vorher durch fünf zu dividieren.«
    »So reden die «, meinte Eva, »die in den Krieg ziehen und sagen, daß sie in einer Woche wieder zu Hause sind. Siehe Rußlandfeldzug.«
    »Eva hat recht«, äußerte Benny, während er ein letztes Band zuzog, »wir müssen uns absprechen. Manchmal neigen zwei Stunden dazu, sich in zwanzig Stunden zu verwandeln.«
    »Keiner verhungert in zwanzig Stunden«, spottete Erich.
    »Richtig. Darum brauchst du ja auch dein Wurstbrot nicht jetzt essen, oder?«
    »Willst du mich hindern?« fragte Erich.
    »Wenn du mich so fragst«, erklärte Benny, »ja!«
    Erich und Benny waren nicht wirklich Freunde. Eher hatten sie bislang respektiert, einander nichts anhaben zu können.
    »He, Compañeros«, mischte sich Cheng ein, »laßt uns eine Zigarette rauchen. – Nichts für ungut, Erich, aber diese Wurstbrote sind sowieso total ungesund. Das sollte man sich wirklich nur antun, wenn einem nichts anderes mehr übrigbleibt.«
    »Ach ja, und deine Zigaretten sind also gesunde Zigaretten.«
    Nun, das glaubte Cheng in der Tat. Er hielt die behauptete schädigende Wirkung von Nikotin für ein von den offiziellen Stellen lanciertes Gerücht, vor allem die Unterstellung, es handle sich um eine krebserzeugende Substanz. Eher war anzunehmen, daß Nikotin, wie auch die diversen Opiumalkaloide, ein kleines Geschenk der Natur an die

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