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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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Gesundheit fürchtete. Zuerst wunderte sich Kazimierz Maslak
über das Lächeln auf dem Gesicht des nahenden Pfarrers, doch er verstand
rasch, dass seine Anwesenheit vor der Kirche, und dazu noch lange vor dem
Morgengottesdienst falsch verstanden wurde. Ich bin hier bloß bei die Jungfrau
die Allerheiligste, sagte er, was den Grad seiner Aufgeregtheit verriet, denn
im allgemeinen war er bemüht, nicht wie auf dem Dorfe zu sprechen, es sei denn,
ein Geschäft mit einem dörflichen Partner verlangte es von ihm. Was für ein
guter, schlichter Mensch, freute sich Hochwürden Postronek. Solche einfachen
Menschen sind das Salz dieser schwarzen Erde, das Fundament der Kirche, der
wahre Fels. Wer schon um sechs Uhr morgens mit solchem Eifer betete, würde mit
Sicherheit die Bedeutung des Anliegens erkennen, mit dem Helena Demon und
andere zu ihm gekommen waren. Auf diese Weise stieß Kazimierz Maslak zu den
Treffen des Vereins zum Schutz des ungeborenen Lebens.
    Er verteilte
Handküsschen, aß ein Stück hausgemachten Käsekuchen, den eine der Frauen
mitgebracht hatte, und ein Stück Isaura von einer anderen, schmatzte und lobte,
denn Isaura mochte er besonders gern. Helena Demon verteilte an alle ein
schönes, langes, auf der Vervielfältigungsmaschine kopiertes Gedicht, das man
auch singen konnte, und wie schade, dass Kaplan Adas mit seiner Gitarre nicht
hier war, eins-zwei-drei hätte er eine Melodie dazu komponiert. Doch Helena
Demon ließ sich auf allseitige Bitten herbei, es vorzulesen, oder vielmehr
auswendig aufzusagen.
    Sie drückte
ihren geliebten Pinscher an die Brust und holte tief Luft:
     
    Mamilein!
    Ich bins, das
Seelchen, so klein.
    Auch dank dir,
Papilein!
    Ich bin schon
auf der Welt, wie fein
    Bin unter
Mamileins Herz geschwommen,
    bin wie der
Regen vom Himmel gekommen.
     
    Kazimierz
Maslak langte nach einem zweiten Stück Isaura und dachte sich, da er hier so
bald nicht wegkommen würde, sollte er sich wenigstens umsonst an Kuchen satt
essen.
     
    Klein bin ich
wie ein Krümelein
    Mein Häuschen
ist Mamis Bäuchlein,
    noch weiß ich
nicht, bin ich Mädchen oder Büblein.
    Mamilein,
    ich bins, dein
Krümelein! Aaaaü!
     
    Heilige
Muttergottes! erschrak Kazimierz Maslak und verschluckte sich fast. Das Weib
hat vielleicht eine Stimme! Wenn man so eine im Haus hat, die tanzt einem auf
dem Kopf herum, wenn man sie nicht ordentlich durchbleut.
     
    Mamilein, was
tut sich da?!
    Etwas
Schreckliches geschah!
    Licht ist
gedrungen zu mir herein, etwas packte mich am Bein! Aaaaü!
     
    Kazimierz
Maslak leckte sich die Krümel vom Schnurrbart, lauschte und nickte mit dem
Kopf, obwohl er sich in seinem ganzen Leben noch nie Gedanken über Föten gemacht
hatte, nicht einmal, als die Zwillinge aus Brzezina bei ihm eine doppelte
Abtreibung erschleichen wollten. Na, da bin ich ja schön reingefallen, dachte
er sich, aber einfach weggehen - das ging nicht. Schließlich war hier ja die
Kirche.
     
    Mamilein!
    Der Doktor
reißt mein Beinchen ab, alles ringum dröhnt und kracht,
    jetzt rupft er
ab das zweite Bein — Mamilein!
    Halb ist
durchsägt dein Kindelein,
    und Stahl bohrt
mir den Bauch entzwein.
    Nun ist mein
kleines Herzchen dran,
    schon zwickt
der Zange kalte Hand,
    doch meine
Hand, Mamilein, wirst du nie erleben.
    Auf den Müll
wirft der Arzt meine Lunge und Leber,
    dein Kindlein
ist eine blutige Leich,
    Mamilein!
    Mein kleines Blut
ist ganz verflossen,
    ich kann auf
nichts Schönes mehr hoffen. Aaaaü!
     
    Helena Demons
Lehrerinnenstimme, gestärkt durch die kürzliche Beförderung zum Dir., dröhnte
und bebte. Während Kazimierz sie in Ermangelung einer anderen Beschäftigung
betrachtete, dachte er bei sich, als Mädchen mochte sie ja ganz hübsch gewesen
sein, mit Augen und Gliedmaßen in kleinerer Ausführung und aus unbenutztem
Material. Aber - möglicherweise hatte sie ja so eine ganz kleine Tochter, die
ihr glich?
     
    Mamilein, warum
hast du mich nicht beschützt?
    Hast dich samt
dem Arzt in Sünde gestürzt? Mamilein!!!
    Und gehst du
auch durchs Leben mit sicherem Schritt,
    Wehe dir
Mamilein beim Jüngsten Gericht!
     
    Als Helena
Demon fertig war, hatte Kazimierz Maslak das Gefühl, er müsste jetzt etwas
sagen, denn tränenfeuchte Augen blickten ihn an, es blickte ihn sogar Magister
Demons Pinscher an, und außer zwölf Frauen und Pfarrer Postronek, der aus
seinem Schlummer erwachte und Amen! sagte, weiter nichts, war nur noch der alte
Pypec anwesend, der überallhin ging, wo es was zu essen gab, und

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