Bator, Joanna
Obersteiger
Grzebieluch in der Kantine gerufen hatte, dass alle es hören konnten (Bruder,
na, komm her, setz dich zu uns! so hatte er gerufen), er solle sich hersetzen
und ihnen einen Witz erzählen. Witze von der Frau, die zum Arzt geht, die alle
möglichen Sachen in den Öffnungen stecken hat, meistens Haushaltsgeräte, aber
manchmal auch zum Beispiel eine Palme oder eine Krabbe, waren die Spezialität
von Oberbergmann Stefan Chmura. Er erzählte sie in der Bergmannskantine mit
derselben Hingabe, mit der er bei geselligen Zusammenkünften Gedichte
aufsagte. Er übte Mimik und Gesten vor dem Spiegel im Badezimmer und war immer
bemüht, sich auf dem Laufenden zu halten. Die anderen lachten - und zwar nicht
irgendjemand Hergelaufener, sondern Obersteiger Grzebieluch und Ingenieur
Waciak und Kowalik, der allerdings nur Steiger war, doch mit Ehrgeiz und einem
eigenen Auto Marke Syrena.
Ein Auto hatte Stefan im
Fünfjahresplan, das hatte er sich alles mit dem Bleistift in der Hand
ausgerechnet. Einen Teil seines Lohns legte er aufs Sparbuch bei der Sparkasse,
kleinere Summen versteckte er unter der Wäsche im Schrank, das war seine stille
Reserve. Guck mal, Dziunia! Jeden Monat zeigte er seiner Frau die wachsenden
Ersparnisse und ermahnte sie, besser aufzupassen, wenn er auf dem Papier
rechnete: Das ist für dies, das ist für jenes, oder vielleicht besser umgekehrt
- sich erst etwas leisten, etwas Teureres kaufen und aus der stillen Reserve
was dazulegen. Was meinst du, fragte er Jadzia, wie viel müssen wir noch
beiseite legen für einen Fernseher? Sie erwiderte mit einem Blick aus ihren
stachelbeergrünen, leicht vorstehenden Augen, deren Ausdruck Stefan
lebenslänglich ein Rätsel blieb, ganz abgesehen davon, dass er Jadzias Augen
für blau hielt. Was ist, Dziunia, sagte er aufmunternd, willst du etwa keinen
Fernseher? Nach einigem Nachdenken nannte Jadzia schließlich eine so alberne
Summe, dass er Lust hatte, ihr eine zu scheuern, obwohl er dagegen war, Frauen
zu schlagen, nicht mal mit einer Blume. Jadzia hatte keinen Sinn für Zahlen,
und Stefan machte gern Witze über seine Frau, ihre Rechenschwäche war für ihn
ein Vorwand für ein komödiantisches Zwischenspiel zwischen den Witzen von der
Frau, die zum Arzt geht. Zähl zweimal nach, Dziunia, sagte Stefan an Silvester
im Clubcafe Barbara zu ihr, sonst passiert wieder was, und er hätte schwören
können, dass ihm dabei Ingenieur Waciak mit väterlicher Zustimmung
zuzwinkerte, aber diskret, damit keine Eifersüchtigen ihre Vertrautheit sahen.
Egal wie Jadzia rechnet, immer
passiert es. Stefan weiß nicht, was er davon halten soll, letztens ist sie
sogar schwanger geworden, als er aufgepasst hat, er hätte schwören können,
dass er es rechtzeitig geschafft hat, bevor was passieren konnte. Er hielt sich
etwas darauf zugute, dass er Ahnung hatte von solchen Dingen, aber nie im Leben
hätte er Worte in den Mund genommen wie Sex, Penis, Scheide oder Periode, die
er, wenn es sein musste, Rote Tante nannte. Außerdem sagte er Dingsda,
Lutscher, Pipi, Pflaume, Schwanz, Fotze und Vögeln, wenn er schlechte Laune
hatte oder andere Männer in seiner Nähe diese Worte benutzten. Das reichte
eigentlich für Theorie und Praxis. Einmal zeigte Kowalik ihm einen Film, auf
ein Bettlaken projiziert, das regte seine Phantasie an. Der Film war zwar auf
Deutsch und etwas unscharf, aber dass es ein Kerl und eine Frau war, das konnte
man sehen, und auch dass sie es von hinten, in Reiterstellung, und auch normal
machten, so, wie es der Experimenten abgeneigten Dziunia am liebsten war. Sie
tranken ein paar Flaschen Bier, der hausgemachte Wein aus Kowaliks
Schrebergarten-Johannisbeeren und fast ein halber Liter Magenbitter waren zu
den Salzstangen und Gürkchen schnell konsumiert. Stefan fasste sich ein Herz
und fragte den Kollegen, der älter und erfahrener war als er, wie er es denn
mit seiner Frau schaffte mit dem Dingsda und so. Also, Stefan, du musst wissen,
hob Kowalik an, du musst wissen, Kumpel, dass die Alte nur dann schwanger wird,
wenn sie dabei Spaß hat, das ist ganz egal, ob es direkt nach oder vor der
Roten Tante ist. Dann reicht ein Tröpfchen, und schon winken die Windeln. Sonst
kannst du von vorn und hinten ficken bis zum Verrecken, und nichts passiert.
Kumpel, die sind falsch, die Weiber, wenn du die nicht an der Kandare hältst,
tanzen sie dir auf der Nase herum. Mehr sagte Steiger Kowalik nicht, denn das
letzte Glas Magenbitter hatte ihn umgehauen, doch diese
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