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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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Nachahmung
Christi sei doch Adas' Ziel. Unbeweibt zu bleiben für das himmlische
Königreich, wie der heilige Matthäus schreibt. Und der heilige Paulus schreibt
auch irgendwo, dass derjenige, der den Bund der Ehe eingegangen ist, den
weltlichen Dingen anhängt und sich bemüht, bei seiner Frau Gefallen zu finden.
Die Frucht des Zölibats ist doch, selbst wenn sie spät zur Reife gelangt, ein
ganz unirdischer Friede im Herzen. Das ist ein anderer Friede, als ihn Ehefrau
und Kinder geben. Das Zölibat ist etwas, das den Menschen schon auf Erden vom
Leben der Engel kosten lässt. Der Engel! Das ist wie im Himmel, wo man weder
eine Frau zur Gattin noch einen Mann zum Gatten nimmt, wie der heilige Matthäus
schreibt. Ein solcher Friede ist herrlich. Das Zölibat ist doch fürwahr ein
köstliches Geschenk und keine Buße, dessen solle Adas gewahr sein. Doch der
Teufel führt einen in Versuchung, oh, wie führt er in Versuchung! Ins Verderben
führt er in Gestalt des Weibes. Man muss sich schützen. Wie? Indem man unnötige
Versuchungen vermeidet. Vermeidet! Nicht von unkeuschen Dingen spricht. Im
Fernsehen, in Büchern solches nicht betrachtet, nichts liest, was die Reinheit
in Gefahr bringen könnte. Auch nicht in der Zeitung. Nicht an Dinge denken, die
die Reinheit beflecken. Das sei schwierig? Fürwahr, das ist der Kampf mit der
Natur! Mit dem sündigen Körper. Jede Versuchung ist eine Probe, auf die Gott
uns stellt. Wenn man die Sechzig überschritten hat, hört es auf, Adas würde
also nur noch wenig mehr als dreißig Jahre damit zu tun haben.
    Adas wurde
unter dem Einfluss der Worte von Hochwürden weich, schon sah er sich selbst an
seiner Stelle, in innerem Frieden die Viten heiliger Märtyrerinnen lesend und
seinen Garten pflegend, und vielleicht würde er sogar Bischof, wie es seine
Mutter erträumte. Er musste Schluss machen! Mit diesem Vorsatz brach der erweichte
Adas zu dem nächsten Treffen mit Dominika auf, doch sobald sie in der Ferne
auftauchte, spürte er den Bananengeschmack des Lippenglanzes auf ihrem Mund,
der zu ihm sprach: Du bist es, Adas. Dominika will sich nicht als Probe und
Versuchung sehen. In der Logik der mathematisch begabten Achtzehnjährigen kann
ein guter Gott nicht die Mentalität von Onkel Kazimierz haben. Er rechnet
nicht mit dem Bleistift in der Hand, er kalkuliert nicht, er steckt keine mit
List erworbenen Guttaten ins Sparschwein. Diese Liebe ist keine Probe, sondern
eine Gabe, Gott zeigt Adas einen anderen Weg, mit Dominika, ihrem gemeinsamen
Zuhause, Warschau. Zusammen werden wir mehr Gutes bewirken als du allein. Jeden
Sommer Ferien in den Bieszczaden, Besuche in Kinderheimen, in Dorfschulen, es
wird wunderbar. Du und die Gitarre. Ich kann Mathematik unterrichten. Du wirst
eine Familie haben, sag doch selbst - kann ein guter Gott wollen, dass du
unglücklich bist? Der Trennungsvorsatz drückte Adas noch ein bisschen,
verflüchtigte sich aber schnell unter der Berührung von Dominikas Händen, er
sah sich schon Arm in Arm mit ihr durch Warschau wandern, von dessen Straßen
sie erzählte, als habe sie ihr halbes Leben dort verbracht und nicht drei Tage
mit Aufnahmeprüfungen für die Universität.
    Als der Sommer
nach Piaskowa Gora kam - ein Sommer, der so trocken war, dass die Bäume vor
Staub grau waren und der Himmel schwefelgelbe Funken regnete -, fiel ihre
Entscheidung. Sie würden zu zweit fahren. Erst Zalesie, dann Warschau und ein
neues, gemeinsames Leben, das auf sie wartete. In drei Tagen, am zehnten Juli.
    Janek Kos
erkannte ihn sofort. Obwohl er im Sosenka ziemlich tief ins Glas geguckt hatte,
bestand für ihn nicht der geringste Zweifel, als er vor seiner Kate stand und
auf die Straße zum Bahnhof schaute. Die Zeit, die ihn angefressen und
ausgespuckt hatte, war mit Ignacy Goldbaum gnädig umgegangen. Wie gerade er
ging, wie eine Kerze. An einem Werktag gekleidet wie für den Sonntag, mit Hut
und Stock. Da, wo das Leben Janek Kos gewalkt und geknüllt hatte, hatte es den
anderen glattgeschliffen. Was es diesem genommen hatte, das hatte es jenem
gegeben, und jetzt, zu guter Letzt, wurde klar, worauf es hinauslief. Ignacy
Goldbaum hatte es, ihm war zugefallen, was Janek Kos durch die Finger geronnen
war. Wie er da über die Straße vom Bahnhof kommt, mit einem Lederkoffer,
bestimmt hat er ein Vermögen darin und kein Mäusenest. Der Koffer ist so
schwer, dass er seinen Arm nach unten zieht. Einfach so, mit Hut, spaziert er
durchs Dorf, allen zum Hohn, die wie Janek Kos

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